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Glyphosat-Verbot

Glyphosat-Verbot: Diese Kosten könnten auf Landwirte zukommen

Das Glyphosat-Verbot für zu Mehrkosten für die Landwirte und erschwert die Umsetzung bodenschonender Bearbeitungssysteme.
am Dienstag, 29.08.2023 - 05:00 (6 Kommentare)

Das Glyphosat-Verbot wird nach wie vor kontrovers diskutiert. Ein Team aus internationalen Wissenschaftlern hat nun untersucht, welche wirtschaftlichen Auswirkungen das Verbot für die Landwirte hat. Neben den Mehrkosten haben sie auch viele offene Fragen entdeckt. Deren Folgen sind noch gar nicht berücksichtigt.

Welche wirtschaftlichen Auswirkungen ein Glyphosat-Verbot für die Landwirtschaft hätte, ist bisher kaum untersucht. Die Wissenschaftler Robert Finger, Niklas Möhring und Per Kudsk haben es sich zur Aufgabe gemacht, herauszufinden, welche Kosten ein Glyphosat-Verbot bei den Landwirten verursachen kann. Dabei stießen sie auf weitere offene Fragen. 

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Wo die Folgen eines Glyphosat-Verbots in Europa erhoben wurden

Die Ergebnisse beziehen sich auf unterschiedliche Länder, Kulturen, Fruchtfolgen und Anbausysteme. Aus diesem Grund sind die Ergebnisse verzerrt und sehr unterschiedlich. Die Literaturrecherche identifizierte 19 Studien, die bis 2022 veröffentlicht wurden. Die Studien decken folgende Länder ab: 

  • Deutschland, 
  • Österreich, 
  • Schweiz, 
  • Frankreich, 
  • Vereinigtes Königreich, 
  • Spanien, 
  • Italien,
  • Schweden,
  • Dänemark. 

Es wurden sowohl einjährige Ackerkulturen als auch mehrjährige Kulturen - wie Wein- und Obstplantagen - betrachtet.

So hoch können die Kosten durch den Glyphosat-Verzicht für Landwirte sein

Die absoluten Zahlen zeigen, dass die Einbußen bei den Gewinnspannen der Ackerkulturen meist unter 100 €/ha und Jahr liegen. Bei mehrjährigen Kulturen wie beim Weinanbau in Frankreich könnten mit Gewinnminderungen von bis zu 553 €/ha und Jahr auftreten (das entspricht etwa 20 % Minderung der Gewinnspanne). 

Betrachtet man die relativen Zahlen ein- und mehrjähriger Kulturen, bewegen sich die wirtschaftlichen Auswirkungen aber auf einem ähnlichen Niveau. Beim Ackerbau liegt die Spanne der Verluste je nach Studie zwischen 3 und 37 %

Die Gründe für die Unterschiede der absoluten Zahlen zwischen den ein- und mehrjährigen Kulturen sind oft die Zahl der Anwendungen im Jahr und die zur Verfügung stehenden Alternativen. In Ackerkulturen wird Glyphosat maximal einmal im Jahr eingesetzt und ist auch nicht jedes Jahr notwendig. In Plantagen mehrjähriger Kulturen wird das Totalherbizid jedoch mehrmals im Jahr zur Unkrautkontrolle eingesetzt. Die Alternativen sind oft kostspielig.

Viele Fragen zu den Folgen des Glyphosat-Verbots bleiben offen

Die Wissenschaftler machten in der Studie ebenfalls klar, dass es zu vielen Kulturen, Anbau- und Bodenbearbeitungssystemen und für verschiedenen Ländern noch keine oder nicht ausreichend Informationen zu möglichen Folgen eines Glyphosat-Verbots gibt. 

Andere Effekte, die bisher kaum beachtet werden, sind die Auswirkungen auf Anbausysteme wie zum Beispiel bodenschonende Verfahren (no-till). Diese sind bei einem Verbot kaum umsetzbar, da sie auf dem Glyphosat-Einsatz aufbauen. Im Falle eines Systemwechsels auf den Betrieben müssen Maschinen wie z.B. ein Pflug angeschafft und teilweise auch mehr Mitarbeiter eingestellt werden, um Alternativen umzusetzen. Das führt zu noch höheren Kosten im Betrieb.

Auswirkungen auf Märkte und Preise sind nicht ausreichend erforscht

Zu langfristigen Auswirkungen - zum Beispiel ob sich das Verbot auf Märkte und Erzeugerpreise auswirkt - gibt es bisher keine Untersuchungen. Auch im Bereich der Pflanzenproduktion bleibt offen, was beispielsweise passiert, wenn Glyphosat zur Eindämmung von Unkrautresistenzen wegfällt. 

Welche Folgen das Verbot auf den vor- und nachgelagerten Bereich der Landwirtschaft hat, bleibt offen. Klar ist aber, dass die Auswirkungen eines Glyphosat-Verbotes stark abhängig von den Alternativen sind, für die sich Landwirte in diesem Fall entscheiden.

Weitere Informationen zur Einordnung der Studie

Die Studie wurde im Rahmen der Agricultural Economics and Policy Group (AECP-Group) erstellt, die zur ETH-Zürich gehört.  Die erstellte Studie ist eine Meta-Studie. Das Wissenschaftlerteam hat 19 Studien zum Thema identifiziert und ausgewertet. 10 Studien wurden von Fachleuten geprüft. Neun Studien sind von Industrievertretungen oder Landesregierungen veröffentlicht worden. Die unterschiedlich aufgebauten Studien führen zu individuellen Bewertungen der Auswirkungen eines Glyphosat-Verbotes und auch zur Verzerrung der Ergebnisse. 

Die Autoren der Studie sind:

  • Robert Finger (ETH Zürich, Schweiz)
  • Niklas Möhring (Business Economics Group, Wageningen University and Research, Niederlande)
  • Per Kudsk (Aarhus University, Slagelse, Dänemark)

Die Studie wurde in Communications Earth & Environment 4, 286 (2023) veröffentlicht. 

DOI: https://doi.org/10.1038/s43247-023-00951-x 

Mit Material von Robert Finger, Niklas Möhring, Per Kudsk

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