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Düngeeffizienz steigern

Gülle ansäuern gegen Ammoniakverluste: Das sind die Vor- und Nachteile

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am Donnerstag, 17.03.2022 - 06:00 (Jetzt kommentieren)

Auch wegen der explodierten Düngerpreise steigt die Nachfrage nach Ansäuerung von Gülle. agrarheute fasst Pro und Kontra zusammen - hier die Erfahrungen mit dem SyreN-System.

Bis 2030 sollen die deutschen Ammoniakemissionen um 29 % gegenüber 2005 gesenkt werden. Seither haben sich die Emissionen erhöht, Tendenz eher steigend. Gülleansäuerung hilft dabei, Ammoniakverluste zu senken.

Das sind wichtige Vorteile der Gülleansäuerung

  1. Weniger Stickstoffemissionen: Die meisten Emissionen entstehen beim Ausbringen der Gülle auf dem Feld. Je nach Witterung lassen sich die Stickstoffemissionen um etwa 60 bis 70 Prozent reduzieren. So gelangt mehr Ammonium-Stickstoff an die Pflanze. Ansäuern von Gärresten bewirkt eine Reduktion der Ammoniakemissionen auf Dauergrünland von 66 % und im Weizenbestand von 44 %, im Vergleich zu Schleppschläuchen ohne Ansäuern. Das zeigen Versuche des EU-Interreg-Projektes „Baltic Slurry Acidification“ Das KTBL die Emissionen um  55% für Rinder- und 65% für Schweinegülle mindern lassen.
  2. Mehr Flexibilität bei den Ausbringzeitpunkten: Klimatische Bedingungen haben wegen des höheren, gebundenen Ammoniumanteils einen geringen Einfluss auf die Emissionen beim Ausbringen. Das bringt eine bessere Planbarkeit und einen größeren Spielraum bei den Ausbringterminen, da sich die Kulturen wetterunabhängiger mit den benötigten Nährstoffen versorgen lassen. Das System SyreN ermöglicht es, den Stickstoff aus organischen Düngern auch bei Witterungen mit hoher Verdunstung effizient an die Pflanze zu bringen, da der Stickstoff als Ammonium vorliegt und somit nicht verdunstet.
  3. Höhere Erträge und pflanzenbauliche Vorteile: Wissenschaftliche Versuche belegen, dass mit einer Ansäuerung eine statistisch nachweisbare Ertragssteigerung möglich ist. So bringen dänische Versuche Mehrerträge durch angesäuertes Gärsubstrat mit Schleppschlauch in Winterweizen. Beim Gülleausbringen in stehende Bestände oder auf Dauergrünland werden weder die Narben beschädigt noch die Bestände verschmutzt. Gerade bei eher ungünstiger Witterung wie Wärme oder Wind hat das Ansäuern Vorteile.
  4. Mehr pflanzenverfügbarer Phosphor: Das Ansäuern der Gülle hat großen Einfluss auf die Phosphorbindung. Im sauren Milieu ist der Anteil des organisch gebundenen und damit erst nach der Mineralisierung verfügbaren Stoffes höher. Das Verfahren führt somit zu einer besseren Phosphor-Verfügbarkeit an der Pflanze.
  5. Mehr Flächenleistung, weniger Verschleiß: Vorhandene Technik, etwa Schleppschlauchgestänge, lassen sich mit Ansäuerungssystemen nachrüsten. Im Vergleich zur Schlitztechnik bedeutet das mehr Flächenleistung mit geringerem Energieverbrauch und Verschleiß. Das liegt daran, dass größere Arbeitsbreiten möglich sind und die Zuglast für den Schlepper geringer ausfällt. Das minimiert den ökologischen Fußabdruck und reduziert zugleich Schäden an Boden und Pflanzen.
  6. Integrierte Schwefeldüngung: Durch die Ansäuerung mit Schwefelsäure entstehen als Reaktionsprodukt Sulfate. Sie machen - direkt pflanzenverfügbar - eine mineralische Zugabe von Schwefel überflüssig, etwa in Form von Ammonsulfatsalpeter (ASS).
  7. Mehr Umwelt- und Gewässerschutz: Gewässer wie Flüsse, Seen und auch Moore sind durch Ammoniakemissionen aus Gülle besonders gefährdet, umzukippen oder zu eutrophieren. Durch die eine stabilisierte Gülle beim Ausbringen auf dem Feld lässt sich dieses Risiko senken.

Das sind wesentliche Nachteile beim Ansäuern von Gülle

Rechtliche Vorgaben stehen einer breiten Anwendung der Gülleansäuerung aber vielerorts noch im Weg.

  1. Schwefelsäure ist ein Gefahrgut: Für die Gülleansäuerung gibt es einiges zur Verkehrs- und Arbeitssicherheit zu beachten. Fahrzeugführer, die Schwefelsäure transportieren, müssen einen AR-Schein haben, einen Gefahrgut-Führerschein. Das ist aufwändig, da dafür mehrere Tage Fortbildung zu veranschlagen sind.
  2. Gegebenenfalls mehr Kalkung nötig: Nötig werden kann ein leicht erhöhter Mehraufwand für Kalkung. Der ist erforderlich, um die versauernde Wirkung der Schwefelsäure auszugleichen. Allerdings ist davon auszugehen, dass dieser Mehraufwand der Einsparnis an Schwefeldüngern entspricht.
  3. Düngeverordnung ist zu bürokratisch: Der Anrechnungsfaktor für Stickstoff bei angesäuerter Gülle muss bei der Düngeplanung womöglich höher angesetzt werden, da mehr Ammonium-N in der Gülle bleibt. Um das Ansäuern für Landwirte attraktiver zu machen, müssten Politik und Gesetzgeber handeln. Nachlässe auf die Vorgaben der Düngeverordnung wären eine Möglichkeit, wenn Gülle angesäuert wird. Auch Ausnahme von der Pflicht zum Einarbeiten von Gülle in 4 Stunden könnte die Akzeptanz steigern.
  4. Die Kosten steigen: Als Faustzahl gilt: Angesäuerte Gülle auszubringen kostet rund 1,- €/m³ mehr als die „normale“ Ausbringung. Für angesäuerte Gärreste lässt sich nochmal rund 1,- €/m³ draufzulegen. Wenn pro Milchkuh etwa 20 m³ Gülle im Jahr anfällt, kämen so rund 20 Euro pro Kuh mehr zusammen. Allerdings reichen Lohnunternehmer oder Maschinenringe nicht nur die Mehrkosten etwa für Technik und Schwefelsäure weiter, sondern berechnen meist noch einen Gewinnaufschlag.
Mit Material von LU David, Uni Kiel, LLUR SLH, Vogelsang, Biocover
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