Holger Oest von der Bezirksstelle Bremervörde der Landwirtschaftskammer Niedersachsen betreut spannende Versuche in Weizen. Er prüft an einem Standort unter anderem das aus Österreich stammende Akra-Düngesystem. Das setzt nach umfassenden Bodenanalysen auf Kalk- und Nährstoffkombinationen sowie Pflanzenhilfsmittel.
Unter anderem werden Bakterienstämme ans Saatgut geimpft oder auf die Pflanzen gegeben. Auch Kieselsäuren oder Mikronährstoffe kommen zum Einsatz. Die Bakterien sollen das Wurzelwachstum verbessern, die Nährstoffeffizenz erhöhen und die Pflanzengesundheit stärken.
Zudem vergleicht der Berater in einer weiteren Versuchsvariante den aus den Niederlanden stammenden Gülleaufbereiter AgriMestMix von Rinagro. Auch er soll mit speziellen Mikroorganismen dabei helfen, dass weniger Nährstoffe auswaschen oder ausgasen.
Fünf bis sieben Mal soviel Kalk düngen?
Die Akra-Variante geht von leicht erhöhten pH-Werten aus und setzt auf eine um 20 Prozent verminderte Stickstoffdüngung. Die Düngeempfehlung für Calcium (Ca), Magnesium (Mg) und Schwefel (S) liegt dabei bis zu sieben Mal höher als die Standardempfehlungen vom Verband der landwirtschaftlichen Untersuchungsanstalten (VDLUFA).
Zum Vergleich dient die Düngeempfehlung der LUFA, bei der der Ziel-pH-Wert zwischen 5,0 und 5,8 auf Sandböden liegt. Um den Einfluss der Produkte zu prüfen, steht weiter die Variante 'Lwk Premium' im Feld, bei der lediglich die Nährstoffmengen des Akra-Systems gedüngt werden.
Die andere Bodenanalytik müsse klären, ob die Gesamtgehalte ausreichten. Die übliche Analyse mit CAL- oder DL-Extrakt erfasse nur einen geringen Anteil leicht löslicher Bindungsformen, so Anhänger des Systems. Zudem werde nur Phosphor (P), Kalium (K), Magnesium (Mg) und der pH-Wert ausgewiesen.
Die sogenannten fraktionierte Bodenanalyse solle aber auch versteckte Nährstoffpools aufdecken, die für die Pflanzenernährung ebenfalls relevant sind. Dazu arbeitet die Firma Karner mit dem Bodenkundler Hans Unterfrauner aus Wien zusammen. Seiner Ansicht nach müsste eben etwa fünf bis sieben Mal so viel Kalk oder vier Mal so viel Schwefel gedüngt werden. Dafür ließe sich dann etwa 20 Prozent Stickstoff sparen.
So arbeiten Boden- und Pflanzenhilfsmittel
Das in den 1960er-Jahren entwickelte Akra-Düngesystem verknüpft neben den Intensitäten oder Konzentrationen auch die Kapazitäten oder Vorräte mit der Nährstoffdynamik und der Nachlieferung. Der Ansatz dabei sei, dass jedes Bodensystem „die geringsten Potenzialunterschiede“ anstrebe“. Je mehr Elemente es enthalte und je intensiver deren Interaktionen seien, desto stabiler sei es.
Das EU-weit patentierte Gülleaufbereitungsmittel AgriMestMix unterstützt biochemische Prozesse schon im Güllelager. Dem Flüssigmist werde im Grunde Sauerstoff zugeführt. Es soll aerobe Mikroorganismen fördern, die organischen Stickstoff in Ammoniumstickstoff umwandeln. Der ist für die Kulturen früher und gleichmäßiger verfügbar.
Das sind erste Erfahrungen aus Niedersachsen

Die Feldversuche in Wilstedt zeigten, „wie Betriebsleiter den hohen Anforderungen einer grundwasserschonenden Bewirtschaftung gerecht werden können“ sagt Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast. Dabei werde deutlich, „in welche Richtung sich die Landwirtschaft entwickeln kann, um den zunehmenden Klimaveränderungen zu begegnen“.
„Wir setzen nicht nur auf der Versuchsfläche, sondern mit gutem Erfolg auch auf unseren weiteren Betriebsflächen in den verschiedenen Kulturen ein deutlich N-reduziertes Düngungskonzept um“, sagt auch Betriebsleiter Hermann Cordes aus dem Kreis Rotenburg. Das beruhe auf der speziellen Bodenanalytik und fördere in seinem Betrieb das Bodenleben und den Humusaufbau .
Das sollen mehrjährige Versuche bringen
Im Frühjahr 2019 startete in Wilstedt der mehrjährige Fruchtfolgeversuch des interregionalen EU-Projektes Biocas. Das Kompetenzzentrum Niedersachsen Netzwerk Nachwachsende Rohstoffe und Bioökonomie (3N) arbeitet als Koordinator mit der Kammer, dem Kreis und Landwirten, Beratern und Unternehmen aus der Region. Die Ergebnisse der zweijährigen Versuche sollen im Herbst 2020 veröffentlicht werden.
Damit kein Nitrat auswäscht, soll die Effizienz organischer Dünger verbessert und der Einsatz von Mineraldüngern gesenkt werden. Das fördert den Humusaufbau im Boden und unterstützt die Wasserspeicherung und das Wurzelwachstum. So lassen sich vorhandene Nährstoffe im Boden besser nutzen. Für Dürrejahre wie 2018 und 2019 sind krisenfeste Anbaukonzepte gefragt.
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