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Klimaschutz durch Humusaufbau

Kohle in den Boden: Was sie dort für das Klima bewirkt

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Portrait Autor Karl Bockholt 2019
Karl Bockholt, agrarheute
am Dienstag, 19.09.2023 - 06:00 (5 Kommentare)

Für den Klimaschutz ist es nötig, Treibhausgasemissionen deutlich zu senken und der Atmosphäre Kohlendioxid zu entziehen. Die Pyrolyse von Biomasse und die Nutzung von Pflanzenkohle sind dafür neuere Ansätze, um Kohlenstoff zu speichern. Aber funktioniert das wirklich?

Klimaschutz durch Humusaufbau mit Kohlenstoffspeicherung in Böden bietet neue Perspektiven. Versuche zu Pflanzenkohle wurden bisher aber oft nur in Laboren durchgeführt. Langzeitversuche fehlen weithin. So lassen sich langfristige Effekte auf Bodeneigenschaften, Kohlenstoffbindung, Nitratausträge sowie pflanzenbaulichen Wirkungen auf Ertrag und Produktqualität bisher nicht sicher beurteilen. 

Viele Fragen zum Einsatz von Pflanzenkohle sind eher noch ungeklärt. Sie dient der Bodenverbesserung und als Kohlenstoffsenke und entsteht durch Verbrennung:

  • Pyrolyse ist die thermische Spaltung chemischer Verbindungen. Hohe Temperaturen brechen quasi große Moleküle. 
  • Terra preta heißt schwarze Erde und bezeichnet ursprünglich fruchtbare Böden im Becken des Amazonas. Der enthält eine Mischung aus Holz- und Pflanzenkohle, Kompost und Dung, durchsetzt mit Knochen oder Gräten.

Das sind die Vorteile von Pflanzenkohle für Boden und Klima

Wird Biomasse pyrolysiert, wird sie unter Luftabschluss bei mindestens 400 °C thermisch behandelt. Ein großer Teil des Kohlenstoffs der Pflanzen wird mit dieser Verkohlung gebunden. Experten zufolge lassen sich so rund 30 bis 50 Prozent des in den Pflanzen enthaltenen Kohlenstoffs auf lange Zeit der Atmosphäre entziehen.

Pflanzenkohle kann - meist eingearbeitet in Substrat - effektiv Wasser und Nährstoffe speichern sowie Mikroorganismen fördern. Laut Bundesinformationszentrum Landwirtschaft werden Preise zwischen 400 und 500 €/t Pflanzenkohle aufgerufen. Das sind die Vorteile:

  • regt das Wurzelwachstum an,
  • speichert langfristig Kohlenstoff im Boden,
  • senkt Nitratauswaschung und Lachgas-Emissionen,
  • minimiert die Verfügbarkeit von Schwermetallen im Boden,
  • hilft beim Humusaufbau und lockert feste Böden,
  • steigert die Wasserspeicherfähigkeit sandiger Böden,
  • erhöht die Pflanzenverfügbarkeit von Phosphor und mineralischem Stickstoff.

Das leistet das Forschungsprojekt TerraBayt zu Pflanzenkohle

Das Forschungsprojekt TerraBayt ermittelt die Potenziale von Pflanzenkohle zur Kohlenstoffbindung und Treibhausgasminderung, zur Bodenverbesserung und Ertragssteigerung sowie als Anpassungsstrategie an den Klimawandel. Basis sind Dauerfeldversuche an den Stationen Roggenstein und Thalhausen der Technischen Universität München (TUM), Düngeversuche auf Grünland in Baierlach und auf Ackerland in Burghausen und in der Obstbauversuchsanlage Hiltpoltstein. Das soll verschiedene Bewirtschaftungssysteme abbilden. 

Mit Modellkalkulationen und Stoffstrombilanzen werden der Bedarf an Biomasse, Pflanzenkohle und Nährstoffen sowie die Kosten ermittelt. Die Ergebnisse dienen dazu, Einsatztipps im Ackerbau zu erarbeiten. Beteiligt sind das Kuratorium Bayerischer Maschinen - und Betriebshilfsringe (KBM) und C.A.R.M.E.N. Kooperationspartner sind die Firmen

Das bringt das Forschungsprojekt RockChar zur Pyrolyse

Pflanzenkohle lässt sich auch aus biologischen Abfällen und mineralischen Nebenprodukten der Industrie herstellen, etwa Stahlschlacke oder Betonabfälle. Das erprobt das Projekt RockChar mit 80 000 Euro als weiteres Verfahren. Die Universität Hamburg kooperiert dazu mit der Technischen Universität Hamburg und der Universität Wageningen.

As Vorhaben will die positive Wirkung in Böden nachweisen. Zum einen werde das CO2 durch die Pflanzenreste direkt in der Kohle gespeichert. Weiter lösen sich die Gesteinsbestandteile laut Forscher im Bodenwasser auf, wobei ebenfalls CO2 aus dem Boden umgewandelt und über Jahrtausende gebunden werde.  Zum anderen entstehe beim Herstellen der Pflanzenkohle viel Energie in Form von Abwärme und Gas. Die ließe sich zur Stromerzeugung nutzen, so die Forscher, für eine maximale Kreislaufwirtschaft. 

Darum dienen Pyrolyse und Pflanzenkohle dem Klima und dem Boden

Um das Wissen über die Stoffströme und den Absatz von Pflanzenkohle aus Biomasse zu sammeln, werden in Bayern seit September sechs Demonstrationsanlagen zur Pyrolyse gefördert. „Die dezentrale Erzeugung von Pflanzenkohle im ländlichen Raum kann einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz leisten“, sagt Staatsministerin Michaela Kaniber. Die Kohle muss der Qualität des European Biochar Certificate (EBC) entsprechen. Sie lässt sich nutzen

  • zu Bodenvitalisierung und Humusaufbau,
  • in Produkten der Tierernährung, 
  • in Kosmetika

Das neue Förderprogramm soll die stoffliche Nutzung von Biomasse voranbringen und ist ein Teil der Bioökonomiestrategie, Slogan: „Zukunft. Bioökonomie. Bayern“.  Nach der neuen Richtlinie zum Herstellen von Pflanzenkohle beträgt der maximale Fördersatz bis zu 50 Prozent der Investitionskosten, maximal 200.000 Euro je Anlage. Bislang ist der Markt für Pflanzenkohle und die damit verbundenen CO2-Senkenzertifikate noch sehr intransparent. Daher sind zusätzliche Informationen und Erkenntnisse nötig. 

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Humusaufbau: So wird der Boden fruchtbarer

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