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Bürokratie beim Mehrfachantrag

Kommentar: Grüne Agrarpolitik macht mürbe

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am Sonntag, 12.03.2023 - 06:00 (50 Kommentare)

Landwirtschaftliche Unternehmer brauchen wirtschaftliche Perspektiven und echte Planungssicherheit für ihre Höfe. Grüne Rhetorik hilf nicht weiter - immer mehr bürokratische Anforderungen auch nicht.

Grüne Agrarpolitik macht mürbe. Die überbordende Bürokratie der EU-Förderung bereitet Sorgen. Die Angst um die eigene Existenz grassiert, bei sinkender Einkommensgrundstützung, ohne ausreichende Direktzahlungen aus Brüssel und Berlin. Überdies nerven kleinteiligere Vorschriften zusehends, gerade jetzt für den Mehrfachantrag 2023. Hofnachfolger mit Perspektiven trauen der Politik kaum zu, zweifellos vorhandene Probleme in Feld und Stall praxistauglich zu lösen.

Bockholt_Karl

So nehmen grüne Visionen Fahrt auf, die aber oft wenig taugen. Der Umbau der Höfe zu mehr Nachhaltigkeit, mehr Umweltschutz, mehr Bio ist auch deswegen nicht leicht, weil ein verlässlicher Rahmen fehlt, mit dem möglichst viele Höfe überleben. Planungssicherheit? Fehlanzeige! Ein Masterplan ist nicht in Sicht.

Dabei sind echte Lösungsansätze längst erarbeitet. Sie werden einfach nicht weiterverfolgt oder nur schleppend bis gar nicht umgesetzt. Wie die Landwirtschaft so mehr gesellschaftliche Wertschätzung bekommen soll, lässt die Politik offen. Dabei sollte das ein Kernanliegen auch grünerer Agrarpolitik sein.

Wenig Anerkennung, viele Auflagen

Ackerbauern sollen weniger düngen, aber das Messnetz für Nitrat reicht hinten und vorne nicht. Das Verursacherprinzip wird mit Füßen getreten. Sie sollen auf chemischen Pflanzenschutz verzichten, aber Alternativen dazu werden wenig erforscht. Und die Politiker überbieten sich mit Forderungen zur Reduktion.

Viehhalter sollen ihre Ställe umbauen, aber Baugenehmigungen gibt es kaum. Zugleich wird die Tierhaltung von vielen Möchte-gern-Fachleuten schlecht geredet. Photovoltaik-, Windkraft- oder Biogasanlagen sollen Energie liefern, aber mangelhafte Leitungsnetze bremsen sie aus. Futterbaubetriebe sollen Moore vernässen, erhalten aber keinen adäquaten Ersatz, weil Fläche knapp ist und täglich weiter versiegelt wird. Das passt alles nicht zusammen.

Dazu kommt der Krieg, der die Märkte aufwirbelt. Die Deutschen schauen wieder aufs Geld, Bio ist weniger gefragt. Für Nahrungsmittel zählt wieder der Preis – egal, wie die Klimakatastrophe wirkt. Dabei haben allein die Dürren die Bauern längst aufgerüttelt. Sie sind für Änderungen bereit, machen sich auf den Weg, brauchen aber sinnvolle Vorgaben.

Die Politik gaukelt tragfähige Konzepte dafür nur vor. Sie flüchtet sich oft in Aktionismus oder in Worthülsen. Eine Strategie, wie etwa knappes Wasser künftig gerecht verteilt werden soll, fehlt komplett.

Vertragsnaturschutz braucht keine bürokratischen Antragsformulare

Oder das Beispiel Biodiversität: Da werden die Bauern angezählt, obwohl Vertragsnaturschutz vielerorts längst klappt. Solange sich Zahlungen für Dienstleistungen am Ökosystem für alle aber nicht rechnen, freunden sich nur wenige damit an, Ökoregelungen hin oder her

Der schwer überschaubare Katalog der Eco-Schemes enthält Fördersätze, die für Gunststandorte und für intensive Veredlungsregionen schlicht nicht attraktiv genug sind. Auf Extensivgrünland etwa müssen Sie künftig beweisen, welche Kennarten bei Ihnen wachsen, wenn Sie Hilfen wollen.

So werden Auflagen und Vorschriften immer kleinteiliger. Verbote und Strafen sind aber kontraproduktiv. Die Politik tut zwar so, als wollte sie allen Höfen eine Zukunft bieten. Stattdessen werden Betriebsleiter behelligt, gegängelt und bevormundet. Das bringt aber keine gerechten Preise, keinen verlässlichen Rahmen und keine Wertschätzung – und den nötigen Umbau schon gar nicht. So führt die grüne Rhetorik ohne echten Plan einzig zum Abbau heimischer Betriebe.

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