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Getreide

Kurseinbruch: Getreideterminmärkte erholen sich leicht

am Montag, 22.11.2010 - 16:59 (Jetzt kommentieren)

Wien - Gegen Ende der letzten Woche begannen sich die internationalen Warenterminbörsen wieder von einem zuvor erlittenen Kurseinbruch leicht zu erholen.

Befürchtungen über eine Leitzinsanhebung durch Chinas Nationalbank hatten den Rohstoffmärkten einen ordentlichen Dämpfer aufgesetzt. Der Weizenfutures an der Pariser Euronext für den Januar-Liefertermin fiel bis auf 210 Euro pro Tonne. Laut Experten könnte diese Preiskorrektur aber bei den Aufkäufern neue Nachfrageimpulse auslösen.

Die Kassamarktnotierungen für Brotweizen an der Wiener Börse für landwirtschaftliche Produkte folgten diesem Trend an den internationalen Warenterminbörsen: Es ging sowohl für Premium- als auch für Qualitäts- und Mahlweizen nach unten. Auch Sojabohne gab einen Tick nach.

Notierungen auf "nominell" gesetzt

Nach unten weisende Preiskurven bringen gleichzeitig auch in der Regel den Markt zum Stillstand, weil die Aufkäufer möglichst die Talsohle erwarten wollen. Dies zeigt sich ebenfalls am Wiener Kursblatt. Bei Durumweizen, Mahlroggen, Futtergerste und Industriemais kam der Handel zum Erliegen und die Notierungen wurden auf "nominell" gesetzt. Mit 242,50 Euro jeweils pro Tonne für den Premiumweizen, 230 Euro für den Qualitäts- und 220 Euro für den Mahlweizen halten sich die Kassamarktnotierungen deutlich über denen des europäischen Weizenfutures an der Euronext von zuletzt 213,25 Euro pro Tonne.

USA und EU exportieren schwunghaft  

Die US-Börsen, allen voran Chicago Board of Trade, profitierten aber sowohl von steigenden Rohölpreisen als auch von einem etwas schwächeren Dollarkurs, der die Weizenexporte der USA beflügelt. Laut dem US-Landwirtschaftsministerium USDA erreichten die wöchentlichen Weizenexportzahlen 986.000 Tonnen. Aber auch die EU exportiert weiterhin schwunghaft Weizen. Die EU-Kommission erteilte in der abgelaufenen Woche Weizenexportlizenzen für 442.000 Tonnen. Damit summieren sich die Weizenexporte der EU im laufenden Wirtschaftsjahr 2010/11 (Beginn: 1. Juli 2010) auf 9,2 Millionen Tonnen. Das ist ein Plus von 37 Prozent gegenüber den 6,8 Millionen Tonnen im Vergleichszeitraum 2009/10.

Russland könnte länger als Exporteur ausfallen

Russland, das heuer laut jüngsten Regierungsschätzungen mit 60,3 Millionen Tonnen (2009: 98 Millionen Tonnen) eine Missernte eingefahren hat, könnte sogar noch länger als bisher angenommen als Exporteur für den Weltmarkt ausfallen. Bekanntlich verhängte die Regierung in Moskau im August dieses Jahres einen Exportstopp bis Ende 2010. Regierungskreise deuteten aber danach an, das Embargo werde wahrscheinlich bis zum Ende des Wirtschaftsjahres 2010/11 am 30. Juni 2011 verlängert, während mittlerweile Experten schon mit Jahresende 2011 rechnen.

Auf weniger Flächen Getreide gesät 

Die Ursache: Die russischen Landwirte mussten heuer im Herbst die Wintersaat auf trockenen Böden ausbringen. Die deswegen weniger gut entwickelten Pflanzenbestände sind nun weit empfindlicher gegen Winterfröste als normal entwickelte Bestände. Außerdem konnte wegen der Trockenheit nur eine kleinere Fläche bestellt werden als zuletzt.

Verwirrung über die Getreidereserven  

Laut der russischen Getreideunion müsse das Land 2011 eine Ernte von zumindest 80 Millionen Tonnen einfahren, um seinen Eigenbedarf decken zu können. Dafür sähen aber die Vorzeichen nicht allzu gut aus, weshalb die ehemalige Nummer drei im globalen Ranking der Weizenexporteure noch länger ausfallen könnte. Verwirrung besteht auch über die Getreidereserven Russlands. Während das Landwirtschaftsressort die Übergangsvorräte zum Anfang 2010/11 mit 26,3 Millionen Tonnen beziffert hatte, schätzten die Experten des Moskauer Consulting- und Forschungszentrums für Agrarökonomie, Sovecon, die Reserven auf lediglich 20 Millionen Tonnen.

Bis zu sechs Millionen Tonnen Importbedarf

Auf vier bis sechs Millionen Tonnen schätzt Sovecon den Importbedarf Russlands an Getreide in diesem Wirtschaftsjahr - und das, obwohl erst kürzlich die Prognose für den Getreideverbrauch des Landes um drei Millionen Tonnen auf 73 Millionen Tonnen gesenkt wurde. Laut Sovecon-Chef Andrej Sisow wurde diese Korrektur wegen des zu erwartenden Abbaus der Tierbestände und des dementsprechend niedrigeren Bedarfs an Futtergetreide vorgenommen. Höchstwahrscheinlich, so Sisow, würden die Getreideeinfuhren staatlich organisiert werden. Er wies in dem Zusammenhang auf die Absicht hin, zwei Millionen Tonnen Körnermais aus der Ukraine zu beziehen und im Gegenzug Brotweizen in das Nachbarland zu liefern.

Ukraine: Wirtschaft kritisiert Exportquoten

Heftige Kritik äußert die ukrainische Wirtschaftskammer an den seit Oktober geltenden Exportquoten für Getreide. Sie beklagt hohe volkswirtschaftliche Verluste für das Land und bezeichnet die Quoten als "ungerechtfertigt, intransparent und unfair". Wenn sie, wie angekündigt, bis zum Ende des Wirtschaftsjahres 2010/11 gelten sollen, dann könnten sich die Kosten für den gesamten Agrarsektor auf 1,9 bis 2,6 Milliarden US-Dollar (1,39 bis 1,91 Milliarden Euro) summieren, hat die Wirtschaftskammer errechnet.

Quotenvergabe "intransparent" und "unfair" 

Ungerechtfertigt ist die Quotierung nach Ansicht der Kammer, weil die Getreideernte der Ukraine 2010 mit etwa 38,8 Millionen Tonnen die fünftgrößte der Geschichte seit der Unabhängigkeit sei - also alles andere als eine Missernte. Außerdem bezeichnet die Kammer die Quotenvergabe als intransparent und unfair. Nach ihrer Beobachtung seien vor allem internationale Handelshäuser benachteiligt worden.

Ertragserwartungen deutlich zurückgeschraubt

Die jüngste Ernteschätzung des Kiewer Landwirtschaftsministeriums lautet auf 38,6 Millionen Tonnen Getreide einschließlich Mais. Dies ist deutlich weniger als die ohnehin schon nicht rekordverdächtige Ernte 2009 von 46 Millionen Tonnen, die schon um einiges geringer war als jene von 2008 mit 53,3 Millionen Tonnen.

Österreich: Maisernte in der Zielgeraden

Die Maisernte in Österreich befindet sich in der Zielgeraden. Laut Experten verdichten sich die Hinweise auf einen 10 bis 15 Prozent geringeren Ertrag als 2009. Ebenso wie Österreich soll auch das Nachbarland Slowakei heuer ein Zuschussgebiet für Mais sein, während Ungarn aber doch wieder einen Überschuss haben wird.

Ausschreibung von Interventionsgerste

Die AMA hat den Verkauf von 20.451 Tonnen Gerste auf dem Binnenmarkt aus ihren Interventionsbeständen veröffentlicht. Die erste Einreichfrist für Angebote endet am 24. November, weitere folgen in diesem Kalenderjahr noch am 7. und 15. Dezember. Insgesamt gibt es 2011 noch zwölf Gebotstermine bis zum 29. Juni. Diese Ausschreibung könnte auch mit dazu beigetragen haben, dass der Handel mit Gerste am freien Markt eingeschlafen ist. Allerdings ist aus der Ernte 2010 auch nur wenig Ware verfügbar und rechnet kaum jemand damit, dass die Interventionsverkäufe die Preise ernsthaft drücken könnten. (aiz)

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