Ressortchen Jelena Skrynnik hatte den Beginn der Intervention zunächst für den Zeitraum zwischen dem 25. August und dem 01. September angekündigt. Die Interventionspreise hatte die Ministerin sogar schon im März bekanntgegeben, allerdings mit einer Korrekturmöglichkeit je nach Entwicklung der Märkte. Im europäischen Teil des Landes soll Brotweizen mittlerer und einfacher Qualität für mindestens 5.500 Rbl/t (122 Euro) beziehungsweise 4.900 Rbl/t (109 Euro) angekauft werden.
Laut Ministerium hatten die russischen Landwirte bis Dienstag vergangener Woche 70,8 Millionen t Getreide geerntet; gerechnet wird von amtlicher Seite mit einer Gesamtmenge von 86 Millionen t. Private Schätzungen reichen dagegen bis 97 Millionen t. Im vergangenen Jahr war zwar mit 108,1 Millionen t ein deutlich höheres Aufkommen erzielt worden. Der Russischen Getreideunion zufolge kann die diesjährige Ernte aber mit besseren Qualitäten überzeugen. Nach ihren Angaben sollen rund 70 Prozent des im europäischen Teil Russlands eingebrachten Weizens als Brotgetreide eingestuft worden sein.
Efzienz des Eingriffs zum jetzigen Zeitpunkt "gleich null"
Der Vorsitzende des Agrarausschusses in der russischen Staatsduma, Valentin Denissow, verteidigte die Aufschiebung der Getreideintervention. Große Handelsgesellschaften hätten das Landwirtschaftsministerium dazu gedrängt, die vorgesehenen Finanzmittel schneller auszugeben, erklärte Denissow gegenüber der Presse. Dann hätten sie die Möglichkeit gehabt, die Ankaufspreise weiter nach unten zu drücken. Bei der Jahreskonferenz der Russischen Getreideunion Anfang vergangener Woche begrüßten die meisten Experten die Entscheidung der Regierung, die Intervention zu verschieben. Nach Einschätzung von Verbandspräsident Arkadij Slotschewskij wäre die Efzienz des Markteingriffs zum jetzigen Zeitpunkt im Unterschied zur vergangenen Saison "gleich null". Die meisten der für die Lagerung vorgesehenen Getreidesilos befänden sich in den exportorientierten Regionen des Landes, so dass deren Nutzung für Interventionszwecke die Ausfuhren beeinträchtigen könnte.
Streit über möglicher Förderung von Getreideexporten
Der Leiter der Analysengesellschaft ProZerno, Wladimir Petritschenko, zweifelt auch am Erfolg der Intervention im Oktober. Stattdessen sollte die Regierung laut Petritschenko die Möglichkeit ins Auge fassen, die Getreideexporte zu subventionieren. Die Ausfuhren sollten unbedingt vorangetrieben werden, da dem russischen Getreidemarkt ansonsten ein Kollaps drohe.
Der Generaldirektor des Forschungsinstituts für Agrarmarktkonjunktur, Dmitrij Rylko, warnte indes vor einer Getreideexportförderung. Eine solche Maßnahme würde Russland nur vorübergehende Vorteile bringen, während langfristig eher auf eine Verringerung der Produktionskosten gesetzt werden sollte. Rylko stimmte zu, dass auch die Getreideintervention unter den aktuellen Verhältnissen keine Marktwirkung haben dürfte. Über dem Markt hänge nämlich ein "Damoklesschwert" von rund 8,2 Millionen t Getreide aus den Interventionsankäufen im Wirtschaftsjahr 2008/09. (AgE)
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