„Die sogenannten Roten Gebiete bleiben für die betroffenen Landwirte in derzeitigem Umfang ein rotes Tuch“, sagt Landvolkpräsident Albert Schulte to Brinke. Er erneuert die Kritik an der Kulisse für die nitratsensiblen Gebiete, wie sie heute mit der Verabschiedung der Landesverordnung durch das Kabinett beschlossen worden ist. Zugleich unterstützt er den Vorschlag der CDU-Landtagsfraktion, die zu Grunde gelegten Messstellen zu überprüfen.
In Hannover protestierten Landwirte heute vor der Landesregierung
Eine aus 30.000 ha reicht
Die nicht ausreichend repräsentative Auswahl der Messstellen, die Unverhältnismäßigkeit, nach der bereits einzelne Werte zur Ausweisung großer Gebiete genügen, und der Verzicht auf eine Ursachenanalyse erhöhter Nitratwerte seien fachlich „nicht akzeptabel“.
So reiche aktuell beispielsweise in sehr großen Gebieten mit über 30.000 ha Fläche bereits der Wert einer einzigen Messstelle aus, dieses Areal insgesamt als „rot“ auszuweisen. Das Land verfahre nach der Devise „one out, all out“ und verstoße damit gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Das sei willkürlich, so das Landvolk. Auch werde eben nicht dargelegt, wer die erhöhten Nitratwerte genau verursache. „Unsere Landwirte haben ein Recht darauf zu erfahren, aus welchen Gründen einzelne Messstellen als rot ausgewiesen werden. Wird der Wert tatsächlich durch die Landwirtschaft beeinflusst oder gibt es dafür andere Ursachen?“, hinterfragt Schulte to Brinke die Entscheidung, die zur Ausweisung der nitrat- und phosphatsensiblen Gebiete geführt hat. Hier sei mehr Klarheit und Wahrheit nötig.
Riesige Klagewelle erwartet
Es bleibe nicht nachvollziehbar, warum 39 Prozent Niedersachsens zu den roten Gebieten zählen sollten, obwohl lediglich 16 Prozent der Brunnen erhöhte Nitratwerte aufwiesen, meint auch Horst Kortlang, Umweltsprecher der FDP-Fraktion. Er sieht eine große Rechtsunsicherheit und warnt vor einer „riesigen Klagewelle“, sollte die Landesregierung bei der aktuellen Praxis bleiben.
Der Agrarsprecher der Liberalen, Hermann Grupe, fordert eine genauere Analyse der Ursachen für die stellenweise hohe Nitratbelastung. Die vielen unterschiedlichen Ursachen würden nicht beleuchtet; es gebe eine hundertprozentige Schuldzuweisung an die Landwirtschaft, während alle anderen Eintragsquellen einfach ignoriert würden.
Scharfe Ablehnung
Unbesehen davon stößt die Bundesvorgabe, in den nitratsensiblen Gebieten die Stickstoffdüngung auf 80 Prozent des Pflanzenbedarfs zu beschränken, weiter auf heftigen Widerstand in der Landwirtschaft. „Unsere Landwirte engagieren sich für den Schutz des Trinkwassers, dazu setzen sie die im Düngerecht erst 2017 verschärften Vorgaben konsequent um“, sagt der Landvolkpräsident.
Neben der fachlichen Beratung misst er der Förderung zum Bau weiterer Lagerstätten und exakter Ausbringungstechnik eine große Bedeutung zur Senkung der Nitrateinträge in das Grundwasser bei.
Die von der Landesregierung ausgewiesene Gebietskulisse Grundwasser - „Nitrat-Kulisse“ - umfasst laut Landwirtschaftsministeriums rund 1 Mio. ha oder 39 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche (LF) Niedersachsens, die Gebietskulisse Oberflächengewässer - „Phosphat- Kulisse“ - etwa 35.000 ha oder ein Prozent der LF.
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