Die Agrarmarkt Austria geht in ihrer heute präsentierten Prognose von einer Gesamternte von rund 2,9 Millionen Tonnen ohne Mais aus (-2,4 Prozent gegenüber 2009). Inklusive Mais wird eine Menge von etwa 4,6 Millionen Tonnen erwartet, das sind um fünf Prozent weniger als im Vorjahr.
Im langjährigen Vergleich kann aber von einer durchschnittlichen Menge gesprochen werden. Aufgrund des heuer kleineren Angebots dürfen sich die Bauern Hoffnungen auf höhere Preise machen, was aufgrund der Einbußen in den vergangenen beiden Jahren auch dringend notwendig wäre, stellte der Vorsitzende des AMA-Verwaltungsrates, Franz Stefan Hautzinger, fest.
Extremer Witterungsverlauf
"Das Getreidejahr 2010 war vom Anbau bis zur Ernte geprägt durch einen extremen Witterungsverlauf", fasst Günter Griesmayr, Vorstandsvorsitzender der AMA, die Ergebnisse der Ernte 2010 zusammen. Die guten Ergebnisse im Frühdruschgebiet (nördliches Burgenland) ließen die Erwartungen auf eine große Ernte zu. Es stellte sich jedoch bald heraus, dass dieser Trend nicht gehalten werden kann. Die nasskalte Witterung im Mai und Juni sowie die folgende Hitzewelle im Juli mit einer Reihe von Tropentagen waren der Grund für die regional unterschiedlichen Erträge. Zusätzlich wurde der Ernteverlauf in den Hauptanbaugebieten durch Regentage immer wieder verzögert und erschwert.
Unterschiedliche Qualitäten
"Je länger die Ernte gedauert hat, umso länger sind auch die Gesichter der Bauern geworden", schilderte Hautzinger die Situation. Bei den Mengen und Qualitäten zeigt sich ein differenziertes Bild. Bei Gerste sind geringere Erträge mit schwachen Hektolitergewichten vor allem bei der Sommergerste zu verzeichnen. Die Braugerste ist durch eine schwache Siebung gekennzeichnet. Mengenmäßig liegt der Weizen unter den Erwartungen, die erreichten Qualitäten sind dagegen bisher zufriedenstellend.
Vermarktung der Ernte zu besseren Bedingungen
"Das geringere Angebot lässt berechtigte Hoffnungen auf höhere Erlöse für die Landwirte zu, obwohl auch heuer wieder die Vermarktung eine Herausforderung für die Landwirtschaft und den Getreidehandel darstellt", unterstrich Hautzinger. Derzeit gehe man von Deckungsbeiträgen zwischen 250 und 300 Euro aus. Die Bäume würden aber auch heuer nicht in den Himmel wachsen. Die Notierungen der Landwirtschaftlichen Produktenbörse in Wien dieser Woche bestätigen die Annahme, dass die Preise heuer höher ausfallen werden.
Personalkosten und Energiepreise gestiegen
So notiert beispielsweise Qualitätsweizen mit 173 bis 193 Euro je Tonne, und damit um rund 49 Euro höher als im Vorjahr. Futtergerste notiert mit 120 bis 130 Euro und somit um 31 Euro über dem Wert von 2009. Hautzinger stellte in diesem Zusammenhang zu aktuellen Pressemeldungen, wonach aufgrund höherer Getreidepreise auch Brot und Bier wesentlich teurer würden, klar fest, dass der Rohstoffkostenanteil am Konsumentenpreis in diesem Fall sehr gering sei. Allerdings seien andere, wichtigere Faktoren wie etwa die Personalkosten oder Energiepreise ebenfalls gestiegen, und die Bäcker würden darauf auch in ihren Preiskalkulationen Bezug nehmen.
Prinzip "Teller - Trog - Tank" gilt weiterhin
Die in den letzten beiden Jahren geschaffenen alternativen Verarbeitungswege mit dem Ethanolwerk in Pischelsdorf und dem Stärkeerzeuger Jungbunzlauer sind für den österreichischen Getreidemarkt ein nicht mehr wegzudenkender Faktor. Vor allem werden hierfür schwächere Weizenqualitäten, Mais, Triticale sowie Futtergerste verarbeitet. "Trotz einer gegenüber den Vorjahren schwächeren Ernte kann Österreich auch die traditionellen Exportmärkte bedienen", beruhigte Hautzinger und stellte unmissverständlich klar: "Für die Landwirtschaft hat sich die Prioritätenliste nicht geändert - zuerst kommt die Versorgung mit Lebensmitteln, dann kommen die Futtermittel und zuletzt die Belieferung des Energiebereiches.
Versorgung der Österreicher ist sichergestellt
Die Versorgung ist sichergestellt, alle Bereiche können mit Getreide bedient werden", so der Vorsitzende des AMA-Verwaltungsrates. Die Ausweitung der inländischen Verarbeitungskapazitäten schaffe für die österreichische Landwirtschaft die Möglichkeit, sowohl eine Qualitätsstrategie als auch eine Mengenstrategie zu verfolgen. Die Erfahrung der letzten Jahre zeige, dass zwei Vermarktungsschienen für Landwirt, Handel und Verarbeiter durchaus bestehen können: einerseits der Anbau von Qualitätsgetreide für die österreichischen Mühlen sowie für den Exportmarkt in Italien und andererseits die Versorgung der Mischfutterindustrie und des Bioethanolwerkes mit ertragreichen Getreidesorten. Die Intervention werde heuer keine Rolle spiele, ergänzte Hautzinger, allerdings sei auch weiterhin auf EU-Ebene ein Mindestmaß an Marktsteuerung notwendig, schon allein, um die immer stärker werdenden Preisvolatilitäten zu bremsen. Darüber hinaus sei auch mit Interventionsware Geld zu verdienen.
Getreideanbaufläche um 2,6 Prozent kleiner
Nach Angaben der AMA ist die Getreideanbaufläche heuer österreichweit gegenüber dem Vorjahr um 2,6 Prozent verringert worden. Die Bioflächen überschritten heuer erstmals die 100.000 Hektar Grenze. Entgegen den Erwartungen wurden die Weichweizenflächen zurückgenommen, auch Wintergerste, Triticale und Roggen wurden weniger angebaut. Stark reduziert wurde erneut die Fläche bei Sommergerste, und zwar um 11,5 Prozent. Bei den Ölsaaten schrumpfte die Rapsfläche, bei Körnererbse wurde ebenfalls ein Minus verzeichnet. Einen deutlichen Flächenzuwachs konnten hingegen Sojabohne und Ölkürbis erreichen. Die Stilllegungsflächen (Grünbrache, Blühflächen) sind gegenüber dem Vorjahr leicht rückläufig.
Hartweizen: Sehr unterschiedliche Erträge
Die Durumfläche wurde heuer gegenüber dem Vorjahr um 3,7 Prozent auf zirka 17.500 Hektar ausgedehnt. In den traditionellen Hartweizenanbaugebieten Ostösterreichs zeigt sich ein geteiltes Bild: Bei Winterdurum sind die Ergebnisse enttäuschend, hingegen werden bei Sommerdurum zufriedenstellende Erträge und Qualitäten erwartet, die ungünstigen Vegetationsbedingungen im Frühjahr hatten hier weniger Auswirkung. Die Erträge bewegen sich bei Winterdurum im Durchschnitt bei knapp über 40 Dezitonnen pro Hektar, bei Sommerdurum wurden bis zu 55 Dezitonnen erzielt.
Weichweizen: 25 bis 30 Prozent Premiumqualität erwartet
Bei Weichweizen, der insbesondere bei der Erzeugung von Mehl, Brot und Gebäck Verwendung findet, wurde die Anbaufläche gegenüber 2009 um zirka 6.700 Hektar verringert (-2,3 Prozent). Das Ertragsniveau wird derzeit österreichweit im Durchschnitt auf 52 Dezitonnen pro Hektar geschätzt. Es wird davon ausgegangen, dass der heurige Weizen zu 25 bis 30 Prozent Premiumqualität (über 15 Prozent Protein), zu 30 bis 40 Prozent Qualitätsweizen- (mindestens 14 Prozent Protein) und zu etwa 30 Prozent Mahl- und Futterqualität aufweist.
Roggenanbaufläche um 5,8 Prozent reduziert
Laut ersten Berichten der Versuchsanstalt für Getreideverarbeitung aus den Frühdruschgebieten zeigen die Weizenpartien sehr gute Qualitäten, konkret ein durchschnittliches Hektolitergewicht von 80 Kilogramm sowie Fallzahlwerte von über 300 Sekunden). Auch die traditionelle Schiene des Qualitäts- und Premiumweizenexportes nach Italien wird mit der heurigen Ernte ausreichend bedient werden können. Die heurige Roggenanbaufläche ist mit 45.700 Hektar um 5,8 Prozent deutlich reduziert worden. Die Erträge werden bei durchschnittlich 38 Dezitonnen pro Hektar liegen. Die bereits geernteten Qualitäten sind laut AMA zufriedenstellend. Abzuwarten ist aber noch die Ernte und deren Ergebnisse aus dem Waldviertel.
Wintergerste: Qualitäten zum Teil enttäuschend
Der Anbau der Wintergerste wurde gegenüber dem Jahr 2009 reduziert. Die Fläche beträgt heuer zirka 85.500 Hektar (-zwei Prozent). Das Ertragsvolumen schwankt zwischen 45 und 60 Dezitonnen pro Hektar. Die Qualitäten sind jedoch zum Teil enttäuschend, die Hektolitergewichte bewegen sich nur zwischen 57 und 62 Kilogramm.
Braugerste: Versorgung dürfte gesichert sein
Bei der Sommergerste, die in der Malz- beziehungsweise Biererzeugung verwendet wird, wurde die Fläche um 11,5 Prozent auf rund 83.300 Hektar reduziert. Diese Kultur war am stärksten vom heurigen Witterungsverlauf betroffen und lässt nur enttäuschende Erträge von 30 Dezitonnen pro Hektar erwarten. Der Braugerstenanteil dürfte sich nur zwischen 30 und 40 Prozent bewegen, 20 bis 30 Prozent sind Brauhoffnungsgerste. Trotzdem dürfte die Versorgung gesichert sein. Triticale entwickelt sich neben seinem Hauptverwendungszweck als betriebseigenes Futtermittel immer mehr als wertvoller Rohstoff für die Ethanolproduktion. Dennoch wurde die Anbaufläche heuer um 2.800 Hektar auf 47.800 Hektar (-5,6 Prozent) verkleinert. Erträge von 50 Dezitonnen pro Hektar werden erwartet, wobei die Qualitäten zufriedenstellend sind.
Weniger Ölraps und mehr Sojabohnen angebaut
Der Rapsanbau ist gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen. Die Fläche von 54.000 Hektar zeigt ein Minus von 5,5 Prozent. Im gesamten Anbaugebiet wurden eher durchschnittliche Erträge erzielt, wobei sich die hohen Erwartungen nicht erfüllten. Die Erträge bewegen sich bei zirka 30 Dezitonnen pro Hektar. Sojabohnen befinden sich dagegen weiterhin im Aufwärtstrend. Im Vergleich zum Vorjahr wurde die Fläche um 36 Prozent auf 34.300 Hektar ausgedehnt. Die gestiegenen Betriebsmittelkosten und das schwache Preisniveau bei Gerste haben zu einem verstärkten Anbau geführt. Die derzeitigen klimatischen Verhältnisse schaffen für die Sojabohne ausgezeichnete Wachstumsbedingungen.
Körnermaisfläche etwas größer
Der Anbau von Körnermais wurde auf einer Fläche von 180.000 Hektar geringfügig um 0,7 Prozent ausgedehnt. Die Bestände zeigen sich momentan in sehr unterschiedlichem Zustand, die extremen Wetterbedingungen mit nasskalter Witterung im Mai und Juni sowie der Hitzewelle im Juli haben die Kulturen nicht recht entwickeln lassen. Es bleibt abzuwarten, ob sich die Kulturen in den kommenden Monaten noch erholen können. (aiz)
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