Das Umweltbundesamt (UBA) fordert, die privaten Aufzeichnungen landwirtschaftlicher Betriebe zum Einsatz von Pflanzenschutzmitteln aus den gesetzlich vorgeschriebenen Anwendungsprotokollen zu veröffentlichen. Sie sollen laut UBA für Behörden und Forscher verfügbar sein, damit Oberflächenabflüsse und Rückstände in Gewässer besser vermieden werden.
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Umweltamt fordert Daten der Anwender zum Pflanzenschutzeinsatz
Ohne diese Daten mit den tatsächlich eingesetzten Mitteln und den umgesetzten Auflagen zum Schutz der Gewässer könnten die Quellen der Belastungen nicht angemessen beurteilt werden, so die Behörde. Landwirte sähen sich auch deshalb häufig einer Pauschalkritik ausgesetzt.
Zur Belastung von Gewässern hat das UBA nun eine neue Studie veröffentlich. Danach sind Kleingewässer besonders dort mit Rückständen belastet, „wo viele umliegende Äcker behandelt werden“. In 80 Prozent der rund 100 untersuchten Gewässerabschnitte oder Bäche überschritten die Messwerte 2018/19 demnach festgelegte Grenzwerte.
Guter ökologischer Zustand der Gewässer ist nicht erreicht
„Das Kleingewässermonitoring zeigt deutlich, dass unsere Gewässer nicht ausreichend vor Belastungen, besonders durch Pflanzenschutzmittel-Rückstände, geschützt sind“, sagt UBA-Präsident Dirk Messner. Trotz zahlreicher Umweltauflagen sei Deutschland vom erklärten Ziel unbelasteter Gewässer in gutem ökologischem Zustand weit entfernt.
Messner fordert deswegen Zugriff auf die systematisch erhobenen Anwendungsdaten der Betriebe. Damit ließen sich die Folgen auf die Umwelt besser messen. Schon jetzt ist er sicher, dass bewachsene Randstreifen zu Gewässern „überall eingerichtet werden sollten“, also an jedem Graben. So will er ein regelmäßiges Monitoring kleiner Gewässer. Vor der vom UBA beauftragten Studie existierten demnach keine bundesweit repräsentativen Daten zu Rückständen in Gewässern.
So lief das Monitoring zur Belastung mit Pflanzenschutzmitteln
In dem Monitoring zu Kleingewässern wurden 2018/19 die rund 100 Gewässerabschnitte an landwirtschaftlichen Flächen untersucht. Die Bäche als Lebensraum zahlreicher Tiere und Pflanzen transportieren Schadstoffe weiter in größere Gewässer. Deshalb sollen sie möglichst schadstofffrei und in einem guten ökologischen Zustand sein.
Die Forscher des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig konnten deutlich zeigen: „In jeder zweiten Wasserprobe überschritten Wirkstoffe, die in Pflanzenschutzmitteln eingesetzt werden, die akzeptablen Konzentrationen.“ Und: „Die Lebensgemeinschaft der Insekten war in vier von fünf untersuchten Bächen nur in einem mäßigen bis schlechten Zustand.“
Erstmals Anwendungsdaten von Landwirtschaftsbetrieben mit ausgewertet
An zehn Messstellen wurden nun erstmals auch Anwendungsdaten von Landwirtschaftsbetrieben mit ausgewertet. Je mehr Mittel auf den umgebenden Äckern eingesetzt wurden, desto stärker zeigten die Gewässer Rückstände, so Prof. Dr. Matthias Liess. Er zeigt, dass ein wesentlicher Teil der Belastung nach oder bei Regen in die kleinen Gewässer gelangt.
Der Oberflächenabfluss von Feldern trägt demnach maßgeblich zu den Rückständen bei. Das gelte auch für Gräben, die nur zeitweise Wasser führen. Gewässerrandstreifen senken diesen Oberflächenabfluss.
Kritik an Lücken in der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln
Die Autoren des Monitorings kritisieren Lücken bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln und Ausnahmeregeln beim Gewässerschutz. Mögliche Umweltauswirkungen werden zwar geprüft und anhand von Versuchen und Modellen Vorhersagen über den Verbleib der Wirkstoffe getroffen. Laut UBA scheinen diese Vorgaben „die realen Belastungen aber deutlich zu unterschätzen“.
Zwar gibt es exakt definierte Auflagen zum Schutz der Umwelt, etwa, um Oberflächenabfluss zu verhindern. Allerdings fehlen nach Angaben der Forscher zum Teil solche Anwendungsbestimmungen bei einigen älteren Präparaten. Neues Wissen über die Risiken einzelner Wirkstoffe oder neue Bewertungsmethoden würden aber nicht schnell genug auf bestehende Zulassungen angewendet.
Gewässer so besser vor Einträgen und Rückständen schützen
Alle Beteiligten rund um Pflanzenschutz und Wasserwirtschaft seien aufgerufen, Verbesserungen voranzubringen durch
- schnelles Einbringen neuen Wissens in die Zulassung,
- weiteres Monitoring kleiner Gewässer,
- systematisches Erheben aussagekräftiger Anwendungsdaten,
- Untersuchungen zur Wirkung von Schutzvorschriften und
- dauerhaft bewachsene Gewässerrandstreifen auch an allen kleinen Gewässern.
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