Die Europäische Kommission will die am 15. Dezember 2022 auslaufende Zulassung des Pflanzenschutzmittelwirkstoffs Glyphosat zunächst um genau ein Jahr verlängern. Über den Vorschlag werden die Mitgliedstaaten im Ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel (SCoPAFF) am Donnerstag oder Freitag kommender Woche (13.10./14.10.) zu befinden haben.
Der vor kurzem vorgelegte Entwurf basiert auf aktuellen Zulassungskriterien. Die Kommission will den Prüfbehörden „ausreichend Zeit“ für eine Neubewertung geben.
Deutschland prüft nationales Glyphosat-Verbot
Deutschlands Agrarminister Cem Özdemir hatte indes vor kurzem im Bundestag klargestellt, „in jedem Fall Glyphosat ab 1. Januar 2024“ in Deutschland zu verbieten. Derzeit prüft der Bund, ob dies EU-rechtlich möglich ist.
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) hatten bereits im Mai dieses Jahres mitgeteilt, dass sie erst im Juli 2023 in der Lage seien, eine finale Stellungnahme an die Mitgliedstaaten und die EU-Kommission zu übermitteln.
Ursprünglich war eine Präsentation der Ergebnisse einer Neubewertung spätestens im Herbst dieses Jahres anvisiert worden. Diese Frist sei aufgrund der umfangreichen Rückmeldungen im Bewertungsprozess nicht einzuhalten, so die damalige Erklärung der EFSA und der ECHA.
Glyphosat-Verlängerung durch Kommission wahrscheinlich
Beobachter in Brüssel rechnen nicht damit, dass der Entwurf der Brüsseler Behörde über eine Verlängerung von einem Jahr abgelehnt wird. Eine Antwort des Bundeslandwirtschaftsministeriums auf eine Anfrage zum Abstimmungsverhalten der Bundesregierung steht noch aus. Sollte es in dem Gremium allerdings keine qualitative Mehrheit für oder gegen die Wiederzulassung geben, obliegt das letzte Wort der Kommission.
Auch wenn Berlin jetzt unter Beteiligung der Grünen in der Bundesregierung gegen eine Zulassung stimmen sollte, ist eine Ablehnung des Kommissionsvorschlags eher unwahrscheinlich. Der Wegfall des Vereinigten Königreichs als Befürworter des Wirkstoffs dürfte ebenfalls nichts daran ändern.
Koalitionskrach bei der Entscheidung 2017
Bekanntlich hatte Deutschland bei der letztmalig erfolgten Zulassung 2017 unter dem damaligen CSU-Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt zum Ärger des Koalitionspartners SPD für eine Wiederzulassung des Herbizidwirkstoffs für fünf Jahre gestimmt und damit für eine qualitative Mehrheit der „Ja-Sager“ gesorgt.
Bei der maßgeblichen Ausschusssitzung hatten sich 2017 neben Deutschland 17 weitere EU-Staaten für die Wiederzulassung von Glyphosat ausgesprochen, darunter Spanien, Polen, die Niederlande, Dänemark und Rumänien. Dagegen hatten neun Länder gestimmt, darunter Frankreich, Italien und Österreich. Portugal hatte sich zuletzt als einziges EU-Land enthalten.
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