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Grünland

BfN-Grünlandreport: Alles im grünen Bereich?

am Mittwoch, 02.07.2014 - 15:20 (Jetzt kommentieren)

Berlin/Bonn: Innerhalb von vier Jahren sind bundeweit 82.000 Hektar Grünland verloren gegangen. Das geht aus dem "Grünland-Report" des Bundesamtes für Naturschutz hervor. Es gibt Kernanforderungen.

In den Jahren 2009 bis 2013 ging das Grünland bundesweit um 7,4 Prozent (%), das sind 82.000 Hektar, durch Intensivierung der Nutzung oder Umbruch zurück. "Diese drastische Abnahme ist für den Naturschutz kritisch. Sie zeigt, dass die bisherigen Maßnahmen zur Erhaltung der biologischen Vielfalt in der Agrarlandschaft nicht die beabsichtigte Wirkung hatten", sagte Professor Beate Jessel, Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz (BfN). 
 
Sie stellte heute den ersten BfN-"Grünland-Report" vor. Nicht nur, dass der Grünlandanteil sinkt, bereite Sorge. Allein zwischen 1990 und 2009 waren es 875.000 ha. Auch die qualitative Verschlechterung sei ein Problem. Jessel fordert eine nationale Grünlandstrategie.

Bundesweite Grünlanderhaltung gefordert

"Wenn wir den Rückgang des Grünlandes und den damit verbundenen Verlust von Pflanzen- und Tierarten aufhalten wollen, dann brauchen wir eine nationale Grünlandstrategie mit einem flächendeckenden Grünlanderhaltungsgebot in Deutschland und ein Umschwenken in der Agrarförderpolitik", so Beate Jessel. Nachdem auf EU-Ebene die Weichen gestellt worden seien, sind hier jetzt vor allem die Bundesländer bei der laufenden Ausgestaltung ihrer Agrarumweltprogramme gefordert.
 
Das BfN stellt in seinem Grünland-Report folgende Kernforderungen:
  •  Artenreiches Grünland muss in Deutschland wirksamer geschützt werden. Auf nationaler Ebene sollte daher ein flächendeckendes Grünlanderhaltungsgebot eingeführt werden.
  • Insbesondere in Natura 2000 Gebieten (FFH -Gebiete und Vogelschutzgebiete) sowie in weiteren sensiblen Gebieten, wie kohlenstoffreiche und erosionsgefährdete Gebiete, sollte Grünland im Rahmen des Direktzahlungs-Durchführungs-Gesetzes unter strengen Schutz gestellt werden und eine Grünlandumwandlung bundesweit untersagt werden.
  • Vor allem in Flussauen und auf Moorböden sollte ein generelles Grünlandumbruchverbot gelten. Bestehende Ackernutzungen in solchen Gebieten sollten schrittweise in Dauergrünlandnutzung überführt werden.
  • Ein erweitertes und gezielt einzusetzendes Monitoring wird benötigt, um die qualitativen und quantitativen Veränderungen im Grünland im Zuge der Neuregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) festzustellen und um gegebenenfalls bei der Halbzeitevaluierung der GAP nach zu steuern.
  • Es sollten durch die GAP Agrarumwelt- und Klimmamaßnahmen (AUKM) von den Ländern gefördert und besonders honoriert werden. Das heißt, solche AUKM, die einen echten Mehrwert für die biologische Vielfalt und den Naturhaushalt haben.
  • Um hochwertiges Grünland zu erhalten, sollten auch weitere Zahlungen (zum Beispiel die Ausgleichszulage) stärker an positive Wirkungen für das Grünland mit hohem Naturwert gekoppelt werden.
  • Die AUKM-Förderung sollte außerdem die Erhaltung und Entwicklung von Saumstrukturen beinhalten, die für den Erhalt der biologischen Vielfalt von Bedeutung sind.
  • Eine Förderung von Wanderschäfereien über die Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" (GAK) und die GAP ist erforderlich, um letztendlich extensive Grünlandlebensraumtypen, wie Wacholder Heiden, Heiden, die von einer Beweidung stark abhängig sind, zu erhalten.
  • Im neuen Erneuerbare-Energie-Gesetz 2014 sollten Substrate zur Biogasgewinnung, deren Nutzung gleichzeitig zum Erhalt der biologischen Vielfalt beiträgt, weiterhin eine höhere Vergütung erhalten. Dazu gehört insbesondere auch der Aufwuchs von extensivem Grünland, sodass über diesen Weg ein Schutz durch Nutzung möglich bleibt.
  • Der wichtige Beitrag von Grünland zum Klimaschutz sollte in Klimaschutzinitiativen stärker berücksichtigt werden.
  • Eine nationale Grünlandstrategie sollte in enger Zusammenarbeit zwischen Umwelt-, Naturschutz- und Landwirtschaftsbehörden entwickelt werden.
Der Deutsche Bauernverband hat bereits auf die Veröffentlichung des Reports reagiert. Er fordert eine Kooperation anstelle von weiteren Auflagen. Er schlägt vor, dass Naturschutz und Landwirtschaft gemeinsam Strategien entwickeln, die auf die wirtschaftliche Nutzung des Grünlandes durch Milchviehbetriebe und Rinder haltende Betriebe sowie Schafhalter abzielen.
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Klimaschutz in zweierlei Weise

Wie das Bundesamt aus dem Grünland-Report" berichtet, habe Grünland eine vielfältige Bedeutung für die Erholung und das Landschaftsbild, den Erhalt der biologischen Vielfalt und es tage zum Bodenschutz bei. Vielfach unbekannt seien die positiven Wirkungen des Grünlandes für den Schutz des Klimas. Das geht aus dem Report hervor.
 
Wie das BfN erklärt, habe Grünland zum einen eine bedeutende Rückhaltefunktion für Kohlenstoff. So werden in nur zehn Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche (vorwiegend Grünland) mehr als 35 Prozent der gesamten Kohlenstoffvorräte landwirtschaftlicher Böden in Deutschland gespeichert. Zum anderen habe Grünland auch eine CO2-Senkenfunktion inne. Bei einer Neuanlage von Grünland wird zwar wieder Kohlenstoff im Boden gebunden, jedoch ist die Festsetzungsrate im Boden nur etwa halb so groß wie die Freisetzungsrate bei Umbruch.
 
"Die Neuanlage einer gleich großen Fläche als Ausgleich für einen Grünlandumbruch stellt aus Klima- wie Naturschutzgesichtspunkten somit keine ausreichende Option dar. Vielmehr müssen wir unsere Anstrengungen auf den Erhalt der bestehenden Grünlandstandorte konzentrieren", fordert BfN-Präsidentin Jessel.
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Hintergrund: Grünland, Artenrückgang

Das Bfn definiert Grünland wie folgt: Zum Grünland gehören gedüngte und ungedüngte Wiesen und Weiden zur Futtergewinnung, aber auch Mähwiesen zur Biomasse und Einstreugewinnung, sowie Naturschutzflächen wie Feuchtgrünland, Magerrasen und Streuobstwiesen.
 
An Zahlen teilt das BfN mit: Über ein Drittel aller heimischen Farn- und Blütenpflanzen haben ihr Hauptvorkommen im Grünland. Von den in Deutschland gefährdeten Arten der Farn- und Blütenpflanzen haben sogar rund 40 % (das entspricht 822 Arten) ihr Hauptvorkommen im Grünland. Mit dem Grünlandrückgang verlieren Vogelarten, die auf Wiesen und Weiden brüten, ihren Lebensraum. Die Bestände des Kiebitz sind in den letzten 20 Jahren auf ein Viertel geschrumpft bei der Uferschnepfe haben sie sich halbiert.
 
In der aktuellen Roten Liste zeigt sich, dass sich der negative Bestandstrend insbesondere der auf Magerrasen und Trockenrasen vorkommenden Tagfalter-Arten und der in Mähwiesen, Magerrasen und Heiden vorkommenden Bienen, fortgesetzt hat.
 
Von 2003 bis 2012 betrug der absolute Verlust des Dauergrünlandanteils in Deutschland im Schnitt zirka fünf Prozent. Mit über sieben Prozent waren am stärksten betroffen Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz.

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