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Agroforstwirtschaft

Crowdfunding: Landwirte sammeln über 71.000 Euro für Agroforst-Projekt

Agroforstwirtschaft von oben
am Samstag, 19.02.2022 - 06:30 (Jetzt kommentieren)

Ein Bioland-Betrieb und ein Agroforst-Planungsbüro haben auf der Crowdfunding-Plattform startnext.com dazu aufgerufen, eine Agroforst-Patenschaft zu übernehmen. Die Idee hinter Startnext ist: Viele Menschen (crowd) finanzieren (fund) zusammen eine Idee, ein Projekt oder ein Unternehmen. Beim Agroforstprojekt sind so ganze 71.675 Euro zusammengekommen.

Christoph Meixner, Agroforst-Planungsbüro TRIEBWERK in Witzenhausen, und Julius Nennewitz, Bioland-Betrieb Werragut in Eschwege haben sich zusammengetan, um ein Pionierprojekt für Agroforstsysteme zu realisieren. Insgesamt brauchen sie 90.000 Euro für ihr Agroforst-Projekt. Da sie das Geld nicht haben und es derzeit keine Förderungen für Agroforstsysteme gibt, haben sie ihr Projekt auf Startnext eingestellt, um es von der Crowd finanzieren zu lassen. Das Crowdfunding startete am 20.11.21 und lief bis 31.12.21. Kurz vor Weihnachten wurde das erste Finanzierungsziel von 61.000 € erreicht. 419 Interessierte haben das Projekt mit ihren Spenden unterstützt. Insgesamt sind 71.675 € für das gemeinnützige Projekt zusammengekommen, sodass im März die ersten Bäume gepflanzt werden können.

Möglich durch Crowdfunding: Das bislang vielfältigste Agroforst-Projekt wird umgesetzt

Mit der Summe aus dem Crowdfunding sollen auf dem Bioland-Hof Werragut in Nordhessen auf insgesamt 12 Hektar rund 1100 Bäume und Sträucher gepflanzt und dazwischen Landwirtschaft betrieben werden. Das Agroforstsystem wird auf Acker- und auf Grünland realisiert. Der Bestand soll Beerensträucher, Obst- und Nussbäume sowie besondere Arten und Sorten wie Kakis, Feigen und Pawpaw, die an den Klimawandel angepasst sind, enthalten. Außerdem sollen mobile Hühnerställe und gefährdete Rinderrassen Platz finden.

Crowdfunding ist eine Alternative zur klassischen Kreditaufnahme, die besonders ökologische Landwirtschaftsbetriebe gerne nutzen. „Das erste Finanzierungsziel wurde durch das Crowdfunding erreicht. Mit 90.000 Euro hätten wir die ersten drei Jahren finanzieren können“, sagt Nennewitz. Nun sucht der Verein nach weiteren Spendern. „Wir sind schon auf einem guten Weg. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir es schaffen.“ Der gemeinnützige Verein wirbt bei Firmen in der Region für das Projekt, um weitere Spenden zu erhalten. Zudem hat der Verein Projektförderungsanträge beim Förderprogramm LEADER der Europäischen Union gestellt, das die Entwicklung des ländlichen Raumes stärken soll.

Das soll mit weiteren Spenden möglich werden

Nachdem das erste Funding-Ziel erreicht wurde, kann der Verein die Baumschulen beauftragen. Mit dem zweiten Funding-Ziel soll es in Zukunft möglich sein, die Pflege der Fläche für ein Jahr zu finanzieren. Um die Fläche vorzubereiten, müssen sich Hof und Agroforst-Planungsbüro der Verein Maschinen leihen. Außerdem sollen spezielle Substrate und eine Tröpfchenbewässerung gekauft werden, damit die Jungpflanzen gut anwachsen können und im Fall einer erneuten Dürre mit ausreichend Wasser versorgt sind.

Vom Wald aufs Feld: Mit Agroforstsystem zu mehr Artenvielfalt und weniger CO₂

Hof Werragut und Triebwerk haben den Verein „Regenerative und Soziale Landwirtschaft e.V.“ gegründet. Sie möchten Agroforstsysteme pflanzen, um zu zeigen, wie nachhaltige Landwirtschaft in der Praxis aussehen kann. Die Initiatoren des Agroforst-Projektes sehen in der Landwirtschaft ein großes Potenzial, um die Artenvielfalt zu steigern und den Klimaschutz zu erhöhen. Agroforstsysteme, also die Kombination aus Gehölzen und der herkömmlichen Landwirtschaft, gelten hierfür als besonders geeignet. Gehölzstreifen bieten Nahrung und Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten und fördern so die Artenvielfalt. Der Wert ist höher, wenn man verschiedenartige Gehölze einsetzt oder Blühstreifen entlang der Baumstreifen einsät. Das Holz von Bäumen und Sträuchern kann außerdem viel CO₂ binden. Bei Wertholz- und Obstbäumen hält die CO₂-Bindung besonders lange an. Ein zusätzlicher Vorteil von Agroforstsystemen ist, dass sie länger anhaltende Trockenperioden besser überstehen, weil der Schutz der Bäume das Mikroklima auf dem Feld verbessert und die Verdunstung verringert wird.  

Langfristig soll Bildungsangebot und Soziale Landwirtschaft ausgebaut werden

Schon seit November gibt es auf Hof Werragut ein Bildungsangebot für Fachleute, Schulkinder und Studierende. Langfristig soll ein Bildungsort für Landwirte, Agroforst-Berater und an nachhaltiger Landwirtschaft Interessierte werden. Außerdem ist in Kooperation mit dem Deutschen Fachverband für Agroforstwirtschaft (DeFAF) e.V. eine sogenannte Agroforst-Akademie in Planung.

Darüber hinaus wünscht sich der Verein, dass auf Hof Werragut eine Hofgemeinschaft entsteht, die über den bisherigen Familienbetrieb hinausgeht. „Im nächsten Schritt möchten wir eine gemeinschaftlich getragene Landwirtschaft erreichen“, sagt Julius Nennewitz.

Schon jetzt setzt Hof Werragut auf Soziale Landwirtschaft und integriert Beeinträchtigte und benachteiligte Menschen in das Leben und Arbeiten auf dem Hof. „Wir werden sehen, wie sich das entwickelt, aber perspektivisch ist denkbar, dass mehr Beeinträchtigte sinnstiftende Tätigkeiten übernehmen“, sagt Nennewitz.

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