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Flutkatastrophe

Nach dem Hochwasser: Vorsicht beim Futter von Grünland und Acker

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am Freitag, 23.07.2021 - 08:00 (Jetzt kommentieren)

In Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und im südöstlichen Bayern hat die Flutkatastrophe besonders heftig zugeschlagen. Auch andernorts standen Wiesen und Äcker zum Teil Tage unter Wasser. Was passiert nun mit dem Futter? Worauf ist zu achten?

Zum Hochwasser erreichte agrarheute unter anderen die Userfrage von Christian Stegmüller: "Was mache ich mit dem Gras von überflutetem Grünland?" Diese Frage stellen sich auch weitere Leser.

Je nach Verschmutzungsgrad ist eine Futternutzung durchaus noch in Betracht zu ziehen. Das Gras ist dann aber hoch zu schneiden. Nach dem Abtrocknen lässt sich der Bestand notfalls abstriegeln, um Schmutzteile loszuwerden. Bei Heuwerbung fällt Schmutz eventuell ab. Für Silage ist ein Siliermittel einzusetzen, um Fehlgärungen zu vermeiden. Wichtig sind Futteranalysen.

Unbedenklichkeit der verwendeten Futtermittel wichtig

Ist der Bestand komplett abgestorben, lässt er sich in den Boden einarbeiten, um anschließend neu säen zu können. Ist der überschwemmte Aufwuchs allerdings hygienisch belastet, ist der nicht als Futter verwendbare Aufwuchs in einer Biogasanlage zu verwerten oder gegebenenfalls zu kompostieren.

Das Hochwasser kann Futter vom Feld, vom Grünland und oder vom Lager im Silo durch direkten Kontakt mit kontaminiertem Wasser beziehungsweise Schlämmen verunreinigen. Zudem können die Pflanzen durch ihre Ernährung oder durch die Ernte die Schadstoffe aus dem Erdreich aufnehmen, die das Hochwasser dorthin verfrachtet hat.

Das alles kann den Futterwert verändern und die Gehalte an unerwünschten Stoffen in den Futtermitteln erhöhen. Wie stark dies der Fall ist, hängt davon ab, wie belastet die Fließgewässer und Schlämme sind. Wer nicht garantieren kann, dass sich die Futtermittel unbedenklich verfüttern lassen, sollte sie auch nicht verfüttern. Landwirte sind für die Unbedenklichkeit ihrer in Verkehr gebrachten Lebens- und Futtermittel verantwortlich.

Diese Verunreinigungen und Stoffe sind besonders gefährlich

Nach früheren Hochwassern fanden sich oft erhöhte Konzentrationen an Dioxinen, Schwermetallen, Pflanzenschutzmitteln, Quecksilber, Nitratstickstoff, Polychlorierten organischenVerbindungen (PCB), Mineralölkohlenwasserstoffe, Salmonellen und Fäkal-Coli-Bakterien. Die Belastungen sind jedoch nicht flächendeckend und gleichmäßig anzutreffen.

Die Wasser-, Umwelt- oder Landwirtschaftsbehörden werden Analysen in Wasser, Böden, Schlämmen und Futtermitteln durchführen. Besonders Futterflächen, die sich in der Nähe von überfluteten Kontaminationsquellen befinden, gilt es zu untersuchen, etwa

  • Abwassereinrichtungen, Güllegruben, Festmistlager, Sickersaft-, Dung- und Jauchegruben, Kompostieranlagen, Klärschlammlager,
  • Hausmüll- und Industriemülldeponien, 
  • Dünger- und Pflanzenschutz­lager.

Vorsicht gilt auch bei

  • Tierkadavern, egal ob Haus- oder Wildtiere,
  • verunreinigten Erden und Sanden,
  • Mineralöle aus Haushalten und Industrieanlagen,
  • Chemikalien aus Haushaltenund Fabriken,
  • frisch gedüngte, mit Klärschlamm oder Pflanzenschutzmitteln behandelte Fläche.      

Notfalls verschmutztes Futter ab in die Biogasanlage

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Manche Flächen waren nur kurzzeitig betroffen. Das Wasser floss relativ schnell wieder ab. Derart betroffene Aufwüchse sind in der Regel kaum geschädigt oder sensorisch verunreinigt. Hier ist kein nennenswerter Schaden des Futterwerts zu erwarten.

Ob sich der Aufwuchs aus Überflutungsfläche noch nutzen lässt, lässt sich nicht pauschal beantworten. Das kommt darauf an, wie lange und wie hoch die Pflanzen vom Hochwasser bedeckt waren. Ist das Wasser relativ schnell wieder abgeflossen ist, sind die Pflanzen meist nur verschmutzt. Hier kann Regen helfen.

Hängen ölige Stoffe an den Pflanzen, sind sie nicht mehr zu verfüttern, da sich das Öl nicht abwaschen lässt. Bei überständigen und stark verschmutzten Grünlandaufwüchsen ist über Kompostieren, Verwerten in der Biogasanlage oder gegebenenfalls Verbrennen nachzudenken.     

Das gilt bei Hochwassergefahren für gelagerte Futtermittel

Bei gelagertem überflutetem Futter ist zu checken, ob das Wasser ins Silo gelangte, etwa in Fahrsilos ohne Sickersaftgruben, Schlauch- und Ballensilos, Big-Bags, Tüten oder Säcke und Hochsilos. Besonders geschädigt sind vielerorts Erdsilos und Freigärhaufen.

Aber auch Schüttgut- und Trockengrobfutter etwa unter Schleppdächern oder im Freien sind betroffen. Feucht gewordenes Futter in Silos und Lagern ist aerob nicht mehr stabil. Die Gefahr, dass sie verhefen, verpilzen oder verfaulen, ist sehr groß.

Wurden keine Verunreinigungen durch die Flutkatastrophe eingetragen, lässt sich das Futter durch Trocknen oder mit Konserviermitteln eventuell wieder haltbar machen. Ist aber Schlamm eingetragen, erhöht das den Rohaschegehalt. Das mindert die Energie- und Nährstoffkonzentrationen deutlich. Wichtig sind in jedem Fall Futteruntersuchungen.

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