Alternative Wertschöpfungsketten fürs reichlich vorhandene Grünland will Landwirt Christoph Geil erproben. Zusammen mit dem Deutschen Institut für Lebensmitteltechnik (DIL) experimentiert er mit der Proteingewinnung aus Gras.
Auf seinem niedersächsischen Betrieb an der Nordsee, zu dem rund 500 ha und eine Biogasanlage gehören, läuft dazu eine "Graspresse". Auf dem Hof weiden rund 750 Rinder, die der Landwirt in Kooperation mit Metzgern direkt vermarktet. Inzwischen gebe es erste Ergebnisse, so das Ferien-Journal Nordsee. Geil selbst will allerdings erst Auskunft geben, wenn belastbare Werte gefunden sind.
So will der Landwirt aus Gras Proteine zur menschlichen Ernährung gewinnen
Auf dem Betrieb Oegens in Butjadingen "erforscht" der 34-Jährige mit dem DIL an der Idee, aus Gras pflanzliche Proteine herzustellen. Damit lassen sich Ersatzprodukte für Fleisch oder Käse herzustellen.
Gräser und Leguminosen enthalten wertvolle Inhaltsstoffe. Dazu gehören Zucker, Peptide und Minerale im Pflanzensaft. Sie lassen sich für die Erzeugung vor allem vegetarischer oder veganer Nahrungsmittel verwenden.
Das Gras würde dann direkt für den Menschen verwertbar, ohne den Umweg übers Vieh mit Fleisch und Milch. Dafür wäre jedoch eine Novel-Food-Genehmigung nötig nach der EU-Verordnung für neuartige Lebensmittel.
So läuft die Proteingewinnungsanlage auf dem Hof von Familie Geil
Seit 2020 läuft der Versuch. Dazu gehört aufwendige Technik in einer mobilen Versuchsanlage zur Proteingewinnung. Auf dem Hof soll sie die in Gras und Leguminosen enthaltenen Eiweiße extrahieren.
Christoph Geil baut dazu Futtergräser und etliche Leguminosen in Gemengen und in Reinsaaten an. Dazu testet er etliche Arten und Sorten in der Wesermarsch.
Als eine Faustzahl soll 1 t Rotklee bis zu 35 kg Protein liefern. Nach bisherigen Berechnungen könnten aus einem Hektar Grünland pro Jahr rund 400 kg Proteine gewonnen werden.
Nach der Grasernte muss dazu zunächst der Proteinsaft gewonnen und aufbereitet werden. Der Pflanzensaft wird aus der Grünmasse gepresst. Die Anlage im Betrieb Geil schafft täglich nach Angaben erster Veröffentlichungen bis zu 50 t Frischmasse. Nach dem Pressen kühlt der Landwirt den Saft auf 3 °C herunter.
So wird der Pflanzensaft im Institut für Lebensmitteltechnik weiterverarbeitet
Das DIL verarbeitet den Pflanzensaft in Quakenbrück weiter. Die Proteine werden extrahiert und funktionalisiert. Ziel sei es, eine Schaum- und Gelbildung hinzubekommen, zumal nicht alle Pflanzenproteine gleich sind. Dazu seien bestimmte Aminosäuren erforderlich. Christoph Geil muss deswegen in verschiedenen Wuchsstadien der Gräser Proben ziehen und diese analysieren.
Der Pflanzensaft enthält um die 60 Prozent Proteine. Das Ziel für die Zukunft lautet, 75 Prozent Proteingehalt zu erreichen. Die Proteine aus Gras lassen sich in Pulverform vermarkten. Aus der Masse, die am Schluss übrigbleibt, könnten etwa vegetarischer Patties für Hamburger werden oder veganer Käse.
So will Christoph Geil die ausgepresste Grünmasse verwerten
Die ausgepresste Grünmasse der Futtergräser will Christoph Geil ebenfalls noch verwerten. Er presst und pelletiert sie, so dass sie noch etwa 60 bis 70 Prozent Trockensubstanz enthalten statt 25 bis 30 Prozent, so das DSV-Magazin "Innovation". Das Material, das als Rückstand bei der Proteingewinnung anfällt, lässt sich in weiteren Bereichen einsetzen.
In Frage kommen dazu etwa die Papier- und Karton-Produktion. Weiter ist der Überschuss für Folien, Dämmstoffe oder Asphalt zu verwenden. Geht die Rechnung „aus Gras wird Fleisch“ also wirtschaftlich auf? Das soll sich in den kommenden drei bis fünf Jahren zeigen. Christoph Geil will sich derzeit nicht dazu äußern. Nichtsdestotrotz blickt er optimistisch in die Zukunft.
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