Verbände, Verbraucher, Politiker und praktisch jeder erklärt Landwirten in schöner Regelmäßigkeit, wie sie richtig arbeiten könnten. Denn aus deren Sicht haben die Landwirte in Deutschland wohl schlicht keine Ahnung von z.B. zielgerichtetem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und deren Wirkungsweise. Warum sonst sollten sie ihre Bestände behandeln, obwohl dies gar nicht notwendig ist. Das wäre ja rausgeschmissenes Geld, reine Zeitverschwendung, eine völlig sinnfreie Aktion. Ganz offensichtlich hat ihnen noch keiner gesagt, dass der Ausstieg aus dem chemischen Pflanzenschutz „ganz einfach“ ist.
Auch spannend: Ein dänischer Landwirtssohn nervte eine Arbeit auf dem Acker besonders und baute eine Maschine. Mittlerweile verkauft er seine Erfindung auf der ganzen Welt - auch in Deutschland.
Wie gut, dass dies gestern bei der Pressekonferenz der Deutschen Umwelthilfe (DUH) und foodwatch (wir berichteten) endlich zur Sprache kam. Denn zu diesem Termin mit der Überschrift „Pestizide endlich stoppen“ informierte Annemarie Botzki von foodwatch die Allgemeinheit, dass „die Landwirte“ ihren Mais- und Getreideanbau umgehend und ohne signifikante Einbußen ganz ohne den Einsatz von Herbiziden bewältigen könnten.
Herbizidausstieg in Mais und Getreide laut foodwatch leicht möglich
Gerade in den beiden genannten Kulturen sei es „leicht möglich, auf Pestizide zu verzichten“. Außerdem könne man mit biologischer Vielfalt und natürlicher Schädlingsbekämpfung „gut und viel anpflanzen“. Auf diese Weise habe man quasi im Handumdrehen „eine Riesenfläche frei von Pestiziden“. Im selben Atemzug wies Botzki, die bei foodwatch für Recherche und Kampagnen zuständig ist, aber darauf hin, dass keine Monokulturen mehr gewünscht sind.
Aber: Was passiert mit einer Fläche auf der ich Mais und Getreide, aber auch – gemäß sinnvoller Fruchtfolge für Humusaufbau und Artenvielfalt – auch Zwischenfrüchte wie Leguminosen und Untersaaten wie Weidelgras anbauen will? Ist der Ausstieg aus dem Herbizideinsatz auch in diesem Fall „ganz einfach“? Wahrscheinlich. Nur das hat „den Landwirten“ einfach noch keiner mitgeteilt. Und selbst lassen sie sich in der Regel ja nichts einfallen. Weil sie die Sache einfach nicht überblicken. So sehen das offensichtlich DUH und foodwatch.
Umweltschützer sprechen Landwirten jede Kompetenz ab
Es ist nicht das Was, sondern das Wie dieser Kampagne, das mich stört. Dass die beiden Umweltvereine nun gegen die Zulassung einiger aus ihrer Sicht bedenklicher Herbizid- und Insektizidstoffe klagen wollen, ist legitim. Dass sie die Agrarindustrie beschuldigen, Genehmigungsverfahren von Pflanzenschutzmitteln durch Lobbyarbeit zu manipulieren – geschenkt. Die Darstellung, dass ein Herbizidausstieg im Mais- und Getreideanbau eine ganz simple Sache sei und weder signifikante Ertragseinbußen noch Totalausfälle zur Folge haben würde, entspricht jedoch nicht der Realität. Hier werden aus Gründen der Plakativität Unwahrheiten in den Raum gestellt, die den Landwirten jegliche Kompetenz absprechen.
Chance zum Dialog mit der Landwirtschaft wird liegengelassen
Die Umweltschützer ignorieren komplett, dass es bereits eine Vielzahl von findigen Ackerbauern gibt, die längst mit einer Herbizid-Reduktion experimentieren und dabei gute Ergebnisse erzielen. Könnte nicht einer von ihnen als Berater und/oder Botschafter auftreten? Ein solcher würde den Forderungen von foodwatch und DUH wenigstens ansatzweise Halt geben und einen gangbaren Weg für die Praxis andeuten. Hier eröffnet sich aus meiner Sicht eine gute Chance zum Dialog, die aber wie so oft liegengelassen wird.
Denn ein Austausch mit dem landwirtschaftlichen Sektor ist aktuell nicht gewünscht, erklärte ein Sprecher der DUH auf Nachfrage. Man wolle nun „erstmal Fakten schaffen und dann zu einer Lösung und Diskussion kommen“. Derselbe Sprecher betonte zwar, dass die Landwirte in der Angelegenheit nicht die Täter seien, sondern die Opfer. Jedoch in der Darstellung der Umweltschützer vor allem die Ahnungslosen.
Anders beim NABU: Bislang waren die Fronten klar, hier der gute Naturschutz, da der böse Landwirt. Doch mit einer Studie geht der NABU auf Landwirte zu. Das sollten beide Seiten nutzen.
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