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Praktikergespräch

Drahtwurm: Leergefressene Maisfelder, wenig Bekämpfungsmöglichkeiten

Fraßschäden im Maisfeld Kronawitter
am Freitag, 29.01.2021 - 12:45 (2 Kommentare)

In Niederbayern haben Drahtwürmer 2020 massive Schäden im Mais angerichtet. Die Bauern vor Ort suchen nun nach Lösungen für die Zukunft. agrarheute traf einige von ihnen zum Praktikergespräch.

2020 bedeutete für viele Bauern in Niederbayern massive Fraßschäden im Mais. Deshalb traf sich agrarheute mit Praktikern aus der Region zum Gespräch. Besonders am Herzen lag ihnen das Thema Drahtwürmer.  Die sind im südlichen Bayern schon seit 30 Jahren ein Thema. Ursprünglich befielen die Larven eher Kartoffeln, nun bereiten sie den Bauern große Sorgen im Mais.

Fraßschäden ohne Befallsmuster

Landwirt Martin Kronawitter

Ein betroffener Landwirt aus der Gegend ist Martin Kronawitter. „So etwas wie 2020 habe ich auch noch nicht gesehen“, sagt er.  „Sonst sind die Drahtwürmer am Rand zu finden, weil sie von der Wiese oder vom Waldrand reinkommen. Jetzt hatte ich Felder, die waren in der Mitte komplett leer.“ Es habe kein erkennbares Befallsmuster gegeben, auch nicht bei den Fruchtfolgen.

„Im letzten Jahr waren selbst unauffälligen Flächen betroffen, die sonst unauffällig sind“, ergänzt Nebenerwerbslandwirt und Alzchem-Berater Andreas Franzl. Bei Martin Kronawitter waren rund 15 Prozent des Mais in Ordnung, der Rest war von Drahtwürmern betroffen. Ein Teil war sogar nur "irgendeine Grünmasse, die sich nicht einmal zu häckseln lohnte". Dazu kamen auch Schäden durch Engerlinge, die hier sonst stärker verbreitet sind als Drahtwürmer.

„Genaue Befallsdaten gibt es noch nicht“, sagt Robert Schnellhammer, Leiter des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Passau. Er rechnet mit rund 500 ha Totalausfall im Landkreis Passau. Sowohl Silomais als auch Körnermais waren betroffen.

Ein besonders schlimmes Jahr hatte die Region bereits 2009 erlebt, als es hier 2.000 ha Totalausfall im Mais gab. Ganz so arg war es 2020 nicht, dennoch hat es einige Anbauer sehr stark getroffen. Mais spielt in den Fruchtfolgen der Region eine wichtige Rolle. Rund die Hälfte davon ist Körnermais, die andere Hälfte Silomais.

Drahtwürmer profitieren vom Klimawandel

Drahtwurm und Maiskorn

Im südlichen Bayern kommen insgesamt fünf verschiedene Arten von Schnellkäfern vor. Ihre Larven sind die Drahtwürmer. Besonders bedeutsam sind die Arten mit fünfjährigem Entwicklungszyklus auf. Sie richten vor allem im vierten und fünften Jahr großen Schaden an.

Ein Schnellkäfer-Weibchen legt pro Jahr rund 200 Eier. Besonders häufig kamen sie bislang in Aulagen vor. Schnellkäfer bevorzugen feuchte Standorte mit ausreichend organischer Masse, um die Larven zu ernähren. Frisch umgebrochenes Grünland und besonders Kleegras in der Fruchtfolge begünstigen daher den Drahtwurmbefall. Nach Aussage von Martin Kronawitter könnten daher auch die mittlerweile häufigen Greeningflächen den Befall verstärkt haben.

Auch der Klimawandel bewirkt, dass zunehmend mehr von den Laufkäfern und ihren Larven den Winter überleben. Außerdem mögen sie warme Sommer. Durch die warme Witterung breiten sie sich mittlerweile auch weiter nördlich aus. Besonders bei trockenen Bodenverhältnissen versammeln sich die Drahtwürmer direkt an den Maiswurzeln. Die Wurzeln ziehen Bodenfeuchte an, sodass die Larven dort im Sommer ihren Bedarf an Nahrung und Wasser decken können.

Keine optimalen Bekämpfungsmöglichkeiten

Fraßschäden im Maisbestand

Nun suchen die Bauern vor Ort nach Lösungen. Die bislang wirksamste Art, den Drahtwurmbestand im Mais zu kontrollieren, waren Beizen. Doch nun können die Bauern den Larven des Schnellkäfers zunehmend weniger entgegensetzen. Beizmittel mit Teilwirkung gegen Drahtwürmer sind weggefallen, etwa Mesurol und Sonido. Die verbleibenden Beizen Force und Acceleron wirkten nicht ausreichend gegen die Larven.

Biofumigation, also Einarbeiten von Kreuzblütlern, zeigt nach Ansicht von Robert Schnellhammer keine Effekte. Auch bei der Bodenbearbeitung ist die Lage nicht so eindeutig. Einige Landwirte in der Region haben sich in den vergangenen Jahren wieder dem Pflug zugewendet. Dennoch praktizieren gerade viehhaltende Betriebe häufig den Pflugverzicht in ihren intensiven mais- und kleegrashaltigen Fruchtfolgen. Ein wichtiger Grund dafür ist die Erosion. 

Martin Kronawitter setzt sowohl den Pflug als auch flache Bodenbearbeitung auf den bewirtschafteten Flächen ein. Er sagt: "Da wo gepflügt wurde, war nicht weniger Befall." Insgesamt beobachtet er aber, dass der Bodenzustand und die Bodenhygiene trotzdem eine Rolle beim Auftreten spielt. Deshalb setzt er auf Kalken und Bodenproben.

Auch der Saattermin könnte eine Rolle spielen. Hier gibt es aber Zielkonflikte. Eine Frühsaat schwächt die Pflanze durch den kalten Boden, andererseits wird sie bei späterer Saat von Frühsommertrockenheit getroffen.

Weiterer Forschungsbedarf

Einig sind sich die Praktiker, dass Kalkstickstoff hilft. Der Dünger hat eine schützende Nebenwirkung von 30 bis 50 Prozent. In Versuchen der Landwirtschaftskammer Oberösterreich schnitt er gar nicht viel schlechter ab als die chemischen Beizen. Einige Bauern setzen ihn daher prophylaktisch auf Maisflächen ein, um die Drahtwurmpopulation in Schach zu halten. 

Insgesamt sind sich die Praktiker aber einig, dass noch weiterer Forschungsbedarf zu Drahtwürmern besteht. Auch im benachbarten Oberösterreich plant die Landwirtschaftskammer weitere Versuche zu Drahtwürmern, um besser zu verstehen, wie sich etwa Anbausysteme auswirken.

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