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Mais- und Rübenbeizen

Kommentar zu Notfallzulassungen: Neuer Schub für alte Beizen

Gebeiztes Maissaatgut
am Donnerstag, 03.12.2020 - 09:23 (2 Kommentare)

Fehlende Beizmittel für Mais und Rüben führen zu enormen wirtschaftlichen Schäden. Der Umwelt nützt das wenig. Notfallzulassungen sind ein Ausweg. Ein Kommentar von agrarheute-Redakteur Karl Bockholt.

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Das Anbeizen der Saaten ist der umweltfreundlichste Pflanzenschutz überhaupt. Nur geringe Mengen an Wirkstoffen schützen die Keimlinge.

Aber Zulassungen für Beizmittel fehlen, ohne dass es der Umwelt wirklich hilft. Mais- oder Rübenanbauern drohen deswegen immer höhere ökonomische Einbußen. Das ist nicht länger hinnehmbar.

Der Druck auf die Anbauer wird einfach zu groß. Auf den Äckern häufen sich die "Notfälle". Da müssen Lösungen her.

Ohne Beizmittel drohen in Mais enorme wirtschaftliche Schäden

Krähen, Schwarzwild, Tauben oder Kraniche fressen im Frühjahr an der ungeschützten Maissaat. 2020 gab es auf 16 Prozent der Anbaufläche Wildschäden, so das Deutsche Maiskomitee. Die sind auch 2021 zu befürchten, wenn sich nicht bald etwas ändert. Dazu kommt der Drahtwurm und die Fritfliege, die zuletzt auf 13 Prozent der Maisfläche Schäden anrichtete.

Im bundesweiten Mittel lag die Umbruch- oder Nachsaatfläche in diesem Jahr daher bei über 20 Prozent. Bei 100 Euro pro Saatguteinheit kommen da erkleckliche Summen auf die Betroffenen zu. Neu- und Nachsaaten in Mais verursachten zuletzt 30 Mio. Euro Schaden. Geholfen hat das dem Natur- und Artenschutz wenig.

Beizschutz ist der umweltfreundlichste Pflanzenschutz überhaupt

Da helfen auch Lockangebote zur Frühbestellung der Sorten wenig. Selbst vollmundiger Versicherungsschutz bei Umbruch muss letztlich mitbezahlt werden. Und einen Schutz vor Unwetter bei Ausfall der Saaten gibt es nur für wenige Sorten. Der fehlende Beizschutz drückt auf die Geldbörse.

Fungizide Wirkstoffe sind fast gar nicht mehr erlaubt, Repellents weitgehend tabu, Mesurol längst verboten, Insektizide vom deutschen Beizmarkt fast verschwunden, Biologicals je nach Bodenleben längst nicht immer wirksam. Die Züchter verkaufen zwar im Ausland gebeizte Saat, etwa mit dem Vergrämer Korit, aber sie vermarkten insgesamt weniger gebeiztes Saatgut. Das ist bei dem Schadensausmaß fatal.

Bei der Zulassung von Beizen auch für Rüben ist dringend umzudenken

Bei der Zulassung von Beizen ist daher umzudenken. Ein Ausweg sind Notfallzulassungen. Rufe nach dieser Ausnahmeerlaubnis etwa für Neonicotinoide gibt es zuhauf. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit könnte Anträgen auf Notfallzulassung für damit gebeiztes Rübensaatgut noch dieses Jahr stattgeben.

Denn auch in Frankreich und elf weiteren EU-Staaten sind neonicotinoide Beizen 2021 wieder erlaubt. Rübenanbauer leiden mehr noch als Maisanbauer unter dem Druck der Schädlinge. Ein warmer Winter verschärft die Lage dramatisch, wenn die von Läusen übertragenen Vergilbungsviren wüten. Je nach Region sind Ertragseinbußen von 30 bis 50 Prozent zu befürchten.

Da steht schnell der komplette Rübenanbau auf dem Spiel. Dabei lassen sich mit den Beizen auch Insekten schonen, zumal Rüben nicht blühen und Bienen sie kaum anfliegen. Beizen garantieren, dass Insektizide nicht flächendeckend gespritzt werden.

Kein komplettes Verbot mehr ohne sinnvolle Alternative

In Frankreich soll für Wirkstoffe künftig gelten: kein Verbot ohne Alternative. Bevor Mittel vom Markt verschwinden, sollen die Zulassungsbehörden Alternativen prüfen müssen. Geplant ist, dass es sogar Schutz gegen Lebensmittelimporte geben darf, wenn sie inländische Standards unterlaufen. Das wäre auch was für uns.

Gäbe es quasi ein begründetes Recht auf Notfallzulassungen, müsste das auch für neonicotinoide Beizen gelten. Dann täten sich deutsche Zulassungsbehörden leichter damit, sie auch wirklich auszusprechen, wenn die Not groß ist. Der Druck auf die Anbauer würde mit relativ geringen Mengen an Beizen jedenfalls ganz gehörig gesenkt.

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