Das Ziel der globalen Ernährungssicherung muss in die deutsche und europäische Agrarpolitik einfließen, sagt Peter R. Müller, Geschäftsführer von Bayer CropScience Deutschland. Er lehnt auch deswegen eine Abgabe oder Steuer auf Pflanzenschutzmittel in Deutschland klar ab.
Basis dafür ist eine aktuelle Studie, die von der Beratungsfirma HFFA Research GmbH in Berlin erstellt und von der Bayer AG in Leverkusen bezahlt wurde. Der Ukraine-Krieg bringe unabsehbare Folgen und sei eine Zeitenwende. Die drohende Ernährungskrise müsse wachrütteln. Das Ziel globaler Ernährungssicherung sei von geostrategischer Bedeutung.
Pro und Kontra Pflanzenschutzsteuer: Das spricht für die Abgabe und das dagegen
Die Forderung nach einer Abgabe oder einer Steuer auf Pflanzenschutzmittel ist für viele Gegner vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs aus der Zeit gefallen. Doch die Forderung liege auf dem Tisch, und das seit Jahren.
Die Befürworter erhoffen sich, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in eine gewünschte Richtung lenken zu können. Wie stark die Lenkungswirkung tatsächlich ist, hat die HFFA Research GmbH in ihrer Analyse ermittelt.
Die EU-Reduktionspotenziale will sie nicht auszublenden und den Ist-Zustand nicht einfrieren. Vielmehr sollen der technischer Fortschritt die Antworten sein, den ökologischen Fußabdruck bei der pflanzlichen Erzeugung weiter zu senken.
Faktenbasierte Entscheidungen anstelle emotionaler Diskussionen
Die öffentliche Diskussion über das Für und Wider von Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft sei zu oft von Emotionen bestimmt, meint Dr. Steffen Noleppa, Direktor vom HFFA. „Wissenschaftliche Fakten werden dagegen oft ausgeblendet“.
Seine Studie wolle eine faktenbasierte ökonomische Analyse liefern, eine mögliche Steuer oder Abgabe auf Pflanzenschutzmittel zu bewerten. Dabei sind auch Erfahrungen aus Dänemark einbezogen, wo es eine Steuer bereits gibt.
Hier finden Sie die Analyse der Wirkung einer Steuer auf Pflanzenschutzmittel in deutschland
Für zwölf Kulturen mit pauschalen und dänischen Steuersätzen gerechnet
Steffen Noleppa und Matti Cartsburg rechnen die Folgen einer Steuer oder Abgabe auf Pflazenschutzmittel auf vier Ebenen für 12 Acker- und Sonderkulturen durch: Die Ebenen sind
- Lenkungswirkung
- Landwirtschaft,
- Märkte und
- Wertschöpfung.
Die Kulturen sind Weizen, Gerste, Raps, Mais, Zuckerrüben, Kartoffeln und Ackerbohnen, die Sonderkulturen Wein, Hopfen, Äpfel, Erdbeeren und Spargel. Ertragseffekte wurden dabei nicht berücksichtigt.
Kalkulationen gibt es für zwei Szenarien auf der Basis dänischer Steuersätze:
- Szenario 1: prozentuale Pauschalsteuer für Gruppen, also Fungizide, Herbizide, Insektizide, Wachstumsregler,
- Szenario 2: absolute Steuer je eingesetztem Wirkstoff pro Acker- und Sonderkultur.
Als Referenz dient dabei die 2013 in Dänemark eingeführte Steuer auf Pflanzenschutzmittel. Die Studie überträgt sie auf deutsche Verhältnisse und betrachtet sie sowohl wirkstoffspezifisch als auch unabhängig vom Wirkstoff.
Das sind die Ergebnisse: So hoch wären die Preissteigerungen
Die Studie zeigt: Die Preissteigerungen für Landwirte wären beachtlich. Sie lägen je nach Mittel, also Fungizide, Herbizide, Insektizide oder Wachstumsregler im
- Szenario 1 zwischen 42 und 121 %
- Szenario 2 zwischen 28 und 102 %.
Im Anbau ergäben sich geänderte Deckungsbeiträge: Eine Steuer oder Abgabe verringert Deckungsbeiträge und Gewinne in jedem Fall.
Einzelne Produktionsverfahren seien aber unterschiedlich betroffen. Mittelfristig komme es zu strukturellen Änderungen in der Bodennutzung, so die Studie. Gegebenenfalls sei „mit einer weiteren Vermaisung der Landschaft zu rechnen“.
Endkunden seien von der Steuer wenig betroffen. Das sektorale und gesellschaftliche Einkommen würde laut Studie um bis zu 450 Mio. Euro sinken, was 2 % der aktuellen Wertschöpfung ausmache. Das gesamtwirtschaftliche Einkommen fiele bis zu 600 Mio. Euro geringer aus, „ähnlich hoch wie die Staatseinnahmen“.
Das bedeutet eine Steuer oder Abgabe zusammengefasst
Die Studie „Analyse der Wirkungen einer Steuer bzw. Abgabe auf Pflanzenschutzmittel in Deutschland“ von der HFFA Research GmbH zeigt:
- Der Lenkungseffekt einer Steuer oder Abgabe auf Pflanzenschutzmittel ist gering.
- Die deutlichen Preissteigerungen für Pflanzenschutzmittel treiben die Kosten in der Landwirtschaft.
- Die wirtschaftliche Performance im Agrarsektor verschlechtert sich.
- Die Hersteller und Anbieter von Pflanzenschutzmitteln müssten mit merkbaren Umsatzeinbußen rechnen.
- Die Landwirte tragen aber die überwiegende Hauptlast der Steuern.
- Fruchtfolgen und Bodennutzungen könnten sich ändern.
- Die globale Wettbewerbsfähigkeit mitsamt Außenhandelsbilanz würde sich mindern.
- Die sektoralen und gesamtwirtschaftlichen Einkommenseinbußen betragen mehrere hundert Millionen Euro.
- Die Endkonsumenten landwirtschaftlicher Produkten wäre dagegen kaum betroffen.