Die Entscheidung für oder gegen eine Behandlung ist bei Stängel- und Vorblütenschädlingen so einfach zu fällen wie bei keinem anderen Schädling.
Ein Blick in die Gelbschale genügt. Nur mit ihrer Hilfe lässt sich die Bekämpfungswürdigkeit der Stängelschädlinge und der erste Zuflug der Rapsglanzkäfer feststellen.
Beim Rapsstängelrüssler nicht lange zögern
Der große Rapsstängelrüssler erwacht schon bei 5 °C Bodentemperatur auf der vorjährigen Rapsfläche. Ohne Zeit für einen Reifungsfraß zu verschwenden, sucht er nahegelegene Rapsschläge zur Eiablage auf.
Mit der Eiablage beginnt auch die Schädigung des Rapses: Das Weibchen scheidet bei der Herstellung der Ei-Nischen Wuchsstoffe aus, die für die typischen Verdrehungen der Stängel verantwortlich sind.
Diese Verwachsungen sind später sehr auffällig und nicht zu verkennen. Die Bekämpfung muss daher zeitnah mit dem Zuflug erfolgen, und zwar wenn die Grenzen erreicht werden.
Bekämpfungsschwellen:
- Mehr als 30 Käfer pro Gelbschale in 3 Tagen auf vorjährigen Rapsflächen (Erwachen festgestellt) oder
- 10 Käfer pro Gelbschale in 3 Tagen im aktuellen Rapsbestand im Februar oder März.
- Einsatz der Insektizide sofort nach Erreichen der Bekämpfungsschwelle im Raps, keinen Reifungsfraß abwarten.
Kohltriebrüssler: Reifungsfraß abwarten
Der Gefleckte Kohltriebrüssler dagegen beginnt nach dem Zuflug in den Raps einen ausgiebigen Reifungsfraß.
Für eine eventuelle Bekämpfung öffnet sich je nach Witterung ein 10- bis 14-tägiges Zeitfenster. Nach der Eiablage wachsen die Rapsstängel gerade weiter, sodass die Larven oft unentdeckt bleiben.
Bekämpfungsschwellen:
- Mehr als 20 Käfer pro Gelbschale in 3 Tagen im März/April.
- Insektizideinsatz nach Reifungsfraß ca. 10 bis 14 Tage nach Erstauftreten.
- Resistenzgefährdet gegenüber Pyrethroiden.
- Gelbschalenfänge spiegeln nicht immer das tatsächliche Auftreten wider.
Rapsglanzkäfer je Pflanze zählen
Der Rapsglanzkäfer wird ab 8 °C im Winterquartier aktiv und verlässt es bei Temperaturen um 12 °C. Die Männchen sind sofort geschlechtsreif, die Weibchen führen erst einen Reifungsfraß an Frühlingsblumen durch.
Ab 15 °C beginnt die Besiedlung der Rapsfelder. Sie kann nach wenigen Tagen abgeschlossen sein, sich aber bei wechselhaftem, kühlem oder windigem Wetter oder starkem Druck länger hinziehen.
Ziel des Käfers ist der Rapspollen. Nur bei sehr starkem Rapsglanzkäferdruck mit mehreren Zuflugswellen können auch die geschlüpften Larven in der Blüte noch Schaden anrichten.
Gehen Sie zum Ermitteln der Befallsstärke etwas weiter in den Bestand. Am Rand ist sie deutlich höher und verfälscht das Bild.
Bekämpfungsschwellen:
- Bis BBCH-Stadium 55 im geschwächten Bestand: über 4 Käfer je Pflanze.
- Bis BBCH 55 im gesunden, wüchsigen Bestand: über 8 Käfer je Pflanze,
- Ab BBCH 55 im geschwächten Bestand: über 5 Käfer je Pflanze.
- Ab BBCH 55 im gesunden, wüchsigen Bestand: über 10 Käfer je Pflanze.
- Starke Resistenzgefährdung gegenüber Pyrethroiden.
- Ertragswirksam nur bei starkem Befall.
Die Witterung ist entscheidend
Sind die nächsten drei Tage nach der Behandlung relativ kühl, erfolgt kein neuer Zuflug von Rapsglanzkäfern in den Bestand.
Dann zeigen die Pyrethroide Trebon 30 EC und Mavrik Vita beziehungsweise Evure häufig sehr gute Ergebnisse. Als Kontakter bekämpfen sie die aktuell im Raps vorhandenen Rapsglanzkäfer. Kühlere Temperaturen verlangsamen den Abbau der Pyrethroide auf der Pflanze: Die Wirkungsdauer verlängert sich.
Behandelt man dagegen in einer warmen Witterungsphase, zeigen die Pyrethroide nur eine Anfangswirkung. Eine Dauerwirkung über ein bis zwei Tage hinaus ist dann kaum zu erwarten. Plenum und Avaunt wirken gut über mehrere Tage. Aufgrund ihrer Wirkungsweise im Start eher schwach, spielen sie ihre Stärke nach rund drei Tagen aus.
Bei den Neonicotinoiden Biscaya und Mospilan SG wurden je nach Standort (kleinräumige Strukturen und Behandlungsintensität) in den letzten Jahren geringere Wirkungsgrade festgestellt. Auch bei diesen Mitteln ist die Wirkung am Tag nach der Spritzung oft schwächer als bei den Pyrethroiden.
Was bereits nicht mehr wirkt
Gegen den Rapsglanzkäfer zeigen die Pyrethroide Typ II schon deutliche Resistenzen und leichte bis mittlere Wirkungsgradverluste bei Typ I (Trebon 30 EC, Mavrik Vita/Evure). Entscheidend ist die Tendenz über die Jahre.
Auch bei Thiacloprid (Biscaya) und Acetamiprid (Mospilan SG) wurden über die Jahre Sensitivitätsverschiebungen festgestellt.
Empfohlene Mittel
Treten die Stängel- und Triebrüssler sehr früh ohne Rapsglanzkäfer auf, haben die Pyrethroide der Klasse II wie Karate Zeon nach wie vor ihre Berechtigung.
Stängelrüssler und Triebrüssler und erste Rapsglanzkäfer: Trebon 30 EC (Bienengefährdung B 2, Pyrethroidklasse I). Mavrik Vita/Evure (B 4) hat gegen die Stängelschädlinge keine Zulassung.
Stängelrüssler und Triebrüssler und mit starker Rapsglanzkäferdruck: Pyrethroid Klasse II und Avaunt oder Plenum 50 WG (beide B 1) jeweils in voller Aufwandmenge. Avaunt und Plenum benötigen gegen die Stängelschädlinge den Zusatz eines Pyrethroids, da beide nicht ausreichend wirken. Wichtig: Ganz aktuell ist EU-weit die Zulassung von Plenum ausgelaufen. Es darf nur noch in der Saison 2019 angewendet werden!
Die Neonicotinoide Biscaya und Mospilan SG (beide B 4) haben in diesem frühen Zeitraum aufgrund der geringeren Wirksamkeit gegen Stängelschädlinge und der verfügbaren Alternativen mit begrenztem Einsatzfenster (Avaunt und Plenum 50 WG) nichts zu suchen.
Wenn Blüten sichtbar sind
Sind Blüten im Bestand vorhanden, stehen Biscaya, Mospilan SG und Mavrik/Evure zur Verfügung.
Die Neonicotinoide sollten bevorzugt in Gebieten eingesetzt werden, wo die Behandlung gegen Schotenschädlinge eher die Ausnahme bildet.
Rapsglanzkäfer nicht überbewerten
Der Rapsglanzkäferbefall wird in der Praxis häufig überschätzt. Schwarze Käfer in den Knospen fallen nun mal auf.
Einmaligen Zuflug kann ein vitaler Winterraps aber kompensieren. Kritisch sind starker, lang anhaltender Zuflug des Käfers vom Beginn der Knospenbildung bis zur Blüte sowie vorgeschädigter Raps.
Die Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein hat in ihren Versuchen der letzten Jahre keine sicheren Mehrerträge mit der Behandlung gegen Rapsglanzkäfer erzielt.
Fazit
Beim Rapsglanzkäfer ist eine 100-prozentige Bekämpfung nicht zu erreichen, aber auch nicht nötig.
Die Pyrethroidresistenz beschränkt sich schon lange nicht mehr nur auf den Glanzkäfer. Gegen Erdfloh und Kohlschotenrüssler zeigen sich ebenfalls spürbare Wirkungsverluste.
Überdenken Sie daher die Anzahl der Pyrethroidbehandlungen und halten Sie Bekämpfungsschwellen ein.
Die Wirkstoffvielfalt ist unzureichend und deren Anwendungshäufigkeit begrenzt. Umso wichtiger ist ein optimaler Einsatz. Die Antiresistenzstrategie ist über die gesamte Vegetationsperiode und schädlingsübergreifend zu sehen.