„Du und deine Fruchtfolge, ihr habt ja gar keine Probleme.“ Noch vor wenigen Jahren hörte Friedrich von Ludowig häufiger: „Bist du blöd, du verschenkst 100 Euro/ha.“ Das Problem heißt Ackerfuchsschwanz.
Und Ackerfuchsschwanz schärft mittlerweile auch bei den meisten Berufskollegen das Bewusstsein für neue Wege. Chemie allein kann es nicht lösen, das weiß Friedrich von Ludowig schon länger.
Von Ludowig ist vierfacher Vater und Herr über das Gut Petersdorf am nördlichsten Ende der Republik, im holsteinischen Lensahn, wo man die Ostsee riechen kann. Hier betreibt er auf 700 ha intensiven Ackerbau, in einer der ältesten Rapsanbauregionen Deutschlands. Dort, wo der Ackerfuchsschwanz heute die heftigsten Resistenzen gegen Herbizide zeigt.
Ein hausgemachtes Problem, meint von Ludowigs Ackerbauberater Detlev Dölger. „Die kurzfristige Gewinnoptimierung hat viele Betriebe ackerbaulich ins Abseits geführt.“ Konzentrierter Anbau von Weizen und Raps hat den Ackerfuchsschwanz gefördert.
Samen überdauern Jahrzehnte
Für Friedrich von Ludowig ist das Ackerbausystem in dieser Form nicht auf Langfristigkeit ausgelegt und das bereitet ihm Sorgen. „Ich will alle Türen offen lassen und der nächsten Generation alle Möglichkeiten geben.“ Was er damit meint, zeigt er an zwei Beispielen.
„Clearfield-Raps ist in der Region weit verbreitet. Aber ich habe hinterher in Rüben und mit Durchwuchsraps große Probleme. Die Rapssamen überdauern Jahrzehnte im Boden.“
Auch mit dem vor 40 Jahren verbreiteten Rübsenanbau kämpft der Landwirt noch heute. „Diese Flächen sind immer noch nicht rapsfähig.“
Weite Fruchtfolgen als Schlüssel
Die Konsequenz ist für ihn ein Überdenken der bisherigen Anbausysteme. Das bedeutet vor allem weite Fruchtfolgen. Auf die einzelne Kultur gesehen, kann das wirtschaftliche Verluste bedeuten.
Das hat auch von Ludowig gespürt, als er mitten in der Hochpreisphase vor fünf Jahren den Biogasmais in die relativ enge Fruchtfolge Raps – Weizen – Gerste holte. Weizen brachte in dieser Zeit 25 Euro/dt. „Man darf aber nicht nur die Rentabilität der einzelnen Kultur sehen, sondern die der gesamten Fruchtfolge“, sagt sein Berater Dölger.
Biogas-Sommerungen in der Fruchtfolge
Mit dem Einstieg in die Biogasproduktion nahm von Ludowig mit 25 Prozent Mais und Zuckerrüben zwei wertvolle Sommerungen in die Fruchtfolge. „Mit den Gärsubstraten halte ich die Nährstoffe im Kreislauf.“
Zur Ackerhygiene gehört auch, die Samen nicht zu vergraben. Wiederholte, ganz flache Bodenbearbeitung regt den Ausfallraps zum Keimen an und hält den Samenpool möglichst gering.
„Das treibt zwar die Arbeitserledigungskosten hoch und im Betriebsvergleich liegen wir immer weit oben. Aber nur so schaffe ich den Spagat zwischen Wirtschaftlichkeit und langfristiger Verantwortung. Habe ich die Samen einmal im Boden, brauche ich 15 Jahre, um den Fehler eines Jahrs auszugleichen.“
Atlantis wurde verheizt
„Auf Langfristigkeit war der Ackerbau der vergangenen Jahrzehnte in vielen Betrieben nicht ausgelegt“, sagt Berater Dölger in der Rückschau. „Als 2003 Atlantis auf den Markt kam, waren die ersten erfolgreichen Fruchtfolgeansätze schlagartig wie weggeblasen.“ Die Folge: Nach vier- bis sechsmaligem Einsatz war die Wirkung des Herbizids gegen Ackerfuchsschwanz verspielt.
Friedrich von Ludowig sieht die Chemie als wichtige Unterstützung für seinen intensiven Ackerbau. „Dort, wo ich wirtschafte, will ich es in voller Intensität tun. Das bedeutet auch, dass wir den Ackerfuchsschwanz schon mal mit der Rückenspritze behandeln oder einzelne Nester ausmähen.“
Mit Erfolg: Schon 2017 konnte der Betrieb auf der Hälfte der Weizenflächen auf Atlantis komplett verzichten, in einer Region, die oft zu 100 Prozent behandeln muss, um dem Ungras überhaupt noch Herr zu werden.
Glyphosat als gezieltes Werkzeug
Der Pflug ist für den 44-Jährigen ein ebenso gezielt einzusetzendes Werkzeug wie Glyphosat. „Wenn ich mechanisch an die Grenzen komme und es aufgrund von Bodenschutz, Erosion und Befahrbarkeit nicht anders geht, brauche ich Glyphosat für die Bodenhygiene.“
In Zwischenfruchtbeständen entwickeln sich über den Winter oft viele Arten, die sich mechanisch kaum noch bekämpfen lassen, etwa Durchwuchsraps und Storchschnabel. „Kann ich die vorher nicht ausschalten, stehen sie in den Rüben und ich muss richtige Keulen herausholen.“
Keulen, das sind für Friedrich von Ludowig Mittel, die nicht mehr nur das Keimblatt, sondern die ausgewachsene, wurzelstarke Pflanze bekämpfen müssen. „Das hilft uns in der Wirkstoffdiskussion kein Stück weiter.“
Was tun nach einem Verbot?
Wie reagiert der Betriebsleiter auf ein mögliches Verbot von Glyphosat? „Ich baue mein System nicht auf diesem einen Wirkstoff auf. Für mich ist er ein Hilfsmittel.“ Mehr mechanische Bearbeitung ist in seinem Betrieb kaum möglich. „Über Striegeln geht vielleicht noch mehr, aber ich sehe das nicht als erfolgversprechend.“
Die Bodenbearbeitungstechnik „eine für alles“ werde es künftig nicht mehr geben, sind sich Berater und Praktiker einig. Es brauche spezialisierte Technik für bestimmte Arbeitsgänge und Ziele, bei der Bodenbearbeitung wie auch bei modernster Spritztechnik.
Und die werde erst bei Kooperation wirtschaftlich. Friedrich von Ludowig sagt: „Ich würde mir mehr Bereitschaft wünschen, sich zusammenzuschließen. Wenn die fehlt und das Kind in den Brunnen gefallen ist, steht die Industrie mit Patentlösungen von Saatgut und Pflanzenschutz auf der Matte. Dann begeben wir uns in Abhängigkeiten.“
Ackerbohnen in die Fruchtfolge holen
Bleibt die erweiterte Fruchtfolge als Schlüssel für mehr Bodenschutz. Doch die Suche nach neuen Kulturen werde immer schwieriger, sagt Berater Detlev Dölger.
„Bei Ackerbohnen und Erbsen sind fünf beziehungsweise sieben Jahre Pause einzuhalten, für Sojabohnen ist es hier zu kalt und die Lupinen passen nur auf reine Sandböden.“ In diesem Jahr wagt sich von Ludowig zum ersten Mal an den Anbau von Ackerbohnen.
Altes Wissen wiederbeleben
„Wir müssen die alten Tugenden intelligent mit dem heutigen Know-how kombinieren. Dabei dürfen wir uns nicht nur auf die Chemie verlassen“, betont von Ludowig. Wichtig ist, genau hinzusehen.
„Es ist einfacher, mit hohen Kosten gute Erträge zu produzieren. Weniger zu tun, benötigt mehr Beobachtung und Wissen. Draußen am Acker fällt die Entscheidung, nicht am Schreibtisch.“ In diesem Satz verdichtet Friedrich von Ludowig das, was ihn antreibt. „Danach sehen wir, wie wir das ökonomisch schlank umsetzen.“