Das ist ein Artikel vom Top-Thema:

Allgemeines

Resistenzen nahmen zu und der Wurzelbohrer wanderte weiter

am Freitag, 18.12.2009 - 09:30 (Jetzt kommentieren)

München - Im Januar wurde die EU-Pflanzenschutznovelle verabschiedet. Unterschiedlichste Informationen verunsicherten die Anbauer: Anfangs hieß es, dass ein Großteil an Mitteln künftig wegfallen wird.

Mittlerweile wird nicht ganz so heiß gegessen wie anfangs gekocht wurde. Zulassungen werden auslaufen, was teilweise noch bis 2018 dauern kann. Davon betroffen sind knapp 20 Wirkstoffe, die den so genannten CMR-Kriterien unterliegen, also Krebs erregend, Erbgut verändernd, Fortpflanzung gefährdend, hormonell wirksam oder schwer abbaubar sind. Unterm Strich geht es vielleicht um fünf bis sieben Prozent aller zugelassenen Wirkstoffe. Aber: Für ein erfolgreiches Resistenzmanagement können sie entscheidend sein.

Probleme gibt es vor allem beim Wirkstoffwechsel: Schränkt sich die Zahl vor allem wichtiger Herbizide, Fungizide oder Insektizide ein, steigt die Gefahr zunehmender Resistenzen. Die EU-Beschlüsse zum Thema Pflanzenschutz sollen aber auch behördliche Erleichterungen mit sich bringen, vor allem bei der Zulassung. So müssen die EU-Länder die Mittel in drei EU-Zonen gegenseitig anerkennen. Die Ausschlusskriterien besagen auch, dass Präparate künftig nach ihrer grundsätzlichen Gefährlichkeit im Konzentrat beurteilt werden, nicht in der verdünnten Spritzbrühe.

Beizmittel: Verbot kam schnell, Aufarbeitung dauerte lang

Das Bienensterben wurde durch Stäube ausgelöst, die bei der Maissaat freigesetzt wurden. Das Verbot für sämtliche insektizide Beizen in Mais kam schnell – mit der Aufarbeitung und Wiederzulassung ließ sich das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit lange Zeit. Immerhin, gerade noch rechtzeitig zur Saat 2009 war Mesurol wieder beizfähig; Chlothianidin-haltige Mittel sind es bis heute nicht. Umstritten ist beim Bienensterben vor allem noch Guttationswasser der Pflanzen, von dem die Bienen trinken. Dazu laufen weitere Versuche.

Mittlerweile sind die Auflagen für die Maissaat mit pneumatischen Geräten verschärft: Wer gebeizten Mais legen will, muss seit vergangenem Jahr eine umgerüstete Sämaschine verwenden. Hofbeizung mit Mesurol ist nicht mehr zulässig.

Resistenzen: Wirkverluste bei Herbiziden verschärfen sich

Die Resistenzsituation bei den Herbiziden verschärft sich weiter. Besonders bei Ackerfuchsschwanz und Windhalm nehmen befallene Flächen zu, die sich mit chemischen Mitteln nicht oder kaum noch in den Griff bekommen lassen. Drei Regionen sind davon besonders betroffen: Die schleswig-holsteinischen Küstenmarschen, der westfälische Haarstrang und die Baar in Baden-Württemberg. Ein Schwerpunkt zeichnet sich bei ACCase- und ALS-Hemmern wie Ralon Super, Topik, Axial, Lexus und Attribut ab. Eine vielgliedrige Fruchtfolge mit möglichst mehr als einem Drittel Sommerungen und daraus resultierendem Wirkstoffwechsel stellen die Hauptwerkzeuge dar, um Resistenzen einzudämmen.

Pyrethroide: Rapserdfloh und -glanzkäfer entwickelten erste Resistenzen

Bei den Fungiziden zeigt sich seit mehreren Jahren zunehmende Resistenz von Septoria Blattdürre gegen Strobilurine. Für wirksames Resistenzmanagement sind ausreichend hoch dosierte Azolmischungen in Kombination mit Prochloraz- und Boscalid-haltigen Fungiziden angezeigt. Bei den Insektiziden zeigen sich ebenfalls immer stärkere Wirkverluste, etwa gegen Pyrethroide. Beim Rapsglanzkäfer sind sie flächendeckend in ganz Deutschland zu finden. Durch Kreuzresistenzen werden Minderwirkungen auch bei Pyrethroiden der Klasse I beobachtet, vor allem in Schleswig-Holstein. Mit dem Rapserdfloh ist ein weiterer Schädling resistent gegen Pyrethroide. Das ist 2009 im westlichen Mecklenburg-Vorpommern nachgewiesen.

Wurzelbohrer: Schädling dringt weiter vor

Der Westliche Maiswurzelbohrer Diabrotica hat sich 2009 in Mitteleuropa immer mehr breit. In Deutschland oder auch in Frankreich wird er zahlreich eingeschleppt. Nach wie vor gibt es in Deutschland zwei Befallsregionen: Am Oberrhein bei Freiburg und bei Passau in Ostbayern. In Baden-Württemberg konnte 2007 ein starker Befallsherd am Bodensee ausgerottet werden, seitdem konzentrieren sich die Käferfunde entlang des Rheins und der Autobahn A 5. Hier blieben 2008 noch 77 Käfer in den Fallen, 2009 waren es insgesamt 218. Mittlerweile setzt die Landesregierung – wie auch im Vorjahr schon in Bayern praktiziert – auf eine Eingrenzungsstrategie. Nur in neuen Befallszonen wird versucht, den Schädling auszurotten.

Ostbayern: Neues Monitoring nimmt befallene Gebiete unter die Lupe 

In Ostbayern stellt sich die Situation anders dar: Zwar wurden mit 100 Käfern weniger als halb so viele wie 2008 gefunden. Das hängt aber auch mit dem geänderten Monitoring zusammen, denn im abgelaufenen Jahr wurde erstmals die gesamte Region rasterförmig beobachtet. Vorher standen die Fallen nur in Befallsgebieten – dort ist prinzipiell mit einer höheren Zahl an Funden zu rechnen. Die neue Strategie soll die Ausbreitung befallener Gebiete genau im Auge behalten. So zeigt sich trotz geringerer Zahl gefundener Käfer, dass sich das Befallsgebiet langsam entlang von Donau und Autobahn Richtung Nordwesten ausdehnt. 2009 wurden in Regensburg erste Funde festgestellt.

Bislang keine Alternativen zum Ende der Beizung

In den osteuropäischen Nachbarländern greift die Eingrenzungsstrategie. Vor allem in Polen und Tschechien haben sich die befallenen Gebiete kaum ausgedehnt. In der Schweiz ist man dank eines konsequenten Fruchtfolgewechsels auch ohne chemische Bekämpfung erfolgreich. In der italienischen Lombardei hingegen wurde offenbar zu lange mit der Bekämpfung gewartet. Seit die Beizung wie in Deutschland verboten ist, wurden keinerlei alternative Strategien verfolgt. Bei gleichbleibend hohem Fruchtfolgeanteil haben Experten teilweise bis zu 30 Käfer pro Pflanze gefunden, das sind 2,5 Millionen pro Hektar.

 

{BILD:113732:jpg}

Klaus Strotmann
Redakteur dlz-agrarmagazin

www.dlz-agrarmagazin.de/

 

 



{BILD:113731:jpg}

Karl Bockholt
Redakteur dlz-agrarmagazin

www.dlz-agrarmagazin.de/

 

 



  • Ausblick: So wird 2010
    Lesen Sie auch unseren Ausblick, in dem über ein Dutzend Experten aus allen Bereichen der Landwirtschaft versuchen wird, einen Blick in die Zukunft zu werfen und eine Prognose zum kommenden Jahr zu wagen. mehr...

 

Kommentare

agrarheute.comKommentare werden geladen. Bitte kurz warten...