Das ist ein Artikel vom Top-Thema:

Trotz Regen können Landwirte nicht aufatmen: Dürre hat Europa im Griff

Trockener Boden
Portrait Peter Laufmann
Peter Laufmann, agrarheute
am Montag, 26.06.2023 - 14:00 (2 Kommentare)

Die letzten Tage hat es immer wieder geregnet. Doch von Normalität kann keine Rede sein. Gut 50 Prozent Europas leiden unter Wassermangel. Für Landwirte ist es ein bedrohliches Jahr. Das zeigt der europaweite Dürremonitor und darum sollte er Angst machen.

Die Gewitter und der zum Teil ergiebige Regen täuscht: Deutschland ist längst nicht aus der Phase der Trockenheit heraus. Es scheint, als sei Dürre zum dauernden Begleiter der Landwirtschaft geworden. Und das nicht nur hierzulande. Europa leidet unter Wassermangel. Laut EDO, dem European Drought Observatory, sind 37,3 Prozent Europas in „warning conditions“ wegen eines dauernden Niederschlagdefizits und 10,2 Prozent in „alert conditions“, bei der Pflanzen deutlich unter Trockenstress stehen.

Zu wenig Niederschlag in Deutschland

Die schweren Gewitter am 22. und 23. Juni haben mitunter zu Überschwemmungen geführt. Der Deutsche Wetterdienst meldete, dass etwa in Sassendorf in Nordrhein-Westfalen 102 Liter pro Quadratmeter gefallen sind, in Gelsenkirchen 95 und in Dortmund 94. Anderswo kamen ebenfalls mehr als 50 Liter pro Quadratmeter zusammen.

Das sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es zum einen Mangel gab. So sind im Mai nur 45 Liter Regen gefallen. Üblich sollten 71 Liter pro Quadratmeter sein. Im Juni sollten es 85 Liter sein. Bis zum letzten Drittel des Monats regnete es in vielen Regionen gar nicht. Gegen Ende des Juni sind die Regenmengen zum anderen schnell heruntergekommen und zum Teil einfach abgeflossen. Die Böden konnten das Wasser gar nicht so schnell aufnehmen.

Im Frühling viel Regen, Landwirte hatten Probleme bei der Saat

Nach einem relativ trockenen Winter war das Frühjahr 2023 sehr feucht. So gilt der April als der niederschlagsreichste April seit 2008. Insgesamt regnete es im Frühjahr 2023 rund 200 Liter pro Quadratmeter. Zum Teil verzögerte sich die Aussaat.

Ab Mai verschärfte sich die Dürre in den Ackerkulturen

Mit dem Mai kam die Trockenheit. In einigen Landesteilen hat es wochenlang gar nicht geregnet. Der Dürremonitor des Deutschen Wetterdienstes färbt sich zusehends rot. Insbesondere tiefere Bodenschichten sind ausgetrocknet. Und es sieht nicht nach Besserung aus. Meteorologen warnen vor einer Verschärfung der Lage. Deutschland verliert immer mehr seines Wassers. Es müsste 1,5 Jahre lang durchregnen, um das Defizit auszugleichen, so der Hydrologe Dieter Borchardt im ZDF.

Europas Dürremonitor zeigt Probleme für Landwirte

Dürrekarte Europa

Deutschland ist nicht allein mit dem Wassermangel. Der trifft nahezu ganz Europa. Die Iberische Halbinsel ist besonders betroffen. Und damit auch die Landwirtschaft, die ein Großteil des europäischen Obstes und Gemüses produziert. Auch Italien hat mit Dürre und dazu mit Überschwemmungen zu kämpfen.

Frankreich erlebt ebenfalls einen zunehmenden Verteilungskampf ums Wasser. Landwirte streiten mit Naturschützern, ob sie Wasser sammeln dürfen. Und nicht nur Südeuropa ist betroffen. Der europaweite Dürremonitor zeigt Wassermangel auf den Britischen Inseln, dem Baltikum bis nach Skandinavien an.

Klimakrise trifft Europa besonders hart

Schon im vergangenen Jahr war die Dürre allgegenwärtig. Und die schlimmste seit wenigstens 500 Jahren. Wasserrationierung ist mittlerweile selbst in Regionen ein Thema, in denen man vor ein paar Jahren sich im Überfluss glaubte.

Das Europäische Parlament warnte Anfang Juni 2023 vor einer Wasserkrise in Europa. Und Wissenschaftler sehen eine große Wahrscheinlichkeit, dass 2023 eine ausgeprägtere Dürre als 2022 zeigt. Das wäre dann das sechste Dürrejahr in Folge. Hintergrund ist die Klimakrise. Global gesehen, ist diesen Juni das 1,5-Grad-Ziel gerissen worden. Aber Europa hat sich noch stärker erwärmt: 2,2 Grad mehr als in vorindustrieller Zeit ist es mittlerweile warm.

Global wird 2023 ein Jahr der Wetterkapriolen

Das Jahr 2023 scheint ohnehin ein Jahr der Wetteranomalien zu sein. Einschließlich der Folgen. Hitzewellen trafen im Frühling bereits Süd- und Südostasien. Im Juni Europa, Mexiko und Teile der USA. Schon gibt es weltweit Meldungen über niedrigere Ernten. Hinzu kommen Waldbrände in Kanada. Und ein bislang nie gemessener Anstieg der Meerestemperatur.

Kommentare

agrarheute.comKommentare werden geladen. Bitte kurz warten...