Traditionell waren die chemischen Beizen das Nonplusultra, um das Korn vor Fraßfeinden, Pilzen oder bodenbürtigen Krankheiten zu schützen. Der Wegfall chemischer Wirkstoffe und neue Auflagen halten nun neue Herausforderungen parat. Darauf hat auch die Industrie reagiert: Heute kommen zu den klassischen chemischen Beizen zahlreiche alternative Beizverfahren hinzu.
Das können elektronische Beizen
Ein physikalisches Verfahren zum Schutz vor Krankheitserregern ist die Elektronenbeizung. Hierbei werden in einer Kathode Elektronen erzeugt und mithilfe eines Elektronenbeschleunigers gezielt auf das Saatgut gelenkt. Beim Aufprall auf die Samenoberfläche setzen die Elektronen Energie frei. Das lässt Bakterien und Pilzsporen auf der Oberfläche absterben.
Gefahren für Anwender oder die Umwelt sind nicht bekannt, da keine zusätzlichen Stoffe in den Boden gelangen. Durch die rein physikalische Behandlung ist das Saatgut auch für den Ökolandbau zugelassen. Preislich liegt es auf einem ähnlichen Niveau wie herkömmlich gebeiztes Getreide.
Es gibt aber auch Nachteile: Als Schutz gegen den Flugbrand eignet sie sich nicht. Grund dafür ist, dass der Flugbranderreger unterhalb der Kornoberfläche sitzt. Auch gegen Fusarien und andere bodenbürtige Erreger und Fraßschädlinge hilft das Verfahren nicht.
Das können biologische und bakterielle Beizen
Der Einsatz von Bakterien und biozid wirkenden Naturstoffen als Beizmittel ist im Ökolandbau schon länger verbreitet. In Zeiten wegfallender chemischer Wirkstoffe können sie auch eine Option für konventionell wirtschaftende Betriebe sein.
Die beiden Getreidebeizen Cedomon und Cerall enthalten etwa das Bakterium Pseudomonas chloraphis. Die Bakterien sollen Krankheitserreger und Pilze auf der Kornoberfläche abtöten und ihre Ausbreitung so verhindern. Einsetzen lassen sie sich unter anderem gegen Steinbrand, Fusarien und Spelzenbräune. Auch für Raps und Mais sind bakterielle Lösungen auf dem Markt. Ferner ist im Getreide noch das Mittel Tillecur zugelassen, dass auf Gelbsenfmehl basiert.
Nachteil der biologischen Mittel ist aber, dass sie nur befallsmindernd wirken.
Mikronährstoffbeizen gegen Nährstoffmangel
Auch Biostimulanzien und Nährstoffe erweitern mittlerweile die Palette der Beizmittel. Nach Herstellerangaben lassen sich dadurch kurzfristige Nährstoffmängel verhindern und Düngebilanzen entlasten. Der Effekt der Schädlingsbekämpfung tritt hier in den Hintergrund.
Prof. Dr. Günter Neumann von der Universität Hohenheim beschäftigt sich schon lange mit den Effekten von Nährstoffen und Biostimulanzien auf Saatgut. Er sieht vor allem in Mikronährstoffbeizen Potenzial.
Pflanzen benötigen häufig nur winzige Mengen an Zink, Mangan oder Eisen. Mikronährstoffe helfen der Pflanze, Schutzsubstanzen gegen Krankheitserreger und abiotischen Stress zu bilden. Sie unterstützen die Wurzelentwicklung besonders unter Stress.
Wirken Makronährstoffbeizen?
Anders sieht es bei Makronährstoffen wie Phosphat oder Stickstoff aus. „Bei den geringen Mengen, die über die Beizung verabreicht werden können und dem hohen Bedarf der Pflanze ist kein wesentlicher Beitrag zur Nährstoffversorgung zu erwarten“, sagt Neumann dazu.
In Versuchen der Landesbetriebe Landwirtschaft Hessen und der norddeutschen Landwirtschaftskammern ließen sich bei zwei untersuchten phosphorhaltigen Nährstoffbeizprodukten keine Ertragseffekte feststellen.
Fazit: Kosten und Nutzen abwägen
In Zukunft könnten vor allem die Elektronenbeize und andere physikalische Verfahren interessant werden, trotz Einschränkungen. Bei den anderen Spezialbeizmitteln lohnt es sich, Kosten und Nutzen abzuwägen. Oft kann eine robuste Sorte genauso hilfreich sein.
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