Französische Rübenanbauer können wohl auch dieses Jahr Saatgut verwenden, das mit den insektiziden Wirkstoffen der Neonicotinoide gebeizt ist. Das zeigt eine öffentliche Konsultation. Demnach will die Regierung den Einsatz von Imidacloprid oder Thiamethoxam für 120 Tage genehmigen. Auch Glyphosat soll weiter erlaubt sein, wenn keine Alternativen vorhanden sind.
Durch Blattläuse übertragene Viröse Vergilbung zu ertragsrelevant
Laut französischem Landirtschaftsministerium hat ein begleitendes Kontrollgremium, das für Notfallzulassungen zuständig ist, einer erneuten Ausnahme vom Neonicotinoid-Verbot zugestimmt. Schließlich könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich 2022 erneut Blattläuse stark verbreiten und wieder die gefährliche Viröse Vergilbung übertragen.
Sie sorgt für deutliche gesenkte Rübenerträge, so das Staatliche Forschungsinstitut für Landwirtschaft, Lebensmittel und Umwelt (INRAE) und das Fachinstitut für Rübenanbau (ITB). Beide fürchten ohne Neonikotinoide Beizen heftigen Folgen für einen Großteil der Rübenfläche.
Neue Auflagen für Neonicotinoide in Frankreich geplant
Kritik an der Absicht der Regierung übten der französische Imkerbund (UNAF) und die Umweltorganisation Générations Futures. Beide stimmten im begleitenden Kontrollgremium gegen die erneute Notfallzulassung. Sie fordern nun, die Auflagen zum Schutz der Umwelt zu verschärfen.
So habe zum Beispiel Belgien den Anbau von für Bestäuber attraktiven Kulturen auf den jeweiligen Flächen erst ab dem fünften Jahr nach dem Einsatz der neonicotinoiden Wirkstoffe erlaubt; in Frankreich sei derzeit eine Pause von zwei Jahren vorgesehen.
Unverantwortlich sei nach Ansicht der Imker, den Anbau von Soja- und Speisebohnen bereits im folgenden Jahr zu gestatten. Diese Kulturen seien für Bestäuberinsekten attraktiv und sollten daher so spät wie möglich nach dem Einsatz der neonicotinoiden Wirkstoffe erlaubt werden.
Ohne Alternativen auch kein Verbot von Glyphosat in Frankreich
In Frankreich hat sich die Regierung überdies zu einem möglichen Verbot von Glyphosat positioniert. Landwirtschaftsminister Julien Denormandie erklärte in der Nationalversammlung, dass nur Einsätze verboten werden sollen, für die es wirtschaftlich tragfähige und ökologisch sinnvolle Alternativen gebe. Wissenschaft und Vernunft gehörten wieder in den Mittelpunkt der Debatte.
Zu Glyphosat sendete Paris schon länger widersprüchliche Zeichen. 2017 stimmte Frankreich gegen die EU-Wiederzulassung. Danach kündigte Staatspräsident Emmanuel Macron an, Glyphosat nach spätestens drei Jahren zu verbieten. 2018 wurde der Ausstieg aber aus dem Gesetz zur Stärkung der Erzeuger gestrichen. 2019 rückte Macron von seinem Zeitplan ab.
Im Dezember 2020 räumte er sein Scheitern ein. Veränderungen seien EU-weit nötig. Nationale Alleingänge verzerrten den Wettbewerb und schadeten der heimischen Landwirtschaft.
Ende 2022 entscheidet die EU über die Wiederzulassung von Glyphoat
Ende 2022 steht die Entscheidung über die Wiederzulassung des Wirkstoffs in der EU an. Frankreich gehört zu den vier berichterstattenden Mitgliedstaaten der Bewertungsgruppe für Glyphosat (AGG). Diese hatte im Juni 2021 eine Stellungnahme vorgelegt, nach der das Gefahrenpotential von Glyphosat hinsichtlich der Kanzerogenität und Reproduktionstoxizität sowie der Mutagenität von Keimzellen nicht neu eingestuft werden muss.
Seit Januar 2022 hat Frankreich den Vorsitz im EU-Rat übernommen. Als eine der Prioritäten hat Paris die Senkung des Pflanzenschutzaufwands benannt. Das soll den agrarökologischen Wandel mit Nachdruck vorantreiben, ohne dabei jedoch die Ernährungssouveränität aus den Augen zu verlieren.
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