Den Antrag auf eine Notfallzulassung für die Saatgutbeizung mit Cruiser 600 FS hat das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) abgelehnt. Die Wirtschaftliche Vereinigung Zucker (WVZ) hatte den Antrag für das kommende Jahr erst vor wenigen Tagen gestellt.
Das BVL begründete seine Entscheidung auf Anfrage von agrarheute mit dem Hinweis, im Gegensatz zum vorigen Jahr zeigten die aktuellen Prognosen der Pflanzenschutzdienste der Länder, dass in der kommenden Saison nicht mit einer Notfallsituation zu rechnen sei. Blattläuse, die Vergilbungsviren übertragen, seien in diesem Jahr in geringerem Umfang aufgetreten, so das BVL. Das sei, neben der Notfallzulassung im Jahr 2020/21, durch die die Ausbreitung der Viren eingedämmt werden konnte, insbesondere auf Witterungseinflüsse zurückzuführen.
Sollten im Anbaujahr 2022 dennoch örtlich begrenzt vermehrt Blattläuse auftreten, sei nicht auszuschließen, dass Notfallzulassungen für lokale Spritzanwendungen mit anderen Wirkstoffen beantragt würden, erläuterte das BVL.
Rübenanbauer stehen erst einmal machtlos da
Somit verfügen Rübenanbauer nach aktuellem Stand für das kommende Jahr über keine wirksame Option, Blattläuse als Überträger der virösen Vergilbung sicher zu bekämpfen. Treten im Frühjahr 2022 erneut virusübertragende Blattläuse verstärkt auf, sind Industrie und Anbauer vergleichsweise machtlos. Sie müssten dann hoffen, kurzfristig noch regional begrenzte Notfallzulassungen für den Einsatz anderer Wirkstoffe zu erhalten.
Zwar wird mit Nachdruck nach allen möglichen Alternativen gesucht. Doch bisher sind Neonics als Saatgutbeizung die naheligendste Lösung, die Zuckerrüben vor den gefährlichen Viren zu schützen.
Schwierige Situation im Pflanzenschutz in Rüben
Die Lage im Pflanzenschutz bedroht den Rübenanbau zunehmend. Immer mehr Wirkstoffe verschwinden schrittweise vom Markt, ohne dass wirkliche Alternativen verfügbar sind. Deswegen müssen die Möglichkeiten der Zuckerwirtschaft, alternative Bekämpfungsmöglichkeiten gegen Krankheiten und Schädlinge zu entwickeln, deutlich verbessert werden.
Dazu ist zum Beispiel ein rechtlicher Rahmen nötig, der die Anwendung neuer Züchtungsmethoden erlaubt. Die bieten großes Potenzial, Kulturpflanzen schneller als mit klassischen Züchtungsmethoden an Stressfaktoren anzupassen und damit den Zuckerrübenanbau resilienter und über die Einsparung von Pflanzenschutzmitteln nachhaltiger zu gestalten.
Alternativen gegen Blattläuse und Viren fehlen bisher
Die Wirtschaftliche Vereinigung Zucker fordert dazu zum Beispiel einen rechtlichen Rahmen, der neue Züchtungsmethoden erlaubt. Sie böten Potenzial, Ackerkulturen schneller als mit klassischen Methoden an Stress anzupassen. So lasse sich der Rübenanbau resilienter machen, um letztlich Pflanzenschutzmittel einzusparen.
Sicher ist: Wenn sich Rüben nicht mehr ausreichend vor Ertragsverlusten schützen lassen, werden sich hiesige Anbauer künftig dagegen entscheiden. Ein Beitrag für die Vielfalt in der Fruchtfolge auf dem Acker geht damit verloren. Die Erzeugung von regionalem Zucker wäre bedroht. Importe aus Drittstaaten mit geringeren Sozial- und Umweltstandards würden dagegen zunehmen.
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