Frankreichs Rübenanbauer sollen 2021 wieder Neonicotinoide einsetzen dürfen. Das haben die Abgebordneten der Pariser Nationalversammlung beschlossen. Der Senat muss noch zustimmen.
Frankreich wäre damit das zwölfte Nachbarland in der EU, das die Insektizide per Notfallzulassung wieder erlaubt. Zudem zahlen einige Mitgliedsstaaten, darunter etwa Polen, ihren Rübenanbauern auch noch gekoppelte Flächenprämien.
Die französischen Anbauerverbände machen mächtig Druck: Aufgrund der massiven Schäden durch Blattläuse und Vergilbung sei die Zuckerproduktion im größten Rübenland der EU bedroht. Vor 100 Mio. Euro Schäden und Ernteverlusten von 30 Prozent warnte der Verband der Rübenerzeuger (CGB). Die Statistiker des Agrarministeriums schätzten zuletzt einen Ernterückgang gegenüber dem Vorjahr von gut 15 Prozent.
Deutschland beharrt auf EU-Recht
Unterdessen schäumt die deutsche Rübenbranche, weil Deutschland auf dem EU-Recht beharrt und bislang keine Notfallgenehmigung erteilen will. Der Hauptgeschäftsführer der Wirtschaftlichen Vereinigung Zucker (WVZ), Günter Tissen, sieht die zeitweise Zulassung von Mitteln als notwendigen Schritt, um das Aus für viele heimische Rübenanbauer zu verhindern. Einen entsprechenden Antrag hat sein Verband gestellt.
Zwar werde intensiv an Alternativen in Pflanzenschutz und Züchtung geforscht, doch mit marktreifen Lösungen sei erst in einigen Jahren zu rechnen. Die Neonicotinoide seien bis dahin die einzige Option gegen Vergilbungsviren.
Macrons Hintertürchen
Für mich ist das Gezerre um die Neonicotinoide ein Paradebeispiel, wie sich im Zweifel doch jeder EU-Mitgliedsstaat am nächsten ist. Wohlgemerkt, es geht hier nicht mal im Ansatz um eine fachliche Abwägung zwischen Risiken und Chancen von Wirkstoffen. Es ist allein ein Politikum.
Da hatten sich die Franzosen 2018 in Brüssel besonders für das Verbot der Neonicotinoide stark gemacht. Premier Macron ist groß im Versprechen von EU-weiten Streichungen. Wohl wissend, dass vor seiner Tür eine starke Agrarlobby steht, die dort gerne auch mal Gülle auskippt. Ein Schelm, wer denkt, dass er sein Hintertürchen für die französischen Bauern längst offen hatte, als er in Brüssel als Streicher auftrat.
Neonicotinoide: Geld in Frankreich und Verbot in Deutschland
Jetzt sollen unsere rübenanbauenden Nachbarn jedenfalls richtig Unterstützung erhalten: 20 Mio. Euro für Forschung an Alternativen, mehr Beratung und Neonicotinoide bis 2023. Reduzierte Aufwandmengen und 4.000 ha neuen Blühstreifen nehmen die Rübenanbauer da gern in Kauf.
Die deutschen Rübenanbauer schauen indes in die Röhre. Ringsum wird das Neonics-Verbot durch Notfallzulassungen ausgehöhlt. Nur Deutschland hält sich strikt ans EU-Recht. Wenn die Länder dann auch noch Flächenprämien zahlen, ist die Wettbewerbsverzerrung unübersehbar. Klar, dass polnischer Zucker dann viel billiger auf den Markt schwappt als der deutsche Ladenhüter.
Gleiche Verhältnisse im gemeinsamen Markt
Es müssen dringend gleiche Verhältnisse in unserem gemeinsamen Markt herrschen. Das heißt: Klar definierte und befristete Ausnahmegenehmigungen müssen jenseits und diesseits von Rhein und Oder gelten.
Die deutschen Zulassungsbehörden müssen sich um den Antrag auf Notfallzulassung schleunigst kümmern und es muss endlich mehr Geld in die Forschung an Mitteln, Sorten und ganz neuen Fruchtfolgen fließen. Sonst droht vielen Betrieben das Aus.
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