Neonicotinoide, kurz Neonics, sind seit 2018 in der EU nicht mehr erlaubt. Trotz des EU-Verbots gab es vergangenes Jahr Notfallzulassungen. Die soll es auch 2022 geben. Die Wirtschaftliche Vereinigung Zucker (WVZ) hat sie beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) für Thiamethoxam in Rüben beantragt, einem Wirkstoff aus der Gruppe der Neonicotinoide.
„Wir haben das wieder beantragt, weil es immer noch keine Alternative gibt“, sagt eine Sprecherin des Verbands zur Tageszeitung taz. Das bestätigte nach Angaben der Zeitung der Verband Süddeutscher Zuckerrübenanbauer (VSZ).
Die Anbauer argumentieren damit, dass viele Mitbewerber im EU-Ausland ebenfalls Saatgut mit Neonicotinoiden säen. Weil Zuckerrüben vor der Blüte abgeerntet werden, würden sie nicht von Bienen angeflogen und seien deshalb für sie nicht gefährlich.
Vergangenes Jahr durfte viele Rübenanbauer in den Vertragsgebieten der Zuckerfabriken mit Neonics gebeiztes Saatgut aussäen. In sieben Bundesländern war das von Januar bis April 2021 auf insgesamt 126.900 ha erlaubt. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) erteilte die Notfallzulassung für die Thiamethoxam-haltige Beize Cruiser 600 FS von Syngenta.
Notfallzulassung zu großflächig genutzt?
Dass die Notfallzulassung zu großflächig genutzt wurde, kritisieren laut NDR nun die Grünen im Landtag von Niedersachsen. Mit Neonics gebeiztes Saatgut wurde laut dortigem Ministerium auf fast 19.000 ha gesät. Das seien rund 19 Prozent der gesamten rund 100.000 ha Anbaufläche für Zuckerrüben in dem Bundesland.
Die Auswertung zu möglichen Verstößen ist laut Ministerium aber aktuell noch unvollständig. Sicher aber ist: Anbauer, die sich nicht an die vorgeschriebenen Auflagen halten, begehen eine Ordnungswidrigkeit. Ihnen droht ein Bußgeld oder sogar ein Abzug bei den EU-Direktzahlungen.
Notfalleinsätze: Diese Verstöße wurden in Niedersachsen gemeldet
Bei Kontrollen hätten sich nach den Medienberichten viele Verstöße gegen geltende Auflagen beim Einsatz des mit Neonics behandeltem Saatgut gezeigt.
- So sei in rund einem Drittel der Fälle am Feldrand kein Streifen von 45 cm ohne gebeizte Saat eingehalten worden,
- Zudem hätten in vielen Fällen auch blühende Unkrautpflanzen zwischen den Rüben gestanden. Das könne dazu führen, dass Bienen geschädigt werden.
Nicht verwunderlich: Die Auflage, die Anbauflächen von blühendem Unkraut komplett freizuhalten ist fast nicht möglich zu erfüllen. Sicher ist: Gibt es keine Notfallzulassung, müssen bei Problemen statt der Beize insektizide Pflanzenschutzmittel gespritzt werden.
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