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Derbrüssler

Pflanzenschutzverbot: 4.000 ha Rüben in Österreich vernichtet

Der Rübenderbrüssler sorgt in Österreich für massive Verluste. Jetzt sind neonicotinoide Beizen verboten worden.
am Samstag, 17.06.2023 - 05:30 (7 Kommentare)

In Österreich müssen Rübenanbauer tatenlos zusehen, wie tausende Hektar Rüben vom Derbrüssler zerstört werden. Eine Beize ist nicht mehr erlaubt.

Seit diesem Jahr sind EU-weit auch Notfallzulassungen für Neonicotinoide als Rübenbeizen verboten. Damit gibt es gegen einige Rübenschädlinge keine wirkungsvollen Bekämpfungsmöglichkeiten mehr. In Österreich hat das Verbot aktuell zu Massenvermehrungen des Rübenderbrüsslers geführt – und zu massiven Schäden.

Mehr als 10 Prozent der Rübenfläche umbrochen

Rund 4.000 der 38.000 ha Rüben in Österreich waren in diesem Frühjahr so stark durch den Derbrüssler geschädigt, dass sie umgebrochen werden mussten.

Nach Schätzungen des österreichischen Anbauerverbands wurden rund 2.500 bis 3.000 ha erneut mit Rüben bestellt. Allerdings sei auch dieser Nachbau vom Rüsselkäfer bedroht.

Doppelt so groß wie der Umbruch seien die durch Fraß geschädigten Flächen, berichtet Markus Schöberl, Direktor der österreichischen Rübenbauern gegenüber agrarheute. Auf diesen Rübenflächen mussten mehrere Insektizidbehandlungen durchgeführt und einzelne Reihen oder Bereiche nachgesät werden.

Derbrüssler vernichtet den Jahreskonsum an Zucker der Stadt Wien

Hebert Hager, Rübenanbauer aus dem niederösterreichischen Auersthal, erklärt im ORF die Konsequenzen des Beizverbots und die Folgen der nötigen Flächenspritzung: „Wir müssen die gesamte Fläche behandeln, obwohl der Käfer nur punktuell auftritt. Und dabei wissen wir nicht, wann der Käfer aktiv ist und wann er sich in den Bodenröhren zurückzieht. Es ist nicht erklärbar, warum ein Mittel verboten wurde, das über Notfallzulassungen erlaubt war. Jetzt stehen wir ohne Werkzeuge da.“ Anlockversuche mit Pheromonfallen waren wenig erfolgreich.

Von den kahlgefressenen Flächen hätten mindestens 60.000 t Zucker erzeugt werden können, schätzt Rübendirektor Markus Schöberl. Das entspreche dem Jahreskonsum der Hauptstadt Wien.

Feuchte Witterung bremst die Entwicklung des Derbrüsslers

Dabei waren die Startbedingungen für die Rübe in diesem Frühjahr noch gut. Der europäische Zuckermarkt gibt positive Preissignale und die ergiebigen Niederschläge lieferten auch in Österreich gute Startbedingungen für die Anbausaison.

Aktuell sei die Gefahr durch den Derbrüssler noch nicht gebannt, weil der Schädling nach wie vor fresse, warnt der Rübenanbauerverband. Derzeit ist der Käfer in der Paarungsphase. Jedes Weibchen legt bis zu 200 Eier im Boden ab.

Zwar bremse die weiterhin feuchte Witterung die Ausbreitung der Population, sagt Markus Schöberl, „weil aufgrund der Feuchtigkeit Bodenpilze die Larven nach der Eiablage parasitieren und vernichten können.“

Für Ernst Karpfinger, Präsident der Vereinigung „Die Rübenbauern“, ist die Lage noch nicht entspannt. „Auch wenn wir dieses Jahr wegen des Wetters über die Runden kommen, was ist nächstes Jahr, vor allem, wenn das Wetter nicht so mitspielt. Der Käfer zieht sich jetzt zurück in den Boden. Wenn von den 200 Eiern nur die Hälfte durchkommt, haben wir nächstes Jahr das Problem hundertfach.“

In Deutschland bislang nur vereinzelte Funde des Rübenschädlings

In Deutschland gibt es bislang nur vereinzelt im Osten Funde des Derbrüsslers. „Über Bekämpfungsmaßnahmen ist uns nichts bekannt“, sagt Christian Lang, Geschäftsführer beim Verband der Hessisch-Pfälzischen Zuckerrübenanbauer e.V.

Stärkere Vermehrungen seien bisher hierzulande noch nicht beobachtet worden. Lang bestätigt jedoch, dass die Neonicotinoide bislang eine gute Möglichkeit gewesen seien, den Käfer zu bekämpfen. Mit dem Verbot werde die Vermehrung wieder stärker möglich sein.

Mit Material von Markus Schöberl, Christian Lang, ORF

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