Weil auch bestehende Gasverträge keine Gewähr dafür bieten, dass Unternehmen ohne Schwierigkeiten durch die Krise kommen, bereiten sich auch die Zuckerkonzerne auf alle denkbaren Szenarien vor. Dazu zählt auch eine ausgeprägte Mangelsituation an Gas schon im Januar 2023.
Wie agrarheute von Rübenanbauern erfahren hat, planen einige Unternehmen, die diesjährige Rübenkampagne früher starten zu lassen, zumindest dort, wo die Fabriken knappes Gas benötigen. Dort soll sie möglichst sogar noch im laufenden Jahr 2022 zu Ende gehen.
Darum werden frühe Termine für den Kampagnestart angepeilt
Wo die Zuckerfabriken von Kohle und Öl auf Erdgas umgestiegen sind, treffen die Konzerne Vorsorge so gut es geht. Oberste Priorität bleibt sicher, alle Rüben zu verarbeiten. Dafür müssen die Zuckerrüben aber früher in die Fabriken.
- Südzucker hat auf Anfrage von agrarheute mitgeteilt, dass noch keine finalen Termine für den Start der Rübenkampagne 2022 festgelegt sind.
- Pfeifer & Langen (P&L) plant derzeit grob rund um Mitte September. Dort werden „in Abhängigkeit von der Ertragsentwicklung die genauen Startpunkte Ende August/Anfang September“ festgelegt. Das Werk im nordrhein-westfälischen Lage, Kreis Lippe, zum Beispiel startet dem Vernehmen nach bereits am 8. September 2022. Dort soll die Kampagne um mindestens 14 Tage verkürzt werden.
- Nordzucker hat heute die Termine der Kampagne 2022 veröffentlicht. In Niedersachsen liefern Rodegemeinschaften ab 8. September Biorüben ans Werk Schladen und ab 13. September konventionelle Zuckerrüben nach Nordstemmen. Start der Rübenabfuhr Schladen: 1. September, Clauen und Uelzen: 10. September, Klein Wanzleben: 12. September 2022,
- Consun Beet Company (ehemals Suiker Unie) hat den Anfuhrbeginn auf den 13. September 2022 festgelegt.
Darum ist im Trockenjahr ein früher Kampagnestart schwierig
Dabei sind die ausgeprägte Trockenheit und Hitze mit einem frühen Start der Rübenernte nur schwer unter einen Hut zu bringen. Im schlimmsten Fall werden daher Rübenströme umgeleitet. Die Rode- und Abfuhrgemeinschaften müssen dann zwangsläufig umdisponieren. In Lage etwa könnten die Mengenströme so umorganisiert werden, dass nach Könnern oder Appeldorn geliefert werden muss.
Um eine hohe Rübenverarbeitung zu gewährleisten, müssen die Abfuhrgemeinschaften zu den Fabriken mit Gasknappheit die Mengen kompensieren, die an andere Werke abgegeben werden. Das wird Druck erzeugen, sowohl bei der Verfügbarkeit der Flächen als auch bei der Abfahrt der Mieten.
Auf jeden Fall müssten dafür wohl die Frühlieferprämien angehoben werden. Im Werk Lage sollen sie dem Vernehmen nach sogar verdoppelt werden, um frühe Anlieferungen angemessen zu bezahlen. Insgesamt müssen die Fabriken die Lieferprämien dem Niveau der Rübenpreise besser anpassen.
Diese knapp 20 Zuckerfabriken gehören in Deutschland vier Konzernen
In Deutschland gibt es drei große Zuckerkonzerne mit knapp 20 Werken.
- Südzucker mit den Fabriken Ochsenfurt, Offenau, Offstein, Plattling, Rain, Wabern, Zeitz;
- Pfeifer & Langen (P&L) mit den Werken Appeldorn, Euskirchen, Jülich Könnern, Lage;
- Nordzucker mit den Werken Clauen, Nordstemmen, Schladen, Uelzen, Klein Wanzleben; sowie die
- Consun Beet Company (ehemals Suiker Unie), Niederlande, mit einem Werk in Anklam.
Zuvor waren viele Zuckerfabriken genossenschaftlich organisiert. Das galt beispielsweise für Jülich, ehemals Westzucker, 2007 von P&L übernommen. Überdies ist etwa Südzucker im Juli der Renewable Carbon Initiative beigetreten. Damit will der Konzern erneuerbaren Kohlenstoff aus Biomasse, Kohlenstoffdioxid und Recycling nutzen, um dem Thema nachhaltige Landwirtschaft mit einer Industrie ohne fossilen Kohlenstoff näher zu kommen. Sicher ist: Die Krisensituation mit dem eklatanten Mangel an Gas auch in Zuckerfabriken wird sich nur solidarisch meistern lassen.
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