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Zwischenfrüchte im Flug

Drei Ackerbauern testen Aussaat per Drohne - und sind überrascht

Landwirt Hendrik Rühmkorf
am Samstag, 29.07.2023 - 05:00 (1 Kommentar)

Kein Bodenschluss, ungleiche Saatgut-Verteilung auf der Fläche, unbekannter Aufwand bzw. hohe Kosten - die Aussaat einer Zwischenfruchtmischung per Agrar-Drohne ist mit einigen Vorurteilen behaftet. Diese drei Landwirte wollten es genau wissen. Sie testeten die Flugsaat.

Henrik Rühmkorf führt vor allem den „deutlichen Vegetationsvorteil“ als Pluspunkt der Flugsaat mit der Drohne ins Feld. Auf seinem 98-ha-Ackerbaubetrieb mit 75 ha Börde- und 23 ha Sandböden setzt er auf eine Fruchtfolge aus Getreidevermehrung von Weizen und Hafer, weiter auf Raps, Rüben und Mais für eine benachbarte Biogasanlage. Die Vorerntesaat der Zwischenfruchtmischung per Drohne vor der eigenen Getreideernte hat er vergangenes Jahr erstmals ausprobiert. „Sie brachte gerade bei der letztjährigen Trockenheit einen zeitlichen Vorsprung, der kaum zu bezahlen war“, so der 42-Jährige.

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Landwirt davon ausgegangen, dass kaum etwas aufläuft

Wegen der enormen Dürre 2022 war er davon ausgegangen, dass von seiner Mischung Mais ProTR30 der Marke TerraLife von DSV mit rund einem Viertel Leguminosen, knapp 10 Prozent Kreuzblütlern sowie Sonnenblumen, Felderbsen, Öllein, Perser- und Weißklee, Phacelia, Tiefenrettich, Wicken, Abessinischem Kohl, Sorghum und Ramtillkraut mit einer Saatmenge von 28 kg/ha „kaum etwas aufläuft“, doch weit gefehlt. 

„Bis auf die feinsämigen Kleearten wuchs 2022 ein gleichmäßiger Bestand heran“, sagt der Ackerbauer. „Während die örtliche Öffentlichkeit besonders an den Sonnenblumen ihre Freude hatte, wunderte ich mich über den Erfolg der erstmals ausprobierten Flugsaat.“

Auf rund 18 ha Weizenfläche hat Rühmkorf die Zwischenfruchtmischung wenige Tage vor dem Drusch aussäen lassen. „Dafür bin ich die Flächen mit dem Drohnenpiloten abgefahren. Er hat bei dieser Tour Fixpunkte im Handy gespeichert, die Schläge markiert und die Navigationsdaten anschließend in die Drohne eingespeist.“ So wusste das Gerät, wo es hinfliegen musste.

Akkukapazität der Agrar-Drohne zu knapp

Bei 7,50 m Arbeitsbreite war die Bestellung „in wenigen Stunden“ als Vorerntesaat fertig. „Einzig die Akkus der beladenen Drohne waren schnell aufgebraucht“, sagt Rühmkorf. Sie mussten fast nach jedem Hektar mit einem Generator am Feldrand schnell wieder aufgeladen werden. „Allerdings war der 20. Juli 2022 bei uns auch der wärmste Tag des Jahres.“

„Unter dem Strich hat alles gut geklappt“, so der Niedersachse. Dabei müsse allerdings „die Strohverteilung beim Drusch so gut sein, dass sie die Erde und die Saat komplett bedeckt und der Boden nicht austrocknet“, denn die per Drohne gesäte Zwischenfrucht hat keinen guten Bodenschluss und muss die Feuchte unter dem Stroh nutzen. Das heißt: Hinter dem Mähdrescher dürfen keine Strohhaufen liegen.

Früher zweimal gegrubbert und spät ausgesät

Der Ackerbauer war davon beeindruckt, wie gut die Zwischenfruchtmischung trotz ausbleibenden Regens etwa vier Wochen später auflief. „Das Auslaufgetreide wurde nicht zum Problem“, so Rühmkorf, „außer vielleicht dort, wo das Güllefass gedreht hatte.“

Wo der Landwirt früher zweimal gegrubbert und dann „vergleichsweise spät“ konventionell Zwischenfrüchte gesät hat, setzt er jetzt auf die Drohne. Dafür zahlt er rund 35 Euro/ha inklusive Mehrwertsteuer für die Flugsaat und nutzt den Zeitvorteil fürs Wachstum. Rühm-korf hofft, dass das auch 2023 wieder so erfolgreich klappt. 

Für Ackerbauer Manfred Sayer war die Flugsaat zunächst fixe Idee

Ackerbauer Manfred Sayer

Am Anfang war alles nur eine fixe Idee. Manfred Sayer hatte einen Zeitschriftenartikel über die Aussaat mit der Drohne gelesen und seine Neugierde war mal wieder geweckt. Immerhin probiert der Ackerbauer aus Baden-Württemberg gerne Neues aus, um zu sehen, ob sich die innovative Technik oder das besondere Verfahren auch für seinen Betrieb lohnen. In Bezug auf die Drohnensaat hat er nach einem Testlauf im vergangenen Jahr heute eine klare Meinung, aber der Reihe nach.

Landwirt will Bodenbearbeitung auf ein Minimum reduzieren

Auf seinem 54 ha großen Ackerbaubetrieb südwestlich von Heilbronn hat es der 50-Jährige mit verschiedenen Bodenbeschaffenheiten zu tun, „von gut bis sandig ist alles dabei“. Im Schnitt ist in seiner Region mit 500 bis 700 l Niederschlag pro Jahr und Quadratmeter zu rechnen, wobei die Trockenheit im letzten Sommer auch seinen Flächen zu schaffen gemacht hat. 

Umso wichtiger ist es dem Landwirt, die Bodenbearbeitung auf ein Minimum zu reduzieren. Bereits seit 15 Jahren setzt Sayer auf pfluglosen Ackerbau mit Mulchsaat und Schleppschar. „Der Boden ist mittlerweile viel lockerer, feine Krümel, keine Bollen, alles geht leichter und die Regenwürmer werden immer mehr.“

Ein leistungsfähiger Boden mit guter Krümelstruktur, der viel Wasser speichern kann, ist das Ziel des Landwirts. Bis dato erledigte Sayer jegliche Aussaat mit seinem Köckerling-Kreiselgrubber. Bis er im Juli 2022 die Drohnensaat auf immerhin 2 ha Testfläche ausprobierte.

Mit dem Mähdrescher über die Saat und Stroh liegengelassen

„Ich hab’ mir gedacht, wenn’s nix wird, muss ich eben nachsäen“, erzählt Sayer. Bei neuen Projekten müsse man immer flexibel bleiben. „Das war aber nicht notwendig.“ Die Zwischenfruchtmischung wurde vor dem Drusch per Drohne über seinem Weizenbestand ausgebracht. „Kurz darauf bin ich dann für die Ernte mit dem Mähdrescher drüber gefahren, hab’ das Stroh auf der Fläche liegen lassen und fertig.“ 

Anfang September folgte dann endlich viel Regen und die Zwischenfrüchte kamen nacheinander wie gewünscht hoch. Gedüngt wurde nicht. Bei Bedarf bringt der Landwirt Substrat aus seiner Biogasanlage aus. Im Frühjahr hat Sayer die Fläche gemulcht, bevor nun die Maisaussaat folgt. Die Ganzpflanzensilage landet dann wiederum in seiner Biogasanlage. „Alles wie immer“, sagt Sayer.

Ackerbauer vor allem von Zeitersparnis überzeugt

„Das Ergebnis der Zwischenfrucht ist genau das Gleiche wie mit meinem Köckerling-Kreiselgrubber, aber das Ganze geht viel schneller“, erzählt der Landwirt. „In 15 Minuten war die Sache erledigt.“ Für den Ackerbauern ein klarer Vorteil gegenüber seinem bisherigen Vorgehen. Außerdem spart sich Sayer die Überfahrten mit Schlepper und Grubber. Das ist Grund genug für ihn, um die Fläche für die Drohnensaat für diese Saison um das Dreifache zu vergrößern.

Im kommenden Juli will Sayer die Drohne nun über 6,5 ha fliegen lassen - wieder mit einer vielfältigen Zwischenfruchtmischung. Empfehlen kann er die Aussaat per Drohne im jedem Fall. „Im Prinzip ist das für jeden was, der bereit dazu ist, mindestens aber für ähnliche Betriebe wie meinen“, sagt Wolfgang Sayer. Seine Neugierde hat sich in jedem Fall mal wieder richtig bewährt. 

Landwirt Werner Heck gegen Erosion und Trockenheit - mit Flugsaat

Landwirt Werner Heck

„Wenn ich so über meinen Acker laufe, sehe ich viele Wurmlöcher“, sagt Werner Heck. „Ich glaube, mein Boden ist gut.“ Das soll auch unbedingt so bleiben, wünscht sich der 63-jährige Landwirt aus Billigheim. Vor allem Trockenheit und Erosion machen ihm Sorgen. Deshalb möchte er den Wasserhaushalt auf seinen Flächen schützen und den Boden für Extremwetterereignisse wappnen. In diesen Plan passt die Aussaat einer Zwischenfrucht per Drohne ideal.

200 ha Ackerland bewirtschaftet Werner Heck, Dazu kommen 50 ha Grünland. Außerdem sind 100 Bullen im Maststall zu versorgen. Auf seinem Standort in der Nähe von Heilbronn hat es der Landwirt vorwiegend mit hügeligen, schweren und tonigen Böden und rund 600 - 700 l pro Quadratmeter Niederschlag im Jahr zu tun, wobei der Regen 2022 sehr ungleich auf die Monate verteilt war, sodass es lange Trockenperioden gab. Um diese gut zu überstehen, will der Ackerbauer weiter an der Wasserspeicherkapazität seines Bodens arbeiten.

Erste Versuch, per Drohne auszusäen, gescheitert

Der Pflug steht bei Werner Heck schon lange in der Scheune und kommt nur sehr selten zum Einsatz. Stattdessen setzt er auf Leichtgrubber und Mulch- beziehungsweise Direktsaat. Günstiger kommt ihm bei der Zwischenfrucht aber eine Aussaat per Drohne. Eine Fläche von 5 ha ließ er vergangenes Jahr überfliegen. An Bord: verschiedene Saatgutmischungen aus Klee, Weidelgras, Erbse und Leguminosen.

Der erste Versuch erfolgte Ende April. Weil nach der Flugsaat jedoch zu wenig Regen kam, sind die Keimlinge an der Oberfläche vertrocknet. Ein zweiter Versuch zwei Wochen vor der Weizenernte war dagegen erfolgreich. „Ich bin danach mit dem Strohstriegel drüber und habe so Bodenkontakt hergestellt. Das war gut.“

Andauernde Hitze sorgte für Bauchschmerzen

Die Beschattung in den ersten Wochen und darauffolgend viel Licht waren ideal für die Pflanzen. Die andauernde Hitze zwischendurch sorgte bei Heck zwar zeitweise für Bauchschmerzen. Anfang September kam dann aber endlich viel Regen und schnell standen die Zwischenfrüchte dicht.

Im Januar fand Heck eine etwa 60 bis 70 cm hohe Begrünung vor, die er mit Messerwalze und Strohstriegel zerkleinerte. „Das ist alles sauber abgefroren.“ Dann lockerte er das Ganze mit dem Leichtgrubber auf für die Aussaat von Sommergerste und Zuckerrüben.

Landwirt vor allem wegen geringerer Kosten überzeugt

In diesem Jahr lässt Werner Heck bereits eine Fläche von 40 ha per Drohne ansäen. Die Zwischenfruchtmischung soll mit Wicke und verschiedenen Kleearten sowie Tiefwurzlern noch diverser werden. „Die Verteilung des Saatguts durch die Drohne passt. Ich kann das jedem empfehlen“, sagt der Landwirt. Ihn überzeugt vor allem die Kosteneinsparung. „Ich habe jetzt ungefähr 35 Euro/ha bezahlt. Die Drohne schafft etwa 4 bis 5 ha/h.“

Den Weg der Bodenschonung hat Werner Heck bereits vor 30 Jahren eingeschlagen. Normalerweise arbeitet er mit einer Kreiselegge-Sämaschine, lässt sich aber gerne auf Neues ein. „Ich bin auf jeden Fall neugierig und versuchsfreudig“, gibt der Landwirt zu. „Mein Motto ist: Wenn man nichts riskiert, gewinnt man auch nichts.“ 

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