Das ist ein Artikel vom Top-Thema:

Reinsaat versus Mischung

Zwischenfrucht-Mischungen: Neue Studie zu Pflanzenwurzeln verblüfft

zwischenfruechte-mischungen-wurzeln-versuch-durchwurzelung
am Freitag, 08.09.2023 - 06:00 (3 Kommentare)

Führen Mischungen aus mehreren Zwischenfrüchten immer zu einer intensiveren Durchwurzelung des Bodens? Eine aktuelle Studie der Universitäten Bonn, Kassel und Göttingen findet dafür kaum Belege.

Zwischenfrüchte verhindern Bodenabtrag und Erosion sowie das Auswaschen von Nährstoffen wie Nitrat. Sie verdrängen Unkraut und stabilisieren mit ihren Wurzeln das Bodengefüge. Bislang nahm man weithin an, dass Mischungen aus mehreren verschiedenen Zwischenfrüchten zu einer besonders intensiven Durchwurzelung führen.

Eine aktuelle Studie der Universitäten Bonn, Kassel und Göttingen findet dafür jedoch nur bedingt Belege. Stattdessen bilden die Mischungen demnach dünnere Wurzeln, als wenn nur eine einzelne Zwischenfrucht-Art angebaut wird. Die Studie ist in der Zeitschrift „Plant and Soil“ erschienen.

Auch interessant: Wie ein Landwirt mit Zwischenfrüchten das Wasser im Boden hält

Diese Zwischenfrucht-Mischungen wurden in der Studie getestet

Die Forscher haben für ihre Studie folgende Zwischenfrüchte getestet:

Die Pflanzen wurden entweder einzeln oder als Mischung ausgesät. Im Spätherbst untersuchten sie dann die Durchwurzelung des Bodens in unterschiedlichen Tiefen. 

„Das Ergebnis hat uns überrascht“, sagt Roman Kemper vom Institut für Nutzpflanzenwissenschaften und Ressourcenschutz (INRES) der Universität Bonn. „Einzeln ausgesät zeigten vor allem Ölrettich und Grünroggen positive Effekte. Dabei wurzelte Grünroggen vorzugsweise in oberen Schichten, Ölrettich dagegen deutlich tiefer.“

Dieses Ergebnis zur Durchwurzelung verblüfft

Doch was passiert, wenn Ölrettich und Grünroggen gemeinsam gesät werden? Erstaunlicherweise erhöhte sich dadurch die Wurzelmasse in allen Bodenschichten zusammengenommen nicht. Zwar fiel die Durchwurzelung im Unterboden durch den Tiefwurzler Ölrettich in den Mischungen stärker aus als in Reinsaaten. Gleichzeitig waren die Wurzeln in den Mischungen aber deutlich dünner, so dass ihre Masse insgesamt nicht zunahm.

Das Ergebnis ist unerwartet. Es dokumentiert, wie wenig die Interaktionen von Pflanzenwurzeln bislang verstanden sind. Dabei sind Zwischenfrüchte für den Ackerbau immens wichtig. Viele der positiven Effekte hängen maßgeblich davon ab, wie gut sie den Ackerboden durchwurzeln. Bislang war eben die Annahme verbreitet, "dass Zwischenfrucht-Mischungen das Bodenprofil intensiver durchwurzeln als Zwischenfrucht-Reinsaaten aus einer einzigen Pflanzenart“, so Kemper.

Mit Zwischenfrucht-Mischungen nicht mehr Masse an Pflanzenwurzeln

Die Idee dahinter: Wenn die Wurzeln mehrerer gleichzeitig ausgesäter Arten in Konkurrenz treten, trägt das zur sogenannten Nischendifferenzierung bei. Manche Zwischenfrüchte durchwurzeln dann verstärkt obere Bodenschichten, andere dagegen suchen ihr Heil in der Tiefe.

„Insgesamt sollte sich bei Mischungen daher die Durchwurzelung über das gesamte Bodenprofil erhöhen“, sagt Kemper. „In Agroforstsystemen, in denen neben typischen landwirtschaftlichen Nutzpflanzen auch Bäume angepflanzt werden, tritt dieser Effekt tatsächlich auf. Bei den Zwischenfrüchten auf unseren Feldern konnten wir ihn jedoch nicht nachweisen“, so Kemper. 

Jede Wurzel unter der Lupe gesäubert

Die Ergebnisse zeigen, wie wenig bisher über das Wurzelwachstum von Pflanzenmischungen bekannt ist. Das dürfte auch daran liegen, dass seine Erforschung immens aufwändig ist. So mussten für die Studie Hunderte von Bodenproben entnommen werden. Sie wurden gewaschen, gesiebt und kleinste Verunreinigungen der zum Teil nur wenige Zehntel Millimeter dicken Wurzeln mit der Pinzette entfernt. Jede Wurzel wurde dann gescannt, getrocknet und gewogen.

Die mühevolle Arbeit sei ihren Aufwand wert, so die Forscher. „Bislang sind die Prozesse bei der Durchwurzelung unserer Kulturpflanzen erst in Ansätzen erforscht“, so Kemper. „Hier gibt es daher noch jede Menge Neues zu entdecken.“  An der Studie waren die Unis Bonn, Kassel und Göttingen beteiligt, gefördert durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft.

Mit Material von INRES
Das agrarheute Magazin Die digitale Ausgabe Oktober 2023
agrarheute_magazin_composing

Direktsaat: So sät ein Junglandwirt Raps, Weizen und Zwischenfrüchte

Kommentare

agrarheute.comKommentare werden geladen. Bitte kurz warten...