Mit 50 haben die meisten ihre ganz wilden Jahre hinter sich. Ich weiß, wovon ich rede. Vor 30 Jahren war ein Urlaub für mich nur akzeptabel, wenn er mit der Kraxe auf dem Rücken und dem Daumen im Wind stattfand. Essen gab’s aus der Dose und geschlafen wurde im Zelt auf einer dünnen Isomatte. Heute weiß ich durchaus ein gutes Restaurant und ein Bett mit einer ordentlichen Matratze zu schätzen. Und mein Reisegepäck darf längst Rollen haben und – statt auf meinem Rücken zu thronen – brav wie ein Familienhund neben mir herlaufen. Man wird halt bequemer und luxusorientierter im Alter.
Die wilden Anfänge von Greenpeace

Das gilt nicht nur für Menschen. Auch so manche Organisation kommt irgendwann in die Jahre. Das muss nichts Schlechtes sein, Alter kann auch Reife und Weisheit bedeuten. Aber es kann eben auch dazu führen, dass man die eigenen heeren Jugendziele aus den Augen verliert und es sich im (einst geschmähten) Establishment bequem macht.
Nehmen wir Greenpeace, das Flagschiff der internationalen Umweltbewegung, das dieser Tage 50 Jahre alt wird. Am 15. September 1971 schipperten ein paar unerschrockene Aktivisten in einem grün gestrichenen Fischerboot zu den Aleuten, um dort gegen US-Atomtests zu protestieren. Das war mutig und erregte weltweite Aufmerksamkeit. Und es war der Beginn von Greenpeace.
Ziel: Immer in den Fokus der Öffentlichkeit
Über die Jahre wuchs die Organisation, die Aktionen wurden größer, richteten sich gegen Ölkonzerne ebenso wie gegen Chemieunternehmen, Waffenproduzenten oder ganze Regierungen. Greenpeace – das waren eindeutig die Guten, die unsere Welt retten wollten.
Dass dabei aus dem alten Fischerboot irgendwann eine „Rainbow Warrior“ geworden war, zeigte nur, dass die Umweltretter auch immer mehr Unterstützer fanden.
Und immer ging es vor allem um öffentliche Aufmerksamkeit für die jeweilige Kampagne. Dass Greenpeace dabei erfolgreich war, lässt sich nicht bestreiten. Nicht unbedingt mit der jeweils spektakulären Aktion selbst, aber die Menschen wurden sensibilisiert für bestimmte Themen. Und darum ging es den Aktivisten schließlich.
Vom Kampf zur Effekthascherei

Was allerdings in den letzten Jahren um Greenpeace geschieht, deutet auf eine bedenkliche Umwandlung von engagierten Kämpfern zu effekthaschenden Campaignern hin.
Man erinnere sich an die Bruchlandung eines motorisierten Gleitschirmfliegers mit Greenpeace-Logo im Münchner Olympiastadion, im Juni dieses Jahres zur Fußball-EM. Die Aktion, die aufsehenerregender nicht hätte sein können, endete mit zwei verletzten Unbeteiligten und trug der Organisation wenig Sympathien ein.
Angesichts der öffentlichen Kritik versprach Greenpeace lückenlose Aufklärung – und blieb selbige der Öffentlichkeit bis heute schuldig. Stattdessen entschuldigte man sich schriftlich bei seinen Unterstützern. Das legt den Verdacht nahe, dass es der NGO nicht um Läuterung hinsichtlich gefährdender Aktionen ging, sondern nur ums liebe Geld. Wer will schon seine Spender verprellen.
Es geht um viel Geld bei Greenpeace Deutschland
Schließlich dreht es sich dabei um erheblich Summen. Das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) schrieb vor wenigen Wochen, dass die deutsche Abteilung von Greenpeace im vergangenen Jahr Einnahmen von gut 80 Mio. Euro verzeichnet hat.
Das Geld kam laut statista.com zum größten Teil (51,2 Mio. Euro) aus Kleinspenden unter 100 Euro. Den zweitgrößten Posten (13 Mio. Euro) machten Spenden zwischen 100 und 500 Euro aus und knappe 10 Mio. kamen aus Erbschaften. Greenpeace profitiert also überwiegend vom Wunsch der Deutschen, etwas für die Umwelt zu tun – und von der Vorstellung, das bequem mit Geld oder Petitionsunterschriften durch andere erledigen zu lassen.
Von diesem Ablasshandel profitiert Greenpeace Deutschland wie keine andere Umweltorganisation – und auch wie keine andere nationale Greenpeace-Gruppierung. Der Deutschlandableger ist der größte weltweit. Um diese Mühle am Laufen zu halten, gehört Klappern eben zum Handwerk – notfalls auch hart am Rande der Legalität, wie Aktionen wie die versenkten Granitbrocken vor Rügen oder die gestohlenen Autoschlüssel bei VW eindrücklich beweisen.
Klotzen, nicht kleckern
Apropos Handwerk. In der SWR-Sendereihe „Handwerkskunst“ konnte der geneigte Zuschauer 2020 verfolgen, wie ein großer Heißluftballon entsteht. Auftraggeber: ein niederländischer Geschäftsmann. So hieß es im Film, doch der Ballon mit dem Greenpeace-Schriftzug und einer aufwändigen Erdball-Optik ist im niederländischen Ballonregister unter der NGO eingetragen.
Letztendlich ist es aber einerlei, ob Greenpeace der Eigentümer ist oder nur Werbefläche auf der edlen Ballonhülle bezahlt: Das Luftfahrzeug ist alles andere als ein günstiges Mittel zum Zweck. Die Reportage enthüllt: Alles daran entstand in wochenlanger Handarbeit, die Ballonhülle (selbstverständlich mit genähtem und nicht nur mit aufgedrucktem Motiv), der maßgeschneiderte Brenner, der handgeflochtene Korb.
Ein einfacher Ballon dieses Herstellers, hieß es im Beitrag, koste mindestens 45.000 Euro. Das Modell mit der Greenpeace-Weltkugel sei allerdings teurer. Was die Auftraggeber für den Ballon tatsächlich hinlegen mussten, wird – ganz anders als sonst in der Sendereihe – nicht offenbart. Der Zuschauer ahnt aber: Knauserig war man nicht bei der Bestellung.
Der Verein Greenpeace Deutschland hat nur 40 Mitglieder
Diese Geschichte ist symptomatisch. Längst greift die Organisation tief in die gut gefüllte Tasche bei ihren Aktionen. Man möchte es ja nicht nur groß, sondern auch hübsch haben.
Dieses Selbstverständnis dominiert seit Jahren die Greenpeace-Aktionen. Wie viel vom Spendenaufkommen in Luxuswerbemaßnahmen und teure Verwaltung fließt, kann man nur ahnen. Allein in Deutschland hat Greenpeace laut RND um die 250 Mitarbeiter und logiert mit seinen Büros in der Hamburger Hafen City an feinster Adresse.
Dem gegenüber stehen übrigens deutschlandweit nur sage und schreibe 40 echte Mitglieder im Verein. Alle anderen, die sich engagieren und das sicher vielerorts voller Überzeugung und ohne fette Kohle tun, seien nur nicht stimmberechtigte Förderer, schreibt RND. Nach Graswurzelbewegung und den mutigen Anfängen klingt das schon lange nicht mehr.
Willkommen im Establishment!
Greenpeace protestiert zwar auch heute noch gegen (ausgesuchte, weil medienwirksame) Großkonzerne, ist aber im Grunde längst selber einer geworden. Statt echter Umweltarbeit dominiert Eigenwerbung. Ob das immer im Sinne der vielen Tausend kleinen Unterstützer ist, darf bezweifelt werden.
Aber zum Glück verlangt das wohlige Gefühl, mit seiner Spende etwas für die Umwelt getan zu haben, nicht unbedingt die Auseinandersetzung damit, was mit dem Geld geschieht.
Für die Leitung von Greenpeace Deutschland ist das ein Freifahrschein, sich auch weiterhin unter den immer mehr werdenden Umweltorganisationen und -bewegungen wie der reiche Onkel aus Amerika zu gebärden. Irgendwie muss man sich schließlich abheben, wenn die Themen, die man besetzt, längst von anderen besser vertreten werden.
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