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Haushaltswoche im Bundestag

Schwarz-grüne Allianz: Bund darf Agrarförderung nicht kaputtsparen

Finanzminister Lindner, Wirtschaftsminister Habeck und Kanzler Scholz im Bundestag
am Mittwoch, 06.09.2023 - 11:45 (Jetzt kommentieren)

Sowohl grüne als auch CDU/CSU-Agrarminister machen sich in Protestbriefen gegen Einschnitte in der Agrarförderung stark.

Die geplanten drastischen Einsparungen in der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) mit dem Agrarhaushalt 2024 lösen in den Ländern höchsten Alarm aus. 

Vor der ersten Lesung des Haushalts erhielt Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) jetzt breite Rückendeckung aus den Bundesländern, um im parlamentarischen Verfahren doch noch gegen die Einsparungen anzukämpfen. 

Die vorgesehenen Mittelstreichungen führten dazu, dass Vertrauen in die Verlässlichkeit von Politik verloren gehe, warnten jetzt die grünen Länderagrarminister aus Brandenburg, Hessen und Sachsen, Axel Vogel, Priska Hinz und Wolfram Günther. 

Im August hatten bereits die Minister der unionsgeführten Landesagrarressorts in Bayern, Baden-Württemberg, Berlin, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein in einem Mahnschreiben an Özdemir gegen die Kürzung der GAK-Mittel protestiert.

So viele Millionen an Bundesmittel gehen den Ländern verloren

Einen Tag vor der ersten Lesung des Agrarhaushalts im Bundestag weisen die grünen Ressortchefs in ihrem Brandbrief an die Haushaltspolitiker der Ampel darauf hin, dass ihre Länder teilweise auf mehr als 40 Prozent der bislang geplanten GAK-Mittel verzichten müssten, sollten die Kürzungen umgesetzt werden. 

Nach Berechnungen des Deutschen Bauernverbandes (DBV) werden die Länder beispielsweise Bundesmittel in dieser Höhe verlieren: 

  • Bayern 70 Millionen Euro, 
  • Brandenburg 44 Millionen Euro, 
  • Niedersachsen 43 Millionen Euro, 
  • Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz jeweils 40 Millionen Euro. 

Man wäre gezwungen, ab 2024 in zahlreichen Förderbereichen GAK-Maßnahmen einzuschränken oder zu streichen, heißt es in dem Brief der grünen Agrarminister.

Insektenschutz bleibt auf der Strecke

Beispielsweise könnten in Brandenburg 2024 weder geplante Insektenschutzmaßnahmen finanziert werden noch einige Vorhaben des Vertragsnaturschutzes, die dem Ausgleich von Nutzungseinschränkungen zum Erhalt der Biodiversität dienten. 

Mit scharfer Kritik reagieren die Grünen-Politiker auf die Entscheidung, den Sonderrahmenplan zur Bewältigung der Extremwetterereignisse auslaufen zu lassen: „Angesichts der prekären Lage in unseren Wäldern, die gleichzeitig als CO2-Senke einen unerlässlichen Beitrag zur Erreichung der nationalen Klimaziele beitragen müssen, ist es für uns absolut unverständlich, dass die Mittel nicht verstetigt werden.“

EU-Mittel für die ländliche Entwicklung werden verfallen

Schließlich befürchten die grünen Minister erhebliche Brüche bei der Unterstützung der Daseinsvorsorge und der regionalen Entwicklung. 

Nach Angaben von Vogel und Hinz nutzen Brandenburg und Hessen Geld aus der GAK in erheblichem Umfang zur nationalen Kofinanzierung von Mitteln aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER). Sollten GAK-Mittel nicht zur Verfügung stehen, könnten die ELER-Mittel teilweise nicht in Anspruch genommen werden.

Finanzierung des GAP-Strategieplans schon heute obsolet

Genau das fürchten auch die Agrarminister der sieben unionsgeführten Landesagrarministerien. Als direkte Folge der drastisch reduzierten GAK-Mittel würden die Länder nicht alle EU-Mittel abrufen können, warnen die Ressortchefs. 

Damit wäre die Finanzierung des nationalen Strategieplans zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) hinsichtlich der GAK-Maßnahmen bereits heute obsolet, obwohl die in Brüssel eingereichten Planungen bis 2027 reichten. Sollten die Kürzungen wie im Regierungsentwurf vorgelegt im parlamentarischen Verfahren beschlossen werden, habe dies massive finanzielle Auswirkungen auf die Länder.

Verfassungsrechtliche Grundfeste der Gemeinschaftsaufgabe werden erschüttert

Die Unions-Agrarminister sehen in den geplanten Kürzungen sogar die verfassungsrechtlichen Grundfesten der Gemeinschaftsaufgabe erschüttert. Dies werde noch dadurch verstärkt, dass der Bund verfassungswidrig 150 Millionen Euro aus den GAK-Mitteln für das neue Bundesprogramm Tierwohl herausgelöst habe. 

Die CDU/CSU-Minister fordern Özdemir eindringlich auf, im parlamentarischen Verfahren den Kürzungen entgegenzutreten. Die GAK-Mittel müssten entsprechend den wachsenden Herausforderungen aufgestockt werden, gegebenenfalls auch aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF).

Mit Material von AgE, DBV
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