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Sondertreffen Tierwohl

Agrarminister stellen Plan zum Umbau der Tierhaltung vor

Julia Klöckner, Reinhold Jost und Jochen Borchert
am Donnerstag, 27.08.2020 - 17:48 (Jetzt kommentieren)

Zu einem "Sondertreffen Tierwohl" trafen sich heute die Agrarminister der Bundesländer, Bundesministerin Julia Klöckner und der Leiter des Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung, Jochen Borchert, in der saarländischen Landesvertretung in Berlin. Dabei haben die Bundesländer einstimmig für den Beschluss, die Empfehlungen der Borchert-Kommission umzusetzen, gestimmt. Im nächsten Schritt folgt eine Machbarkeitsstudie. Die Ergebnisse daraus sollen im Frühjahr bei der nächsten Agrarministerkonferenz vorgestellt werden.

Der heutige Beschluss sei von allen Bundesländern mitgetragen worden, eine Protokollerklärung habe es nicht gegeben, erklärte Saarlands Umwelt- und Verbraucherschutzminister Reinhold Jost. Es konnte eine grundsätzliche Verständigung des Bundes und der Länder erzielt werden. 

Nach der eindrucksvollen und nachhaltigen Vorlage von Borcherts Empfehlungen bestünde der nächste Schritt in einer Machbarkeitsstudie und einer Folgenabschätzung, so Jost. Daraus ließe sich ableiten, welche Werkzeuge und Möglichkeiten zur Verfügung stünden. Innerhalb der großen Bandbreite müsse genau untersucht werden, welche Instrumente sich am besten eigneten.

Klöckner: Landwirte werden beim Umbau der Nutztierhaltung begleitet

Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner wies darauf hin, dass nicht der Markt allein die steigenden Verbraucheransprüche ausgleichen werde. Den Landwirten sicherte sie zu, diese bei den Mehrkosten zu begleiten. Unter anderem seien dafür Änderungen im Baugesetzbuch geplant.

Der Umbau der Tierhaltung müsse kurz-, mittel- und langfristig geschehen. Nachdem die Kriterien für eine tiergerechtere Schweinehaltung definiert worden seien, erarbeite die Borchert-Kommission einen vergleichbaren Katalog für die Rinder- und Geflügelhaltung.

Nicht billigere, sondern hochwertigere Fleischprodukte

Fleisch sei in Deutschland in der Regel zu billig, erklärte Klöckner. Lockangebote seien dem Produkt nicht würdig und Fleisch eigne sich nicht als „Ramschware“. Ein Werbeverbot durchzusetzen, sei jedoch mit juristischen Hürden verbunden.

Klöckner zeigte ich überzeugt, dass sich die Tierhaltung in Deutschland verändern werde und die Landwirte in der Folge künftig weniger mit Vorwürfen konfrontiert seien. Die Bundesministerin versprach, den Landwirten bei der Durchsetzung von mehr Tierwohl zur Seite zu stehen. Dazu habe es von den Ländern viel Rückenwind gegeben, nun werde sie sich bei der EU-Agrarministerkonferenz Anfang nächster Woche in Koblenz für mehr Tierwohl auf europäischer Ebene einsetzen.

Borchert „überhaupt nicht frustriert“

Dass Bund und Länder „heute einen großen Schritt weitergekommen“ seien, hob auch der ehemalige Landwirtschaftsminister Jochen Borchert hervor. Bei der heutigen Konferenz habe eine „offene und nach vorne gerichtete Diskussion“ geführt werden können. Jetzt werde im Detail untersucht, wie die Umstellung und das Auffangen der höheren Kosten erfolgen könnten.

Über den zeitlichen Ablauf sei er „überhaupt nicht frustriert“, stellte der Ex-Landwirtschaftsminister klar. Es konnte heute ein „tolles Ergebnis“ erzielt werden, sagte Borchert.

Zufriedenheit über den Zeitplan zeigte auch Saarlands Minister Jost. Dass sich Minister von Bund und Ländern einigen könnten, sei noch vor einem halben Jahr nicht denkbar gewesen. Nach dem im Juli vom Bundestag gefassten Beschluss, die Vorschläge der Borchert-Kommission in Gänze umzusetzen, beweise der heutige Beschluss eine sehr schnelle und beispiellose Entwicklung.

Jetzt hängt alles von der Machbarkeitsstudie ab

Borchert zeigt sich „sehr optimistisch“, dass in den nächsten Monaten Perspektiven für die Landwirte geschaffen werden. Die Tierwohlabgabe als Verbrauchssteuer einzuführen, sei ein klarer Untersuchungsschwerpunkt in der Machbarkeitsstudie. Der vorgeschlagene Aufpreis von 40 Cent pro Kilogramm Fleisch sei von der Kommission nachvollziehbar dargestellt worden – nun hänge es von der Studie ab, ob der Vorschlag umgesetzt werde. Für die Verbraucher sei ein um 40 Cent höherer Preis pro Kilogramm Fleisch nach Borcherts Auffassung aber vertretbar.

Klöckner wies darauf hin, dass die Machbarkeitsstudie auch bewerten werde, ob die Vorschläge der Kommission mit dem Europarecht vereinbar seien. Welche Vorschläge die Studie überprüfen wird, stünde bereits fest. Die Ausschreibung für die Studie befinde sich kurz vor der Fertigstellung. 

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