Das ist ein Artikel vom Top-Thema:

Milchkrise

Agrarministerkonferenz: Die Beschlüsse zur Milch

Agrarministerkonferenz in Rostock
am Freitag, 09.09.2016 - 14:45 (Jetzt kommentieren)

36 Tagesordnungspunkte standen auf der Agenda der Agrarministerkonferenz in Rostock-Warnemünde. Im Zentrum stand die Milch. Diese Beschlüsse wurden dazu gefasst.

Die Herbst-Agrarministerkonferenz von Bund und Ländern ist heute in Rostock-Warnemünde zu Ende gegangen. Diskutiert wurden 36 Tagesordnungspunkte. Die Stimmung war trotz verschiedener Protestaktionen von Landwirten und Molkereien zu jeder Zeit "sachlich und konstruktiv", kommentierte Konferenzvorsitzender und Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaftsminister Dr. Till Backhaus.

Auch über die Verteilung der 116 Millionen Euro, die je zur Hälfte von der EU und dem Bund kommen, wurde diskutiert. Wie Backhaus als Vorsitzender der Agrarministerkonferenz sagte, ist geplant, Landwirte für ein Jahr pro Liter Milch 0,36 Cent zu zahlen, wenn sie ihre Milchproduktion im Vergleich zu einem zurückliegenden Referenzzeitraum nicht ausweiten. Für die Verteilung der Mittel sei ein Gesetzgebungsverfahren nötig, das jetzt auf den Weg gebracht werden solle. Das Geld werde erst Anfang 2017 zur Verfügung stehen. Der Bund plane eine Vorschusszahlung von der Hälfte der beantragten Summe pro Betrieb.

"Wichtig ist zum jetzigen Zeitpunkt, dass wir die Gemeinsame Europäische Agrarpolitik langfristig auf krisensichere Beine stellen. Im Bereich der Marktordnung müssen Instrumente eingebaut werden, um Marktkrisen künftig besser zu meistern und einen Sinkflug der Preise möglichst zu verhindern. Eine wesentliche Stellschraube ist dabei der Artikel 148 der Gemeinsamen Marktordnung, der die Lieferbedingungen regelt. Mit einvernehmlichen Positionen von Bund und Ländern haben wir heute einen wichtigen Schritt getan."

Nach Angaben von Minister Backhaus seien zwar Zeichen einer Erholung des Marktes zu erkennen, überwunden ist die Krise aber noch nicht. Auf der Pressekonferenze räumten die Länderminister auch ein, mögliche Szenarien vor dem Wegfall der Quote nicht komplett durchgespielt zu haben.

Milchkrise: 'Bäuerliche Landwirtschaft' erhalten

Die Konferenzteilnehmer sind sich einig, dass die bäuerliche Milchviehhaltung in Deutschland für eine flächendeckende Landwirtschaft und den Erhalt vitaler ländlicher Räume von besonderer Bedeutung ist. Die Milchviehbetriebe hätten aufgrund niedriger Erzeugerpreise weiterhin erhebliche Verluste zu verzeichnen, der Liquiditätsbedarf besteht weiter fort. Die Länder bitten den Bund daher eindringlich, alle rechtlichen Möglichkeiten zu nutzen, um das Geld aus dem zweiten EU-Hilfspaket kurzfristig auszureichen, Vorschusszahlungen eingeschlossen.

Auch bekräftigte die AMK ihre Forderung an die Wirtschaftsbeteiligten, den Markt durch "umsichtiges Handeln" zu stabilisieren.

  • So sprach sie sich erneut für faire Lieferverträge in der Lebensmittelkette aus.
  • Der Bund soll den Lebensmitteleinzelhandel im Rahmen des Branchendialogs noch stärker in die Verantwortung nehmen.
  • Die AMK hält ferner an der Prüfung einer EU-weiten obligatorischen Mengenreduzierung im Falle schwerer Marktkrisen fest.
  • Zudem wurde der Bund gebeten, die Erschließung neuer Absatzmärkte weiter zu unterstützen.
  • Auch appelliert die AMK an die Bundesregierung, sich für eine Aufhebung des russischen Embargos einzusetzen.

'Milch wird aus dem Markt genommen'

"Mit dem nun startenden ersten Programm wird Milch aus dem Markt genommen", sagte der neue Staatssekretär des BMEL, Hermann Onko Aeikens, im Rahmen der Abschlusspressekonferenz. Nach Sicht des Ministeriums liegt die Lösung der Krise vor allem in den Händen der Marktbeteiligten. Sie müssten zukunftsfähige Marktstrukturen mit einer besseren Angebotssteuerung schaffen.

"Ich sehe hier vor allem die Molkereien in der Pflicht. Die Lieferbeziehungen zu den Bauern brauchen mehr Flexibilität und Anpassungsvermögen. Aufgabe der Politik ist es, die Wirtschaft mit den geeigneten Rahmenbedingungen und Instrumenten bei diesen notwendigen Strukturreformen zu unterstützen", wird Minister Schmidt diesbezüglich vom BMEL zitiert. Mit dem Agrarmarktstrukturgesetz sei dazu bereits ein wichtiges Instrument geschaffen worden.

"Die bäuerliche Landwirtschaft kann sich auf unsere Unterstützung verlassen, denn sie ist unverzichtbar für unser Land" heißt es von Seiten des Ministers weiter. Allein die bis jetzt vereinbarten Liquiditätshilfen summierten sich in Deutschland auf über 340 Millionen Euro:

  • 69,2 Mio. Euro Liquiditätshilfen aus erstem EU-Paket
  • 78 Mio. Euro zusätzliche Entlastung Landwirtschaftliche Unfallversicherung 2016
  • 78 Mio. Euro zusätzliche Entlastung Landwirtschaftliche Unfallversicherung 2017
  • 116 Mio. Euro Liquiditätshilfen aus zweitem EU-Paket plus Aufstockung des Bundes um einhundert Prozent (58 Mio.+ 58 Mio.)

Indem die neuen Hilfen jetzt an eine Mengendisziplin gekoppelt werden und durch die kartellrechtlichen Ausnahmen zu Mengenabsprachen würden Anreize und Instrumente für eine strategische Mengensteuerung geschaffen.

Milcherzeuger sollen an Preisverhandlungen mit LEH teilnehmen

Auch der bayerische Minister Helmut Brunner (CSU) zieht ein positives Fazit der AMK. Ein wichtiges Signal sandten die Länderminister laut Brunner dabei auch an den Lebensmitteleinzelhandel. Auf Initiative Bayerns fordern sie vom Handel, die Milcherzeuger an der beginnenden Preiserholung unmittelbar teilhaben zu lassen. "Die Branchenriesen Aldi, Lidl, Edeka und Rewe müssen ihre laufenden Lieferverträge jetzt rasch zugunsten der Erzeuger nachbessern", erklärt Brunner.

Auf Antrag Bayerns sprachen sich die Länder zudem für effektivere Maßnahmen zur Stabilisierung der Märkte in Krisenzeiten aus. Brunner bedauerte allerdings, dass man sich erneut nicht einigen konnte, die Grundlagen für verpflichtende mengenwirksame Eingriffe auf EU-Ebene zu schaffen.

Einhellige Zustimmung habe es dagegen für den Antrag Bayerns gegeben, das Verbot des Verkaufs von Lebensmitteln unter Einstandspreis dauerhaft gesetzlich zu verankern und zu konkretisieren. "Wertvolle Lebensmittel dürfen nicht einfach verramscht werden", führt Brunner aus.

Meyer: 'Wichtiges Zeichen von Geschlossenheit'

Die Minister bekräftigten in Rostock-Warnemünde die Notwendigkeit einer zeitlich befristeten, entschädigungslosen und europaweiten Milchmengenbegrenzung. "Dieser einstimmige Beschluss ist maßgeblich ein Erfolg der grünen Landwirtschaftsministerinnen und -minister im Bund und ein wichtiges Zeichen der Geschlossenheit", sagte Niedersachsens Agrarminister Christian Meyer, der zugleich Koordinator der grünen Landwirtschaftsminister im Bund ist.

Wie es aus dem niedersächsischen Ministerium weiter heißt, wollen die Länder

  • neben einer stärkeren Risikoabsicherung und
  • einer Besserstellung der Bauern bei Lieferverträgen auch
  • die inhaltliche und rechtliche Ausgestaltung einer entschädigungslosen, europaweiten Mengenbegrenzung

weiter vorantreiben. Im Namen seiner grünen Ressortkollegen sagte Meyer, trotz eines leichten Anstiegs des Milchpreises "befinden sich die Milchbäuerinnen und Milchbauern weiter in einer existenziellen Preiskrise. Wir müssen handeln. Wir brauchen eine zeitlich befristete Reduzierung der Milchmenge - und zwar europaweit."

Meyer sagte, die beiden Hilfspakete seitens der EU in Höhe von je 500 Millionen Euro "können nur ein erster Schritt sein. Das sind aber derzeit nicht mehr als Tröpfchen-Infusionen. Wir benötigen stattdessen wirkliche Krisenhilfe." Es bleibe dabei: "Es gibt zu viel Milch auf dem Markt. Die Menge muss runter, damit der Preis steigen kann. Nur so helfen wir den Milchbauern. Dafür hat die Agrarministerkonferenz in Rostock ein wichtiges Signal gesetzt."

Der niedersächsische Agrarminister wird im kommenden Jahr turnusmäßig den Vorsitz der Agrarministerkonferenz (AMK) übernehmen.

Die Agrarminister der Bundesländer 2020

Kommentare

agrarheute.comKommentare werden geladen. Bitte kurz warten...