Einen „grünen Generalangriff auf die Landwirtschaft“ beklagt der emeritierte Agrarökonom Prof. Michael Schmitz. Die Signale aus Brüssel wie der Green Deal, die Farm-to-Fork- und die Biodiversitätsstrategie mit Reduktionszielen im Pflanzenschutz und der Düngung sowie dem angestrebten Ausbau des Ökolandbaus seien „bedrohlich für die deutsche Land- und Ernährungswirtschaft“, warnt Schmitz in einem aktuellen Positionspapier.
Der Ökonom, der viele Jahre am Institut für Agrarpolitik und Marktforschung der Universität Gießen gelehrt hat, befürchtet eine Verschlechterung der Wettbewerbsfähigkeit der EU-Landwirtschaft. Produktions- und Marktanteile dürften an internationale Konkurrenten verlorengehen, so Schmitz.
Kooperationen und Auktionen statt pauschaler Reduktionsziele
Der Agrarökonom erwartet aufgrund des Green Deals auch keinen Umwelt- und Klimaschutzfortschritte. Bei offenen Handelsgrenzen garantiere eine Reduzierung der Umwelt- und Klimafußabdrücke in der EU keine Verringerung der globalen Fußabdrücke, stellt Prof. Schmitz fest. Derartige Produktionsverlagerungen an emissionsintensivere Standorte außerhalb der EU verschlechterten die globalen Umwelt- und Klimabilanzen und könnten dem Tierwohl schaden.
Der Agrarökonom rät Brüssel, weniger auf strikte Mengenvorgaben zur Begrenzung existenzieller Betriebsmittel zu setzen, sondern auf neue Kooperationsmodelle und Märkte beziehungsweise Auktionen für Umweltleistungen. Daneben sollten Innovationspotenziale durch die Unterstützung technologischer Fortschritte ausgeschöpft werden. Vor allem seien innergemeinschaftliche Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, indem EU-einheitliche Regeln geschaffen werden.
Politik der Bundesregierung benachteiligt die Landwirte zusätzlich
Besondere Nachteile für deutsche Landwirte im EU-Kontext sieht Schmitz vor allem durch verschärfte Auflagen bei der Düngung, die geplante Novelle der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) und den Verzögerungen bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln. Zudem würden in anderen EU-Ländern gekoppelte und damit produktionswirksame Direktzahlungen für ausgewählte Agrarprodukte angewendet, während in Deutschland alle Direktzahlungen entkoppelt seien.
Benachteiligt würden Deutschlands Landwirte darüber hinaus durch die Umsetzung des Aktionsprogramms Insektenschutz mit nochmals verschärften Auflagen für den chemischen Pflanzenschutz und die Empfehlungen des Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung für eine Nutztierhaltungsverordnung, die mit kostentreibenden Auflagen verbunden seien.
Direktzahlungen sind schon seit 2015 an Umweltauflagen gebunden
Schmitz erwartet, dass nach der heftigen Kritik von Umweltverbänden an den aktuellen Beschlüssen zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) nicht nur auf EU-Ebene, sondern auch in Deutschland die Auflagen noch verschärft werden. Insbesondere die flächenbezogenen Direktzahlungen stünden in der Kritik.
Einmal mehr werde gefordert, öffentliche Gelder nur noch für öffentliche Leistungen zu zahlen. Dabei werde aber übersehen, dass dieser Forderung schon lange Rechnung getragen werde, denn schon seit 2005 seien die EU-Direktzahlungen mit 13 Einzelvorschriften an Auflagen in den Bereichen Umweltschutz, Lebensmittelsicherheit, Tier- und Pflanzengesundheit und Tierschutz sowie an den Erhalt der landwirtschaftlichen Nutzfläche in gutem Bewirtschaftungs- und Umweltzustand gebunden.
Vor diesem Hintergrund abwertend von „Green Washing“ der Direktzahlungen zu sprechen, rufe bei den betroffenen Landwirten nur noch Kopfschütteln hervor. Jetzt so zu tun, als würden Umwelt-, Klima- und Tierschutzanliegen erst mit der Einführung der Eco-Schemes Berücksichtigung finden, sei irreführend und unrealistisch.
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