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Nationale Strategiepläne zur GAP

Umsetzung der EU-Agrarreform: Was die EU-Kommission bemängelt

EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski
am Mittwoch, 13.04.2022 - 05:15 (2 Kommentare)

Vor Kurzem hat die EU-Kommission ihre Mitteilungen zur Umsetzung der Agrarreform in EU-Staaten veröffentlicht. Hier ein Überblick.

Anfang April hat ein Großteil der EU-Staaten Mitteilungen aus Brüssel, sogenannte „observation letters“ bekommen. Darin übermittelt die EU-Kommission auf zahlreichen Seiten Verbesserungsvorschläge zur nationalen Umsetzung der EU-Agrarreform.

Während Österreich schon an den Anmerkungen aus Brüssel zur geplanten Umsetzung der Agrarreform arbeitet, müssen sich deutsche Bauern noch in Geduld üben, bis Brüssel sich konkret äußert. Auch in Berlin herrscht Stillschweigen.

Warum hat Deutschland noch keinen offiziellen „observation letter“?

Deutschland hat den Entwurf seines GAP-Strategieplans erst am 21. Februar 2022 der Europäischen Kommission zur Genehmigung vorgelegt. Innerhalb von maximal drei Monaten hat die Kommission nun Zeit, ihre Anmerkungen in dem so genannten „observation letter“ mitzuteilen. Diese Übermittlung müsste also spätestens bis zum 21. Mai 2022 erfolgen. Die Kommission hat angekündigt, alle „observation letters“ zu veröffentlichen.

Gibt es schon inoffizielle Reaktionen aus Brüssel?

Nach Recherchen des Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblatts hat das Bundesagrarministerium erste Reaktionen aus Brüssel erhalten. Wie eine Sprecherin des Ministeriums bestätigte, hat die Kommission dem Ministerium eingeräumt, innerhalb von drei Wochen auf die Ausführungen zu den wesentlichen Elementen des „observation letter“ schriftlich zu reagieren. Über Details will der Bund aber nicht sprechen. Geheimniskrämerei wie bei der Neuausweisung der Roten Gebiete.

Den „observation letter“ will Brüssel dann erst mit der eventuellen Stellungnahme des Mitgliedstaats veröffentlichen. Laut der BMEL-Sprecherin strebt man an, den geänderten GAP-Strategieplan bei der Europäischen Kommission möglichst früh genug vorzulegen, um im Herbst 2022 eine Genehmigung sicherzustellen.

Was sind zu erwartende Nachbesserungen?

Wie aus Österreich, Frankreich oder Italien zu hören ist, moniert die EU-Kommission vor allem konkrete Zielvorgaben für die Verringerung des Einsatzes von Pflanzenschutz- und Düngemitteln sowie von Antibiotika – so wie es die Vorschläge zum Green-Deal vorsehen.

Vor dem EU-Agrarausschuss erklärte Agrarkommissar Janusz Wojciechowski die Mitgliedsländer sollten in den Strategieplänen die Auswirkungen der russischen Invasion in der Ukraine bedenken. So empfiehlt die EU-Kommission, Instrumente zum Risikomanagement zu stärken und auszubauen. Außerdem sollten die Staaten mehr Anstrengungen darauf verwenden, Abhängigkeiten von importierten Betriebsmitteln wie Kraftstoffen, Dünge- und Futtermitteln zu verringern.

Was fordert der Bauernverband an Nachbesserungen?

Der Deutsche Bauernverband (DBV) nutzt die Abstimmungen mit der EU-Kommission, um nochmals einige Verbesserungen über den Umweg Brüssel zu erreichen. Im Wesentlichen sind es folgende Punkte:

  • Bei der Konditionalität (GLÖZ-Standards) fordert der DBV eine praktikable und fachlich ausgerichtete Umsetzung.
  • Öko-Regelungen (Eco Schemes): Wirtschaftlich attraktive Prämien, um Flächenziele zu erreichen. Die vorgesehenen Prämienhöhen sind oftmals deutlich niedriger als in den Agrarumweltprogrammen. Der DBV spricht daher von Umweltdumping.
  • Agrarumweltmaßnahmen: Verdrängung bewährter Maßnahmen vermeiden durch ein kluges und attraktives Zusammenspiel von 1. und 2. Säule.
  • Für Futterbau-, Milchvieh- und Sonderkulturbetriebe sind wirtschaftlich attraktive Förderangebote zu schaffen.
  • Ökolandbaubetriebe dürfen nicht von zahlreichen Fördermaßnahmen ausgeschlossen werden.
  • Bürokratieabbau: Landwirte sind bei Beantragung, Umsetzung und Kontrolle von GAP-Maßnahmen konsequent zu entlasten.

Was passt Brüssel an Frankreichs Strategieplan nicht?

Wie aus der Stellungnahme für das Pariser Landwirtschaftsministerium hervorgeht, betreffen die Hauptkritikpunkte am französischen Plan einen Mangel an Ambitionen und Ergebnisindikatoren im Hinblick auf den Wandel zu nachhaltigeren Produktionsmodellen. Der „ökologische Übergang“ könne nur teilweise begleitet werden, so die Einschätzung der Kommission. Nach ihrer Ansicht sind die Öko-Regelungen als auch die Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen für den Schutz von Wasser und Biodiversität nicht anspruchsvoll genug.

In der Ersten Säule konzentriert sich die Kritik auf die Regelungen zur Fruchtfolge und - wenig überraschend - die Gleichstellung des umstrittenen Siegels für „hohen ökologischen Wert“ (HVE) mit dem Ökolandbau. Unzureichend ist für die Brüsseler Behörde auch die Unterstützung für die Natura 2000-Gebiete. Ausweiten sollte Frankreich nach Ansicht der Kommission Maßnahmen zur Verringerung des Pflanzenschutz- und Düngemittelaufwandes, zur Verbesserung des Tierwohls und zur Reduzierung des Treibhausgasausstoßes.

Wie werten französische Verbände das Kommissionsschreiben?

Der erste Vizepräsident des französischen Bauernverbandes (FNSEA), Arnaud Rousseau, erklärte, es sei zu unterscheiden zwischen regulatorischen Anmerkungen, denen größte Aufmerksamkeit zu schenken sei, und politischen Bemerkungen, die nach Gutdünken der Regierung verworfen werden sollten. Keinesfalls dürften die politischen Diskussionen wieder aufgenommen werden, betonte Rousseau.

Die Verbändeplattform „Für eine andere GAP“ („Pour une autre PAC“) wertete die Stellungnahme derweil als „Gelbe Karte“ für Paris.

Was passt der Kommission an Italiens Plänen nicht?

Die italienischen Ziele in Form von Ergebnisindikatoren sind laut Kommission oft nicht quantifiziert, was keine adäquate Bewertung des Programms ermögliche. Die finanziellen Angaben müssten präzisiert und ergänzt werden, so die Kommission. Das Kapitel zur Entwicklung der ländlichen Räume müsse um die Aktivitäten und Absichten der Regionen und autonomen Provinzen ergänzt werden.

Schwachstellen beklagen die EU-Beamten bei den Direktzahlungen. So wird die Regierung in Rom in der 40-seitigen Mitteilung dazu aufgefordert, einen entschlossenen Schritt in Richtung Konvergenz der Beihilfen zu machen. Bekanntlich bestehen in Italien noch große Unterschiede bei den Flächenprämien. Zum Schutz der Umwelt, der Biodiversität und des Klimas müssten nach Ansicht der Kommission einige Entscheidungen mit Bezug auf die verstärkte Konditionalität überdacht werden.

Auch bei den italienischen Öko-Regelungen (Eco-Schemes) sieht die Kommission beim Umweltschutz Verbesserungsbedarf. Die EU-Behörde beklagt hier logische Fehler, weshalb sie eine Überarbeitung der für die Erste und die Zweite GAP-Säule angegebenen Maßnahmen anmahnt. Gefordert werden außerdem unter anderem eine höhere finanzielle Dotierung für das Programm LEADER und striktere Maßnahmen, um das Tierwohl zu verbessern und den Antibiotikaeinsatz in der Nutztierhaltung zu verringern.

Wo haben Schweden und Finnen Schwächen?

Gemäß der Brüsseler Stellungnahme genügen die schwedischen Vorhaben zum Schutz der Biodiversität und zur Verringerung der Emissionen aus der Tierhaltung nicht den Ansprüchen der Kommission.

Die finnische Umsetzung der neuen GAP ist derweil nach Einschätzung der Brüsseler Behörde im Hinblick auf Umweltbelange nicht anspruchsvoller als es derzeit der Fall ist. Nachbesserungen mahnen die Brüsseler Beamten insbesondere beim Schutz von Torfmooren, Wasserqualität und Biodiversität an. Auch die Nährstoffbelastung der Gewässer sollten die Finnen entschlossener bekämpfen, heißt es in den EU-Mitteilungen. Beide skandinavischen Länder sollen außerdem darlegen, wie sie ihre Ausnahmen bei den Umverteilungsprämien rechtfertigen.

Mit Material von AgE

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