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Agrarreform: Was Schulze von den Bauern will

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD)
am Mittwoch, 13.01.2021 - 11:00 (11 Kommentare)

Bundesumweltministerin Svenja Schulze hat heute ihre Forderungen an die reformierte Agrarpolitik in Deutschland präsentiert.

Mindestens 30 Prozent der Direktzahlungen für die neuen Öko-Regelungen und mindestens 10 Prozent der Flächen für den Artenschutz – diese und viele weitere Forderungen stellt Bundesumweltministerin Svenja Schulze an die Umsetzung der EU-Agrarreform in Deutschland.

Auf einem ganztägigen Agrarkongress ihres Ministeriums, der online veranstaltet wurde, präsentierte Schulze heute (13.1.2021) ihren Reformvorschlag. Inhaltlich decken sich ihre Vorstellungen nahezu vollständig mit dem Positionspapier einer ad-hoc-Arbeitsgruppe der Umweltminister der Länder. Dieses Papier hatte agrarheute vergangene Woche exklusiv analysiert.

Schulze sieht dringenden Handlungsbedarf

BMU Schulze Videopressekonferenz zum Agrarkongress

Schulze sagte in der heutigen Presskonferenz zur Präsentation ihres Papiers, während aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium nur Fragen kämen, liefere sie jetzt einen Teil der Antworten. Damit spielte die SPD-Politikerin auf ein Schreiben von Agrarminsterin Julia Klöckner zur Umsetzung der Agrarreform in Deutschland an, das diese vorige Woche an die Landesagrarminister gesandt hatte.

Schulze betont in ihrem Forderungspapier, dass „in großen Teilen der Landwirtschaft dringend gehandelt werden muss, um die Umweltwirkungen zu verbessern“. Darum plädiert sie für eine weitreichende Neuausrichtung der politischen Rahmenbedingungen. Ein zweites Greening, das absolut wirkungslos geblieben sei, können "wir uns nicht leisten", so Schulze.

Konkret fordert die Umweltministerin, 30 Prozent der Mittel für Direktzahlungen für die Öko-Regelungen (Eco-Schemes) zu verwenden. Der Anteil soll schrittweise erhöht werden. Die EU-Institutionen ringen bekanntlich im Trilog noch mit der Frage, ob der Mindestanteil 20 oder 30 Prozent betragen soll.

Ausgleich für Verzicht auf Düngung und Pflanzenschutz

Für die Ausgestaltung der Öko-Regelungen schlägt das Umweltressort zehn Maßnahmen vor, aus denen die Betriebe wählen sollen. Zu diesen Maßnahmen gehört unter anderem:

  • Flächen für den Artenschutz bereitzustellen,
  • die Düngung zu reduzieren,
  • auf Pflanzenschutzmittel ganz oder zu 50 Prozent zu verzichten,
  • eine mindestens fünfgliedrige Fruchtfolge mit 10 Prozent Leguminosen,
  • eine kleinteilige Flächenbewirtschaftung und
  • die Rückumwandlung von Ackerland in Grünland auf Moorstandorten.

Zahlungen für Eco-Schemes will die Ministerin nicht als Betriebspauschale gewähren, sondern auf die jeweilige Maßnahmenfläche beziehen. Mehrjährige Maßnahmen sollen höher honoriert werden. Teilweise sollen die Öko-Prämien regional differenziert werden.

10 Prozent Umschichtung werden nicht ausreichen

Die Umschichtung von Mitteln von der ersten in die zweite Säule will Umweltministerin Schulze drastisch anheben. Ihr Positionspapier benennt keinen konkreten Zielsatz. Um den Bedarf zu decken, wären nach Auffassung des Umweltressorts 10 Prozent aber noch zu wenig.

Genaue Aussagen könnten erst „nach Justierung aller anderen umweltrelevanten Stellschrauben getroffen werden“, heißt es in dem Positionspapier. Derzeit werden in Deutschland die Direktzahlungen um 6 Prozent zugunsten der ländlichen Entwicklung gekürzt.

Tierhaltung an die Fläche binden

Bei der Konditionalität fordert die Ministerin mindestens 5 Prozent der Acker- und Dauerkulturen als nicht-produktive Fläche, um zusammen mit den Öko-Regelungen und Agrarumweltmaßnahmen mindestens 10 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen für den Artenschutz zu reservieren. Die Flächen sollen für mehrjährige Brachen, Gewässerrandstreifen oder Landschaftselemente genutzt werden.

In der Tierhaltung will Schulze durch eine gestaffelte Förderung eine stärkere Flächenbindung durchsetzen. Damit der Grünlandanteil nicht abnimmt, soll der Umbruch einer Genehmigungspflicht unterliegen beziehungsweise soll zum Ausgleich neues Grünland angelegt werden. Vorgeschlagen wird ferner eine „Begrenzung der Schlaggröße“ aus Erosionsschutzgründen, ohne hier ins Detail zu gehen.

Vorschläge des Umweltministeriums zur Ausgestaltung der GAP-Reform in Deutschland

Die Zeit drängt, die Folgen des Handelns bleiben ungeprüft

Keine Angaben machte die Umweltministerin auf Nachfrage von agrarheute zu den voraussichtlichen Auswirkungen ihrer Vorschläge auf Menge und Qualität der Lebensmittelproduktion durch die deutsche Landwirtschaft. Überschlägige Berechnungen seien erst möglich, wenn die konkreten Fördersätze bekannt seien und da sei der agrarwirtschaftliche Sachverstand des Bundeslandwirtschaftsministeriums gefragt, so Vertreter des Umweltressorts in dem Pressegespräch.

Auch Schulze betonte aber ebenso wie Agrarministerin Klöckner den Zeitdruck bei den Vorbereitungen für den nationalen Strategieplan. Sie will die Verhandlungen möglichst vor der Sommerpause abschließen, damit es nicht zu Verzögerungen bei der Auszahlung der EU-Fördermittel komme. Zugleich verwies Schulze darauf, dass Frans Timmermans, der Vizepräsident der EU-Kommission, deutlich gemacht habe, ein nationaler Strategieplan, der die Anforderungen des Green Deal nicht berücksichtige, sei nicht genehmigungsfähig.

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