Wie zu erwarten, sind die Meinungen zum Entwurf des Aktionsprogramms Natürlicher Klimaschutz (ANK) von Bundesumweltministerin Steffi Lemke zwischen Bauern- und Umweltverbänden gespalten. Ziel von Lemkes Programm ist es, Ökosysteme zu stärken, wiederherzustellen und zu bewahren, damit sie gleichzeitig Klimaschützer und Lebensraum für Pflanzen und Tiere bleiben. „Ich möchte die Natur stark machen, damit sie uns gegen die Klimakrise hilft“, begründet sie das Aktionsprogramm, das sie Ende August vorstellte.
Jährlich sollen 10.000 ha erstaufgeforstet werden
Bis 2026 stellt die Bundesregierung hierfür vier Milliarden Euro für den Natürlichen Klimaschutz bereit. Kernpunkte sind, Wälder stillzulegen sowie bis 2030 jährlich 10.000 ha Erstaufforstungen durchzuführen und mehr klimafitte Wälder zu schaffen.
Gleichzeitig sollen Moore wiedervernässt und die landwirtschaftliche Nutzung darauf verdrängt werden. Alternative Bewirtschaftungsformen wie Paludikulturen will der Bund künftig stärker unterstützen. Ebenso sollen Flussauen wiederhergestellt werden. Mit einem neuen Programm „KlimaWildnis“ will die grüne Umweltministerin auch kleinere Flächen im Wald, in Mooren und Auen aus der Produktion nehmen. Insgesamt umfasst das Programm 64 Maßnahmen.
Laut Bundesumweltministerium setzen entwässerte Moorböden im Jahr 2020 circa 53 Mio. t Kohlendioxidäquivalente frei, was einem Anteil von 7,5 % aller Treibhausgasemissionen in Deutschland ausmacht.
Hemmerling: Land aktiv nutzen statt stilllegen
Nach Ansicht von Udo Hemmerling, stellvertretender Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, gelingt natürlicher Klimaschutz nur mit einer nachhaltigen Nutzung von Feld und Wald. „Wir brauchen mehr Photosynthese auf den Flächen, um zusätzlich Kohlenstoff binden zu können. Mehr Stilllegungen in der Land- und Forstwirtschaft sind also kontraproduktiv,“ warnt Hemmerling. Aus seiner Sicht lassen die Anforderungen bei der Kohlenstoffbindung sowie bei der Versorgung mit Nahrungs- und Futtermitteln, nachwachsenden Rohstoffen und erneuerbaren Energien einen solchen Ansatz nicht zu. Der Bauernverband fordert, Biodiversitätsziele in eine aktive Landnutzung zu integrieren. Dies sei auch notwendig, weil die Rechte der privaten Grundeigentümer zu respektieren sind.
Mehr finanzielle Anreize nötig
Die Familienbetriebe Land und Forst erwarten von Lemke deutlich stärkere finanzielle Anreize, um das Potenzial von Acker und Wäldern zu heben, gleichzeitig für Nahrungsmittel, Rohstoffe und Klimaschutz zu sorgen. Für Max v. Elverfeldt, Vorsitzender der Familienbetriebe Land und Forst, sind ökologische Maßnahmen dann am wirkungsvollsten, wenn die Flächeneigentümer und -bewirtschafter sie aus eigenem Antrieb umsetzen und sie sich auch ökonomisch rechnen. „Das Aktionsprogramm muss sich in diese Richtung weiterentwickeln“, so der Vorsitzende.
Kein Freibrief für Lemke
Olaf Bandt, Vorsitzender des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), kündigt an, das Aktionsprogramm kritisch zu begleiten und beim Umsetzen aktiv zu unterstützen. Zwar setze das Umweltministerium „endlich“ das Wiederherstellen von bedrohten Lebensräumen in Gang, aber die Natur allein könne es nicht richten. „Ein Aktionsprogramm natürlicher Klimaschutz ist kein Freibrief. Es entbindet nicht von der notwendigen Aufgabe, für weniger Treibhausgase im Verkehr, in der Industrie oder der Gebäudewirtschaft zu sorgen“, so der BUND-Vorsitzende.
WWF will Agrargelder umwidmen
Dem WWF Deutschland bereitet der kurze Finanzierungszeitraum von drei Jahren Sorge. Für den Klimaschutz notwendige Flächen müssten aber dauerhaft gesichert werden. Die Umweltorganisation will dabei stärker Agrargelder aus der Gemeinsamen europäischen Agrarpolitik (GAP) und der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) umwidmen. So sollten Direktzahlungen und Agrarumweltprogramme stärker auf den natürlichen Klimaschutz angepasst werden.
Ab 5. September können Länder, Verbände und Bürgerinnen und Bürger zum Entwurf Stellung nehmen. Nach Auswertung der Rückmeldungen will das Umweltministerium das Programm überarbeiten und innerhalb der Bundesregierung abstimmen. Anfang 2023 soll es das Kabinett beschließen.
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