
In einem gemeinsamen Positionspapier, das agrarheute vorliegt, haben die beiden Handelsriesen Aldi Nord und Süd im Detail die Hausaufgaben der nächsten Bundesregierung in der Agrarpolitik aufgeschrieben. Der Schwerpunkt liegt auf der Tierhaltung.
Die Analyse der Discounter ist so klar und schnörkellos wie ihre Läden: „Viele konventionelle Landwirte:innen sehen keine Zukunft mehr. Stark schwankende Weltmarktpreise, welche die Erzeugungskosten nicht decken, haben viele Betriebe an den Rand der Wirtschaftlichkeit getrieben“, heißt es in dem sechsseitigen „Positionspapier zum Haltungswechsel“. Darum müsse die neue Bundesregierung zügig einen klaren, einheitlichen und langfristigen rechtlichen Rahmen schaffen, der allen Beteiligten der Wertschöpfungskette „über Jahrzehnte hinweg Sicherheit und Verlässlichkeit gibt“.
Die Aldianer räumen auf mit der Flut an politischen Strategien und Visionen der letzten Jahre: Es brauche „keine Konzepte mehr, sondern Entschlossenheit und Tatkraft, um die Neuausrichtung der deutschen Agrarpolitik anzugehen“.
Diese Anforderungen muss ein Finanzierungsinstrument erfüllen
An vorderster Stelle steht für Aldi Nord und Süd, dass die Regierung ein Finanzierungsinstrument beschließt, das die Landwirte beim Umbau der Ställe unterstützt und Tierwohl wirtschaftlich macht. Das Geld dafür soll aus Brüssel kommen. Mit den Mitteln der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) stehe Geld zur Verfügung, das zielgerichtet für die Umstellung der Tierhaltung genutzt werden müsse.
Konkret stellen die Discounter sechs Anforderungen an das Finanzierungsinstrument:
- Die staatlichen Mittel sollen gerecht verteilt werden sowie direkt und langfristig bei den Landwirten ankommen.
- Eine mögliche Tierwohl-Abgabe soll nicht nur im Handel, sondern auch bei allen anderen Kanälen wie der Gastronomie erhoben werden, auch auf verarbeitete Erzeugnisse.
- Die Förderung darf nicht vorrangig den Export subventionieren.
- Auch Importe sollen bei der Tierwohl-Abgabe berücksichtigt werden.
- Die Belastung von Tierwohl-Ware soll nicht so hoch ausfallen, dass die Zustimmung der Verbraucher zum Umbau der Tierhaltung darunter leidet.
- Das Ziel ist 100 Prozent Selbstversorgung mit deutscher Tierwohl-Ware.
Was sich im Baurecht ändern muss

Nach Auffassung von Aldi Nord und Süd stehen viele Landwirte in den Startlöchern. Das Baugesetzbuch versperrt aber oftmals den Weg. Darum muss die neue Koalition aus Sicht der Discounter diese fünf Aufgaben im Baurecht anpacken:
- Bauliche Änderungen im Außenbereich sollen reprivilegiert werden, wenn sie dem Tierwohl dienen, einschließlich Ersatzbauten und Erweiterungen.
- Die Reprivilegierung soll auch für Anlagen gelten, die durch Flächenverlust als gewerblich eingestuft werden.
- In der TA Luft sollen Erleichterungen für Tierwohl-Ställe geschaffen werden.
- Der Begriff „Verbesserung des Tierwohls“ soll durch die Kriterien der Haltungsstufen 3 und 4 definiert werden.
- Die Genehmigungsverfahren für Tierwohl-Ställe müssen beschleunigt werden.
Discounter wollen verpflichtendes nationales Tierwohl-Siegel
Eine klare Haltungskennzeichnung soll dafür sorgen, dass der Umbau der Tierhaltung von der Nachfrage der Verbraucher angekurbelt wird. Hier fordern Aldi Nord und Süd kurzfristig eine verpflichtende Haltungsform-Kennzeichnung auf nationaler Ebene. Als Vorlage soll das am Markt eingeführte System des Einzelhandels dienen. Darüber hinaus soll sich Deutschland weiter für eine EU-weit Kennzeichnung stark machen.
Das nationale Tierwohl-Siegel soll der Verbraucher nicht nur im Einzelhandel, sondern auch in der Gastronomie wiederfinden. Außerdem sollen auf EU-Ebene einheitliche Tierhaltungsstandards für alle Nutztiere entwickelt werden.
Ausdrücklich sprechen sich Aldi Nord und Süd dafür aus, die Strukturen und Kompetenzen der Initiative Tierwohl (ITW) beim Umbau der Tierhaltung in Deutschland zu nutzen.
25 Prozent Ökolandbau sind für die Aldis das Minimum
Auch zum Ökolandbau haben die Discount-Riesen eine klare Haltung. Das Ziel der Farm-to-Fork-Strategie, bis zum Jahr 2030 einen Anteil von 25 Prozent Ökolandbau zu erreichen, sollte für Deutschland „das untere Ende der Messlatte sein“, so Aldi Nord und Süd.
Die Händler bedauern, dass sie in Deutschland nicht genug tierische Produkte in Bio-Qualität einkaufen können. Vor allem bei Schweine- und Geflügelfleisch sei das heimische Angebot „sehr überschaubar“.
Darum soll die neue Bundesregierung:
- eine gezielte Umstellungsförderung für konventionelle Betriebe anbieten und
- bei der Beschaffung für staatliche Einrichtungen stärker auf regionale, tierwohlgerechtere und ökologisch produzierte Lebensmittel umsteigen.
Für Aldi Nord und Süd steht fest, dass der Markt die strukturellen Herausforderungen der Nutztierhaltung nicht allein lösen kann. Um mehr Tierwohl in der Breite und eine bessere Ertragssituation für die Landwirte zu erreichen, brauche es eine „Neuausrichtung der deutschen Agrarpolitik“. Man könnte auch sagen: eine Agrarwende.
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