Die deutsche Agrarpolitik bewegt sich weiter in Richtung einer staatlichen Regulierung des Milchmarkts. Auf der Frühjahrskonferenz in Göhren-Lebbin haben sich die Agrarminister der Länder auf darauf verständigt, zunächst freiwillige Maßnahmen zur Reduzierung des Milchangebots den Vorrang zu geben. Sollte innerhalb der nächsten Monate auf diesem Weg aber keine nennenswerte Marktentlastung erreicht werden, plädieren die Länder für eine verpflichtende Regelung.
Die Reaktionen auf diese Entscheidungen und die weiteren verabschiedete Maßnahmen fallen unterschiedlich aus.
Union: Von 'erheblichen Zweifeln' bis 'wichtiges Signal' alles dabei
Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) räumte gegenüber Agra-Europe ein, dass er über einige der Vorschläge in Richtung einer Mengenregulierung nicht glücklich sei. Er werde die gestellten Prüfaufträge aber sorgfältig abarbeiten, versicherte der CSU-Politiker.
Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaftsminister Dr. Till Backhaus (SPD) zeigte sich als Gastgeber zufrieden, dass ein Beschluss zustandegekommen sei, nachdem es zwischenzeitlich nicht danach ausgesehen habe. "Ich hoffe, die Botschaft kommt in der Branche an", sagte der SPD-Politiker. Die Marktbeteiligten bekämen letztmalig die Chance, die Milchmenge eigenverantwortlich zu reduzieren.
Sachsen-Anhalts Landwirtschaftsminister Dr. Hermann Onko Aeikens (CDU) äußerte erhebliche Zweifel an der Umsetzbarkeit und Wirksamkeit einer Reihe der angeführten Maßnahmen. Dies gelte insbesondere für eine obligatorische Mengenbegrenzung. Eine Verknüpfung von Liquiditätshilfen mit einer Rückführung der betrieblichen Milchliefermenge kritisierte der CDU-Politiker als ökonomisch unsinnig.
Für Bayerns Landwirtschaftsminister Helmut Brunner (CSU) trägt das Ergebnis hingegen insgesamt die "bayerische Handschrift". Brunner sprach von einem wichtigen Signal an die Bauern. Die Politik tue ihr Möglichstes, die prekäre Marktsituation zu entschärfen.
Sachsens CDU-Ressortchef Thomas Schmidt begrüßte die gemeinsame Forderung nach weiteren Liquiditätshilfen und einem zweiten EU-Hilfspaket.
Grüne: 'Durchbruch' und 'Niederlage für den Bundesminister'
Nordrhein-Westfalens Landwirtschaftsminister Johannes Remmel (Bündnis 90/Die Grünen) wies darauf hin, dass sich die vorgeschlagenen Maßnahmen mit den Vorstellungen der EU-Kommission deckten. Der Grünen- Politiker rief Bundesminister Schmidt auf, seine ablehnende Haltung gegenüber der milchpolitischen Position seines französischen Kollegen Stéphane Le Foll aufzugeben.
Niedersachsens Ressortchef Christian Meyer (Bündnis 90/Die Grünen) sieht in dem Beschluss der Agrarministerkonferenz gar eine Niederlage für den Bundesminister, der mit seinem "Nichtstun" in puncto Mengenbegrenzung "auf ganzer Linie gescheitert" sei. Meyer zeigte sich auch mit der Zustimmung der AMK zu dem von Niedersachsen verlangten "Bonusprogramm Milch" zufrieden. Es solle für Molkereien und Milcherzeuger gelten, die ihre Milchmenge nach dem Modell der Molkerei FrieslandCampina nennenswert drosseln und dafür mit einem Bonus honoriert werden.
Nach Auffassung von Schleswig- Holsteins Landwirtschaftsminister Dr. Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) ist der AMK-Beschluss ein "Durchbruch in der politischen Diskussion". Der Grünen- Politiker sprach von einer "extrem politischen und umkämpften" Agrarministerkonferenz.
Das sagen die Verbände
Der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) begrüßte die Entscheidung als "unerwartet deutlichen Schritt in Richtung Krisenlösung". "Wir fordern Minister Schmidt auf, dieses sehr deutliche Votum der Länderagrarministerien ernst zu nehmen und notwendige Schritte zügig umzusetzen. Den Milchbetrieben bleibt angesichts weiter fallender Preise nicht viel Zeit", erklärte der BDM-Vorsitzende Romuald Schaber.
Auch die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) wertete das Votum der Agrarminister als "großen Fortschritt".
Milchbauernpräsident Udo Folgart hingegen hat die Beschlüsse zur Mengenbegrenzung scharf kritisiert. "Wiederholte Diskussionen über nationale Begrenzung der Milchproduktion sind im EU-Binnenmarkt völlig wirkungslos. Sie wecken darüber hinaus Hoffnungen, die nicht erfüllt werden können." Der Deutsche Bauernverband hatte sich bereits in der Vergangenheit wiederholt gegen eine vorgegebene Regulierung der Milchmengen ausgesprochen.
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