"Kernaufgabe der Landwirtschaft ist es, Nahrungsmittel zu produzieren. Die ausreichende Verfügbarkeit von Grundnahrungsmitteln und die Ernährungssicherung in der EU und global müssen im Vordergrund stehen." Das ist der zentrale Satz des Briefs von Bundeslandwirtschaftsmnisterin Julia Klöckner an Stella Kyiakides. Klöckner antwortet damit auf den Brandbrief der EU-Gesundheitskommissarin vor zwei Wochen.Die Kommissarin hatte der Bundesregierung eine Reihe kritischer Punkte vorgehalten und sogar mit rechtlichen Schritten gedroht. Kyriakides warf Klöckner vor, Zulassung und Kontrolle von Pflanzenschutzmitteln und den Tierschutz in der Schweinehaltung nur unzureichend durchzusetzen.
Die Antwort von Julia Klöckner an die zypriotische EU-Kommissarin liegt agrarheute vor. Darin pocht die Landwirtschaftsministerin auf die "prioritäre Aufgabe" der Landwirtschaft, nämlich die Ernährungssicherheit zu gewährleisten. Die Farm-to-Fork-Strategie und die Biodiversitätsstrategie bezeichnet Klöckner als "sehr ambitioniert". Es komme darauf an, die theoretischen Anforderungen "in Einklang" zu bringen "mit der Praxis und dem Arbeitsalltag auf den Höfen". Zudem forderte sie eine angemessene finanzielle Unterstützung für diejenigen, die das "tagtäglich praktisch in die Tat umsetzen" müssten - also die Landwirte.
Intensive fachliche Diskussionen nötig
Klöckner weist darauf hin, dass die in der Farm-to-Fork-Strategie genannten Zielvorgaben bei der Reduktion von Pflanzenschutz, Düngemitteleinsatz usw. in den kommenden Monaten Gegenstand "intensiver fachlicher und politischer Diskussionen" sein müssen - nämlich "ob und inwieweit diese Ansätze und diese Zielvorgaben von den Mitgliedstaaten geteilt ... und gegebenenfalls erreicht werden können."
Die Ministerin betont, dass es ihr ein Anliegen sei, zu einem "gemeinsamen Verständnis der teilweise sehr komplexen Zusammenhänge zu kommen". Klöckner hatte nach der Veröffentlichung der Strategie in einer Pressekonferenz Ende Mai deutlichen Verbesserungsbedarf bei der Farm-to-Fork-Strategie angemerkt.
Pflanzenschutz: Verfahren sind komplexer geworden
Kyriakides hatte der Bundesregierung unter anderem vorgeworfen, dass es zu Verzögerungen im Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel komme. Klöckner unterstreicht in ihrem Brief an die EU-Kommissarin die Anstrengungen, die Deutschland bereits für die Reduktion sowie zur Förderung des integrierten Pflanzenschutzes unternommen habe. Das Genehmigungsverfahren für Wirkstoffe im Pflanzenschutz sei jedoch komplexer geworden, führt Klöckner aus. Die Verzögerungen im Kontrollsystem erklärt die Ministerin mit der Corona-Pandemie und sagt eine Einführung ab Herbst dieses Jahres zu.
Schwänzekupieren: noch kein Königsweg
Im Bezug auf den Tierschutz hatte Kyriakides kritisiert, dass das Schwänzekupieren bei Schweinen noch gängige Praxis sei. Julia Klöckner bestätigt, dass hier noch Anstrengungen nötig seien, um auf das routinemäßige Kupieren verzichten zu können. Sie betont aber auch, dass es in der EU hierfür bislang noch keinen Königsweg gebe: Es sei "nach derzeitigem Forschungsstand zwar bekannt..., dass bestimmte Maßnahmen (z. B. Angebot von geeignetem Beschäftigungsmaterial) das Risiko des Auftretens von Schwanzbeißen" mindere. "Völlig ausschließen lässt es sich jedoch nicht", so die Agrarministerin.
Aus diesem Grund fördere ihr Ministerium verschiedene Forschungsprojekte dazu. Dazu gehöre auch ihr Ziel, "einer nachhaltige und tierschutzgerechte Nutztierproduktion in Deutschland", betont Klöckner. Mit Blick auf die anstehende deutsche Ratspräsidentschaft freue sie sich, so Klöckner zum Abschluss, auf eine erfolgreiche weitere Zusammenarbeit.
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