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Bauerndemonstration

Bauerndemos bei der Nachhaltigkeitskonferenz von Cem Özdemir

Demonstration-Kirchberg-Jagst
am Donnerstag, 04.05.2023 - 17:00 (4 Kommentare)

Am Donnerstag hatte Cem Özdemir zur Nachhaltigkeitskonferenz in Baden-Württemberg geladen. Dies ging auch mit zahlreichen Bauerndemos einher. *Update vom 4.5.23 um 17:07 Uhr*

Am Donnerstag fand im Schloss von Kirchberg an der Jagst im Kreis Schwäbisch Hall in Baden-Württemberg die Nachhaltigkeitskonferenz des Bundeslandwirtschaftsministeriums statt. Es ging dort um die Zukunft der Landwirtschaft. Vor Ort waren hochrangige Politiker, wie Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) sowie der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Da blieben Demonstrationen nicht aus. So gingen Landwirte, unter anderem auch Putenzüchter, vor und während der Konferenz aus Protest auf die Straße.

Geflügelzüchter und Landwirte: Kritik an Cem Özdemir

Putenhalter kritisierten bei der Kundgebung, dass die Agrarpolitik der Bundesregierung den Fortbestand der heimischen, verantwortungsvollen Putenhaltung und die Tierwohl-Fortschritte der Betriebe gefährde.

Kritiker der Veranstaltung, Geflügelzüchter und Landwirte machten ihrem Ärger Luft. So erzählte Reinhard Jung von den Freien Bauern gegenüber dem SWR, dass es zu viele Auflagen gäbe. Kleine Betriebe könnten diese nur schwer erfüllen und müssten teilweise aufgeben, weil sie die Investitionen nicht aufbringen könnten, macht er sein Anliegen deutlich. Putenbauern erklärten, dass sie durch die jüngsten Vorschläge zur Putenhaltungsverordnung aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium an den Abgrund gedrängt würden. Bei Umsetzung der geplanten Putenhaltungsverordnung wurde das Fleisch aus Ställen in anderen Ländern in die Regale kommen.

Putenhalter: Proteste gegen Nachhaltigkeitskonferenz

Hinter den Bauernprotesten der Hohenloher Bauern stand beispielsweise Jürgen Maurer Vorsitzender des Bauernverbands Schwäbisch Hall – Hohenlohe – Rems e. V. In Bezug auf die Putenbauern erklärte er: „Ich verstehe nicht, warum die Politik nicht einen Schritt auf die Bauern zugeht. Es hilft niemandem, zuletzt auch nicht den Puten, wenn in Deutschland mit unerfüllbaren Vorschriften ihre Haltung unmöglich gemacht und gleichzeitig in anderen Ländern unter schlechteren Bedingungen aufgestockt wird.“ Seiner Ansicht nach sei es aber noch nicht zu spät, einen Kompromiss zu finden: „Die Bauern stehen für Gespräche bereit – unter der Bedingung, dass einander zugehört wird. Die jahrelang andauernden Bauernproteste müssen der Politik endlich zu denken geben.“

Özdemir redet über Bauern und nicht mit ihnen

Landwirte der Interessenorganisation „Freie Bauern“ machten auf einer Kundgebung in Kirchberg/Jagst ihrem Ärger Luft. Sie werfen Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir vor, einer Debatte über kontroverse Themen in der Agrarpolitik auszuweichen.

Auch die Interessenorganisation der bäuerlichen Familienbetriebe, die Freien Bauern, waren mit rund 60 Landwirten zu einer Protestkundgebung vor das Schloß gezogen. Sie warfen Özdemir vor, sich in einer grünen Blase einzuschließen und kontroversen Debatten über Agrarpolitik auszuweichen. Denn er hatte wieder nur einen handverlesenen Kreis von Gleichgesinnten zur Nachhaltigkeitskonferenz geladen: „Warum redet er schon wieder über uns und nicht mit uns“, kritisierte Christian Linne von der Bundesvertretung der FREIEN BAUERN unter großem Beifall das Demokratieverständnis des grünen Politikers.

Politik für bäuerliche Familienbetriebe und gegen Agrarkonzerne

Linne, Ackerbauer aus Niedersachsen, forderte, dass der Staat die Rahmenbedingungen verbessern solle, anstatt den Betrieben in die Produktion hineinzuregieren: „Wir brauchen eine Politik für bäuerliche Familienbetriebe, gegen Agrarkonzerne, für regionale Erzeugung, gegen Importe aus Übersee, für fairen Wettbewerb, gegen die Macht der Monopole. Wo ist der Minister, wenn es um diese harten Themen geht?“ Junglandwirt Daniel Bisinger aus Baden-Württemberg wünscht sich mehr Vertrauen und Wertschätzung, weniger Auflagen und Überwachung. Er wolle vor allem nicht immer mehr Flächen stillegen oder extensivieren – sondern er wolle Teil einer leistungsfähigen Landwirtschaft sein, die die Bevölkerung ernähren kann.

Keine Freihandelsabkommen, mehr Selbstversorgung

Ein weiterer Junglandwirt plädierte ebenso für mehr Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln. Die Agrarproduktion dürfe nicht hierzulande durch Verbote und Auflagen noch weiter verringert und dann durch Freihandelsabkommen nach Übersee verlagert werden. Die Landesgruppe Baden-Württemberg der FREIEN BAUERN machte klar: „Dass wir trotz der arbeitsreichen Zeit hierher gekommen sind, bezeugt unseren Widerwillen gegen die selbstherrliche Politik des Ministers. Wir machen diese Agrarwende einfach nicht mit.“

Was will das Bundeslandwirtschaftsministerium mit der Konferenz erreichen?

In seiner Eröffnungsrede zum Umbau der Agrar- und Ernährungswirtschaft betonte Cem Özdemir laut einer Pressemitteilung des Bundeslandwirtschaftsministeriums, dass Nachhaltigkeit einen fairen Ausgleich zwischen Gegenwart und Zukunft schaffen müsse: „Je früher und verlässlicher wir uns auf den Weg machen, desto eher werden wir dieses Ziel erreichen, das uns zugleich krisenfester und stärker macht. Fruchtbare Böden, bestäubende Insekten, ausreichend Wasser – das ist die Voraussetzung, dass wir satt werden können. Und wenn wir Böden, Wasser, Artenvielfalt und Klima nicht besser schützen, dann wird das unsere Ernährung in einem Ausmaß gefährden, das sich manche offenbar nicht vorstellen können.“

Ein Plus an Öko-Landbau, Tierwohl und besserer Ernährung

Wege aus der Krise sieht Özdemir laut Bundeslandwirtschaftsministerium in mehr Öko-Landbau, mehr Tierwohl und besserer Ernährung: „Es ist unser Ziel, 30 Prozent Öko-Landbau bis 2030 zu erreichen. Er schützt in besonderem Maße Klima und Artenvielfalt, Boden, Wasser und Luft. Dabei geht es um Öko in der gesamten Wertschöpfungskette – auf den Feldern und in der Herstellung, in den Ladenregalen, in der Außer-Haus-Verpflegung und natürlich auch an der Ladenkasse. Gerade das vergangene Jahr hat uns einmal mehr deutlich gemacht, wie wichtig stabile Wirtschafts- und Nährstoffkreisläufe sind, um dadurch unabhängiger und krisenfester zu sein.“

Özdemir: "Auch mein Gemüse braucht Tierhaltung"

Der Bundesminister betonte: „Wir wollen weniger Tiere besser halten, um Mensch, Natur und Tieren besser gerecht zu werden. Wenn Bäuerinnen und Bauern nachhaltiger wirtschaften sollen, dann muss uns das als Politik und Gesellschaft auch an der Ladentheke mehr wert sein. Daher stellt diese Bundesregierung für den zukunftsfesten Umbau der Tierhaltung in dieser Legislatur so viele Mittel bereit wie noch keine Bundesregierung davor. Es geht dabei unter anderem darum, dass wir uns künftig stärker pflanzenbetont ernähren. Weniger Fleisch heißt übrigens nicht kein Fleisch. Vielmehr brauchen wir Tierhaltung für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft. Auch mein Gemüse braucht Tierhaltung!“

Mit Material von Bauernverband Schwäbisch Hall - Hohenlohe - Rems e.V., SWR, Die Freien Bauern, BMEL

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