Gestern hat der Koalitionsausschuss beschlossen, die Landwirte in den nächsten vier Jahren mit insgesamt 1 Milliarde Euro bei der Anpassung an die zusätzlichen Auflagen durch die verschärfte Düngeverordnung zu unterstützen. Noch ist unklar, unter welchen Bedingungen das Geld zur Verfügung gestellt werden soll. Die Reaktionen aus der Branche waren jedoch überwiegend kritisch.
Wir haben einige Stimmen zusammengestellt, aber möchten auch von unseren Lesern wissen: Was halten Sie von der Bauernmilliarde? In unserer agrarheute-Umfrage (am Ende dieser Seite) können Sie dazu abstimmen.
Zustimmung aus CDU/CSU
Die Befürworter kommen überwiegend aus Bayern und der Unionsfraktion im Bundestag.
Der agrarpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Albert Stegemann, sieht in dem Beschluss die Chance auf verlässliche Rahmenbedingungen für die Düngung. Für ihn steht außer Frage, dass bei der Förderung den besonderen Herausforderungen in den Roten Gebieten Rechnung getragen werden muss, soweit dies beihilferechtlich möglich ist.
Die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber begrüßte den Beschluss als „gutes Signal“ aus Berlin. Allerdings betonte Kaniber, trotz der beschlossenen Finanzhilfe ändere sich nichts an der Forderung Bayerns, dass bei der neuen Düngeverordnung die gute fachliche Praxis zählen müsse.
Zusätzliche Leistungen werden honoriert
Positiv äußerte sich auch Max von Elverfeldt, der Vorsitzende der Familienbetriebe Land und Forst. „Es ist richtig, dass die Bundesregierung im Zuge der anstehenden Reformprozesse auf die Sorgen der Bauernfamilien eingeht. Die jetzt getroffene Entscheidung zeigt, dass zusätzliche Leistungen und Aufwendungen der Landwirtschaft, die von der Gesellschaft eingefordert werden, von dieser auch honoriert werden sollen“, sagte von Elverfeldt.
Heidl: Das Problem wird nicht angegangen
Der Präsident des Bayerischen Bauernverbandes (BBV), Walter Heidl, äußerte sich in einem Videostatement enttäuscht. Die Koalitionsrunde löse die aktuellen Problemfelder nicht. Es sei zwar anzuerkennen, dass für Investitionen in Richtung Tierwohl, teure Technik und andere Umstellungsmaßnahmen zusätzliche Fördermittel bereit gestellt würden.
Das Problem der Verschärfungen der Düngeverordnung werde aber überhaupt nicht angegangen und sei nicht mit Geld zu lösen.
LsV lehnt Bauernmilliarde in dieser Form ab
Die Organisation Land schafft Verbindung – Deutschland sieht zwar positiv, dass auch in der großen Koalition nun endlich anerkannt werde, dass die Umsetzung der Düngeverordnung nicht ohne Unterstützung der Landwirte möglich sei.
Allerdings bedeute diese Milliarde nichts anderes als die Fortführung der bisher missratenen Politik. Darum lehnt LsV-Deutschland die Bauernmilliarde in dieser Form „ausdrücklich“ ab.
Der LsV-Deutschland-Vorsitzende Dirk Andresen äußerte sich ebenfalls in einem Video-Statement.
Landjugend: Nicht an den Symptomen herumdoktern
Kritisch äußerte sich der der Bund der Deutschen Landjugend (BDL). Die BDL-Vorsitzende Kathrin Muus stellte fest, Geld könne nicht dazu dienen, eine fehlgeleitete Politik zu korrigieren. Deshalb seien die Landwirte nicht auf die Straße gegangen.
Muus forderte eine nachhaltige und planungssichere Politik, statt teuer an Symptomen herumzudoktern.
AbL kritisiert Widerspruch zwischen Weltmarktorientierung auf Auflagen
Elisabeth Fresen, die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), sagte voraus, mit dem Geld würden die drängenden Probleme nicht gelöst. Das Geld werde die Proteste daher nicht beruhigen.
Es fehlten weiterhin belastbare Aussagen der Bundesregierung, wohin die Bäuerinnen und Bauern die landwirtschaftliche Praxis im Stall und auf dem Feld entwickeln sollten. Das bewegt sich äußerst widersprüchlich zwischen Kostenführerschaft für den Weltmarkt einerseits und kostentreibenden Anforderungen andererseits.
BDM setzt auf angemessene Marktpreise statt Subventionen
Nach Ansicht des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter (BDM) ist die Bauernmilliarde ein Hohn für die Landwirte, die sich seit Jahren dafür einsetzten, dass man mit politischem Handeln die Ursachen der katastrophalen wirtschaftlichen Situation der Bäuerinnen und Bauern angehe, statt mit immer neuen Finanzspritzen hilflos an den Folgen herum zu kurieren.
Das Geld für den geforderten Transformationsprozess müsse am Markt erwirtschaftet werden können; dafür brauchen es entsprechende politische Rahmenbedingungen, sagte der BDM-Vorsitzende Stefan Mann.
AfD verlangt ein Moratorium
Der agrarpolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Stephan Protschka, wies darauf hin, dass schon der erste Referentenentwurf zur Änderung der Düngeverordnung die zusätzlichen Kosten für die Landwirtschaft auf mindestens 380 Millionen Euro pro Jahr beziffere. Daher würden 250 Millionen Euro nicht mal ansatzweise ausreichen, um die Auflagen zu kompensieren.
Protschka bekräftigte seinen Ruf nach einem Moratorium der EU-Nitratrichtlinie. Mit der Bauernmilliarde könnte man zur Not die Strafzahlungen an die EU für drei Jahre abdecken.
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