"So kann es nicht weitergehen. Das Agrarpaket ist eine ernsthafte Bedrohung für die Landwirtschaft in Deutschland und damit für unsere Ernährungsgrundlage." Mit diesen klaren Worten hat der Präsident des Rheinischen Landwirtschafts-Verbandes (RLV), Bernhard Conzen, heute zum Auftakt einer großen Bauerndemonstration vor dem Sitz des Bundeslandwirtschaftsministeriums in Bonn auf die verzweifelte Lage der Landwirte aufmerksam gemacht.
"Reden Sie mit uns, damit der Verstand den Vorrang erhält gegenüber der Ideologie", appellierte Conzen an den anwesenden Staatssekretär im Agrarministerium, Hermann Onko Aeikens.
Aeikens spricht mit den Landespräsidenten
Aeikens stellte sich den Forderungen der rund 1.000 Landwirte, die unter dem Motto "5 vor 12" mit zahlreichen Traktoren den Verkehr vor dem Sitz des Bundesministeriums zum Erliegen gebracht hatten.
Der Staatssekretär verteidigte das Klimapaket als ausgewogen. Beim Düngerecht verwies er auf die Auflagen aus Brüssel. Beim Agrarpaket zeigte sich der Staatssekretär allerdings gesprächsbereit. Im Anschluss an die insgesamt friedlich und sachlich verlaufene Demonstration lud er die Präsidenten mehrerer Landesbauernverbände zu einer Unterredung in sein Büro.
"Stoppen Sie das Agrarpaket"
Conzen betonte vor den protestierenden Landwirten die Kooperationsbereitschaft der Kollegen beispielsweise beim Arten- und Insektenschutz. Er stellte zugleich klar: "Wir brauchen keine Verbote, sondern ein Schadschwellenkonzept, das ökonomische und ökologische Kriterien sinnvoll verbindet."
Der Präsident des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes (WLV), Johannes Röring, verlangte machbare Lösungen für die Tierhaltung. Die Tierhaltung in Norddeutschland zu halbieren, wie vom Umweltministerium kürzlich vorgeschlagen, sei eine Kampfansage an die Landwirtschaft. Röring unterstrich, "wir Landwirte sind zum Umbau der Ställe bereit, dafür brauchen wir aber die nötigen Genehmigungen und finanzielle Unterstützung."
Der Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd, Eberhard Hartelt, forderte Aeikens auf, "Stoppen Sie das Agrarpaket und setzen Sie sich mit den Landwirten an einen Tisch".
Aeikens räumt Schwachstellen beim Agrarpaket ein
Aeikens zeigte sich gesprächsbereit. Allerdings wies er auf die Volksbegehren in Bayern und Baden-Württemberg hin. Er erläuterte, wenn die Landwirtschaft sich nicht flächendeckend ähnlichen Volksbegehren gegenübersehen wolle, müsse sie der Gesellschaft etwas anbieten. Das Agrarpaket solle die Landwirtschaft nicht gängeln, sondern zukunftsfest aufstellen.
Zugleich räumte er Schwachstellen ein, die gemeinsam mit dem Berufsstand besprochen und abgestellt werden sollten, ohne näher ins Detail zu gehen.
Eine Reihe von Beschlüssen der Bundesregierung und der EU, die in jüngster Zeit den Unmut der Landwirte schürten, verteidigte der Staatssekretär jedoch. Bei der Umschichtung der Direktzahlungen beispielsweise seien die für das kommende Jahr geplanten 6 Prozent ein guter Kompromiss, wenn man wisse, dass der Koalitionspartner SPD eine Aufstockung auf 15 Prozent gefordert habe.
Zur Kritik am staatlichen Tierwohl-Label stellte Aeikens fest, es falle ihm schwer, diese zu verstehen. Das Siegel werde genau das Anstreben, was der Berufsstand fordere, nämlich den Verbraucher über die Tierhaltung zu informieren und für mehr Tierwohl bezahlen zu lassen. Das Mercosur-Abkommen verteidigte Aeikens mit dem Hinweis auf die Agrarexportinteressen der deutschen Landwirte. Das Abkommen werde den deutschen Landwirten mehr Chancen eröffnen, als in der Presse leider häufig zu lesen.
Protest wird fortgesetzt
Die Veranstaltung vor dem Landwirtschaftsministerium war weder die erste noch die letzte Protestaktion gegen die Agrarpolitik der großen Koalition.
Bereits bei der Agrarministerkonferenz Ende September in Mainz war Ministerin Julia Klöckner von demonstrierenden Landwirten auf die Konsequenzen des Agrarpakets für die Landwirtschaft nachdrücklich hingewiesen worden.
Am Dienstag nächster Woche (22. Oktober) sollen weitere Bauernkundgebungen in Bonn und ganz Deutschland folgen. Sie werden flankiert vom stillen Protest der grünen Kreuze, die Landwirte überall im Land auf ihren Flächen errichtet haben.
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