In Bayern hat das erfolgreiche Volksbegehren dazu geführt, dass Ministerpräsident Dr. Markus Söder für Mittwoch zu einem Runden Tisch zum Artenschutz in die Staatskanzlei einlädt.
In Berlin kündigte Umweltministerin Schulze indes an, den Insektenschutz in Deutschland gesetzlich festzuschreiben. Das Vorhaben soll Teil einer konkretisierten Fassung des "Aktionsprogramms Insektenschutz" werden, das der Deutschen Presse-Agentur am Sonntag vorlag und am Freitag in die Ressortabstimmung gegangen war.
Schulze plant neue Vorgaben für die Landwirtschaft
Die Bundesregierung will mit ihrem Aktionsprogramm verbindliche Vorgaben machen, mit Änderungen im Naturschutzrecht, im Pflanzenschutzrecht, im Düngerecht sowie im Wasserrecht.
Dem "Aktionsprogramm" zufolge will sich die Bundesregierung für eine Verbesserung der EU-Naturschutzfinanzierung einsetzen. Schulze schlägt zugleich vor, den Insektenschutz und die dazu gehörige Forschung zusätzlich mit 100 Millionen Euro im Jahr zu fördern.
Ferner soll es klare Vorgaben für eine umwelt- und naturverträgliche Anwendung von Pflanzenschutzmitteln und deutliche Reduzierung des Eintrags von Schadstoffen in Insektenlebensräume geben. Das Programm muss mit dem Landwirtschaftsministerium abgestimmt werden. Einem Zeitungsbericht zufolge will die Ministerin das "Aktionsprogramm" im April ins Kabinett bringen.
1,7 Millionen Unterschriften für das Volksbegehren
In Bayern unterschrieben bis zum Ende der Zeichnungsfrist am 13. Februar über 1,7 Millionen Bürger oder gut 18 Prozent der Wahlberechtigten für das Volksbegehren "Artenvielfalt". In allen sieben Regierungsbezirken und in allen bayerischen Landkreisen wurde laut vorläufigem Auszählungsergebnis des Landeswahlleiters die gesetzliche Hürde von zehn Prozent der Eintragungen deutlich genommen. Am stärksten schnitten die Regierungsbezirke Mittelfranken (20,6 %), Oberbayern (20,3 %) und Schwaben (18,0 %) ab.
Der Gesetzentwurf des Volksbegehrens muss nun innerhalb der nächsten vier Wochen in den bayerischen Landtag eingebracht werden. Lehnt das Parlament ihn ab, kann der Landtag einen Gegenentwurf vorschlagen, der gemeinsam mit dem Gesetz des Volksbegehrens in einem Volksentscheid zur Wahl gestellt wird.
Söder will versöhnen anstatt zu spalten
Ministerpräsident Söder unterstrich seinen Respekt vor dem Votum der Wahlberechtigten und bekräftigte sein Bestreben, Ökologie und Landwirtschaft miteinander zu versöhnen und parteiübergreifend nach Lösungen zu suchen. „Mein Ziel ist es, zu versöhnen anstatt weiter zu spalten“, unterstrich der CSU-Politiker. In der vorvergangenen Woche hatte er bis zum Frühsommer die Vorlage eines „unideologischen“ Gesetzentwurfs angekündigt, der den Bienen und dem Berufsstand zugutekommen solle.
Der von Söder einberufene Runde Tisch soll vom früheren Landtagspräsidenten und CSU-Politiker Alois Glück geleitet werden. Eine Sprecherin der bayerischen Staatskanzlei informierte, dass neben den Initiatoren des Volksbegehrens auch die Verbände, die zuständigen Landtagsausschüsse sowie das Landwirtschafts- und das Umweltministerium eingeladen worden seien.
BBV wird am Runden Tisch teilnehmen
Nach Einschätzung des Generalsekretärs vom Bayerischen Bauernverband (BBV), Georg Wimmer, besteht die Aufgabe nun darin, im Freistaat einen tragfähigen Weg für eine nachhaltige und bäuerliche Landwirtschaft und einen ganzheitlichen Ansatz für mehr Biodiversität aufzuzeigen. Wimmer sicherte zu, dass der BBV deshalb die Anliegen der Landwirte, Waldbauern und Grundeigentümer in der weiteren Debatte einbringen und für einen tragfähigen und gesamtheitlichen Weg beim Umwelt- und Artenschutz kämpfen wolle. Zu dem in die Staatskanzlei eingeladenen Runden Tisch werde auch der BBV dabei sein.
Der Generalsekretär wies in dem Zusammenhang darauf hin, dass es „wichtig und richtig“ sei, das Thema Artenvielfalt und die grundsätzliche Zielrichtung, den Arten- und Umweltschutz zu stärken. Landwirte, die besondere Leistungen für den Umwelt- und Artenschutz erbrächten, müssten noch besser unterstützt werden. Wer jedoch einen genauen Blick in den Gesetzentwurf des Volksbegehrens werfe, werde enttäuscht, so Wimmer. Statt eines Ausbaus der Agrarumweltmaßnahmen sei darin nur eine lange Liste mit neuen gesetzlichen Vorschriften für die Landwirtschaft enthalten. Unterdessen rief der BBV seine Mitglieder auf, sich auch in diesem Jahr an der Aktion „Bayern blüht auf“ zu beteiligen und möglichst viele Blühstreifen und -flächen anzulegen.
Aufgeheizte Debatte
Auch über die Grenzen Bayerns hinaus rief das Volksbegehren Reaktionen hervor. So wächst aus Sicht der stellvertretenden Vorsitzenden des Bundestagsernährungsausschusses, Carina Konrad, das Volksbegehren über seine eigene Bedeutung hinaus. „Eine ökologisch-politische Revolte inmitten derart aufgeheizter, medial forcierter und hochemotional geführter Debatten macht Landwirte zur bedrohten Art. Bald muss man Landwirte auf die Rote Liste setzen“, so die Liberale. Sie kritisierte, dass es hierbei längst nicht mehr um die Rettung der Bienen gehe, sondern um „Diffamierungskampagnen einer ganzen Berufssparte“.
Der Fraktionsvorsitzende von Bündnis/Die Grünen im Bundestag, Dr. Anton Hofreiter, und die Sprecherin für Naturschutzpolitik, Steffi Lemke, werteten das Volksbegehren als Denkzettel für die Bundesregierung. Zugleich bekräftigten sie ihre Forderung nach einer Trendwende im Artenschutz.
Der Landwirtschaftsminister von Mecklenburg-Vorpommern, Dr. Till Backhaus, forderte eine wachsende Sensibilität für alle wildlebenden Insekten und für die Honigbiene sowie eine verstärkte Zusammenarbeit von Landwirten und Imkern im Bundesland.