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Berglandwirtschaft

Bayern will den Schutz von Wölfen lockern

Wolf-Alpen-Bayern-Beutegreifer
am Mittwoch, 22.06.2022 - 16:28 (Jetzt kommentieren)

In Bayern ist Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) unzufrieden mit dem Bund. Er kritisiert, dass eine Fortführung der bisherigen Wolfspolitik des Bundes mehr Verlust als Gewinn in der Biodiversität bedeuten könnte.

Am 21. Juni 2022 kam EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski zu einem Besuch nach Bayern. Anlässlich diesen Termins richtete Bayers Umweltminister Thorsten Glauber (FW) Kritik an den Bund, für dessen Wolfspolitik. Glaubers Botschaft: "Ich erwarte, dass der Wolf aus dem Anhang IV in den Anhang V überführt wird." Dieser Schritt sei überfällig. Glauber erwartet endlich einen Weg, bei der Biodiversität und Kulturlandschaft gemeinsam gegangen werden. Bisher habe sich der Bund zu sehr hinter Regelungen und Nichtstun versteckt, nun müsse er sich bewegen.

Warum ist der Alpenraum besonders sensibel beim Thema Wolf?

Umweltminister Glauber betrachtet die Alpen als besonders sensible Region. Sollten die dortigen Almbauern sich aus der Bewirtschaftung der Flächen zurückziehen, weil sie kein Perspektiven mehr sähen, so  befürchtet der Umweltminister einen Verlust an Flächen mit hoher Biodiversität. Dabei geht er davon aus, dass 80 % der Arten im Alpenraum betroffen sein könnten.

Bundesregierung zu langsam? Was Bayern tun will

Kritik richtete Glauber an die Bundesregierung. Weil diese sich bei der Wolfspolitik zu wenig bewege, wolle Bayern  die Sache selbst vorantreiben. Dazu geht der Freistaat mit Österreich, dem Salzburger Land, Tirol, Vorarlberg und der Schweiz nun einen eigenen Weg. Gemeinsam entwickeln sie eine Biodiversitätsstrategie. Dazu wird untersucht, was an biodiversem Raum vorhanden ist und was verloren gehen könnte.

Almflächen können oft nicht eingezäunt werden

Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Kommissar Wojciechowksi wies die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) auf eine besondere Eigenheit der Alpenregion hin: Viele Gebiete dort könnten nicht eingezäunt werden. Um das Thema anzugehen, habe der Freistaat eine aus Umwelt- und Landwirtschaftsministerium paritätisch besetzte Weideschutzkommission gegründet, die bis zum Ende des Almsommers 2022 eine Kulisse für Bayern erarbeiten soll. Aus dieser soll hervorgehen, in welchen Gebieten eine Zäunung möglich erscheint und wo nicht. Diese Kulisse soll dann laut Kaniber eine belastbare rechtliche Basis schaffen, um bei Übergriffen durch den Wolf für eine ordentliche Entnahme sorgen zu können. Innerhalb der Kulisse müssten andere Maßnahmen greifen, um die weidenden Tiere und damit die Weidehaltung auf Dauer zu sichern. Die Kulisse wird auch die Basis für Antragstellungen durch die Landwirte bilden.

Bedeuten Weideschutzgebiete leichtere Entnahme von Wölfen?

Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber ging beim Pressetermin nicht darauf ein, ob sich durch die Ausweisung von Weideschutzgebieten eine veränderte Grundlage für die Entnahme von Wölfen ergibt. In Fachkreisen wird angeführt, dass eine Gebietsdifferenzierung zu keiner anderen Rechtseinschätzung führt, also der Schutz der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH) unverändert gilt.

Wojciechowski will Forderungen mitnehmen

Nach seinem Besuch einer Sitzung des bayerischen Ministerrates zeigte sich Kommissar Wojciechowski offen für die Forderungen des Freistaats. Der Pole unterstrich, dass der Wolf die Weidehaltung gerade in den Gebieten in Gefahr bringe, in denen sie aus ökonomischen und aus ökologischen Gründen praktisch alternativlos sei. Ihm sei  klar, dass hier schnell vernünftige Lösungen gebraucht werden. Wojciechowski ist allerdings innerhalb der EU-Kommission nicht für das Thema Wolf zuständig. Diese Aufgabe hat EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius.

Warum der Bund Naturschutz Bayerns Vorstoß zum Wolf kritisiert

Ablehnend äußerte sich der Bund Naturschutz in Bayern (BN) zum Vorstoß der Bayerischen Staatsregierung und von Umweltminister Thorsten Glauber, den Schutzstaus des Wolfes herabzusetzen. Laut BN-Umweltexperten Uwe Friedel könnten Wolfsrisse auf diese Weise nicht bedeutend reduziert werden. Die Staatsregierung schüre nach wie vor die falsche Hoffnung, mit dem Gewehr anstelle von Herdenschutzmaßnahmen ließen sich die Weidetiere verlässlich schützen. Stattdessen favorisiert der BN, eine finanzielle Förderung für die laufenden Kosten des Herdenschutzes einzuführen. Ohne Zweifel sei der Herdenschutz in Steillagen besonders erschwert und nicht überall umsetzbar. Gerade deswegen brauche es Rahmenbedingungen für den Herdenschutz, um die Zusatzbelastung zu reduzieren.
Eine Herabsetzung des Schutzstatus in der FFH-Richtlinie auf EU-Ebene sei zudem nicht von heute auf morgen umzusetzen, betont der BN.

Was tun mit dem Wolf? Alpen.Gipfel.Europa 2022 gibt Antworten

Antworten, wie die Bergbauern in den Alpen die Herausforderung unter anderem durch die Rückkehr des Wolfes lösen können, soll der Alpen.Gipfel.Europa am 23. Juni 2022 auf der Firstalm bei Spitzingsee nahe München geben. Dort treffen sich Vertreterinnen und Vertreter der Berglandwirtschaft aus dem deutschsprachigen Alpenraum. Neben dem Wolf geht es auch um Themen wie Klimawandel, Artenschutz und Nutzungskonflikte mit Menschen, die die Alpen immer intensiver zur Freizeitgestaltung nutzen.

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