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Klimaschutz und nachhaltige Investitionen

Das bedeutet das EU-Klimagesetz für Landwirte

Phacelia neben abgeernteter Fläche
am Donnerstag, 22.04.2021 - 16:22 (1 Kommentar)

Am Dienstagabend (20.04.) haben sich EU-Kommission, Rat und EU-Parlament im Trilog auf ein neues EU-Klimagesetz geeinigt. Das darin festgeschriebene Reduktionsziel für Treibhausgase soll die Speicherung von Kohlenstoff für Land- und Fortwirte attraktiv machen.

Mit dem neuen EU-Klimagesetz sollen die CO2-Emissionen in der EU gegenüber 1990 um 55 Prozent gesenkt werden. Zuvor lag das Reduktionsziel bei 40 Prozent. Das Klimagesetz macht aus der Vorgabe, dass die EU bis 2050 klimaneutral wird, eine Verpflichtung.

Um das ambitionierte Ziel erreichen zu können, werden erstmals auch die natürlichen Kohlenstoffsenken in der Land- und Forstwirtschaft in der Rechnung berücksichtigt. Es soll ein CO2-Markt für die Land- und Forstwirtschaft geschaffen werden, der die Klimaschutzleistungen im Sektor anerkennt und entlohnt.

Darüber hinaus hat die EU-Kommission gestern (21.04.) einen Vorschlag angenommen, mit dem Investitionen in nachhaltige Technologien gestärkt werden sollen. Das geplante Maßnahmenpaket zur sogenannten EU-Taxonomie könnte sich auf die Forstwirtschaft und Bioenergie auswirken.

CO2-Leistungen von Wäldern, Mooren, Böden endlich berücksichtigt

Europaabgeordneter Norbert Lins

Humusaufbau, eine nachhaltige Forstwirtschaft und Moorschutz sollen künftig Anreize sein, um sich auf dem CO2-Markt Vorteile zu verschaffen. Die wissenschaftsbasierte Einbeziehung natürlicher CO2-Senken könne nach einer Pressemitteilung des EU-Parlaments sogar zu Emissionseinsparungen von 57 Prozent führen. Wenn die EU-Verordnung über Landnutzung und Forstwirtschaft (LULUCF-Verordnung) überarbeitet wird, sei eine Übererfüllung des Reduktionsziels erreichbar. Die EU-Kommission habe schriftlich erklärt, eine Anpassung der Verordnung vorantreiben zu wollen. „Wenn es gelingt, Moore und Wälder in Europa wieder in einen besseren Zustand zu bringen, werden wir noch mehr als 55 Prozent erreichen können“, bestätigt Bundesumweltministerin Svenja Schulze.

Norbert Lins, Vorsitzender des EU-Agrarausschusses, zeigt sich erleichtert über die längst überfällige Würdigung der Klimaleistungen in der Land- und Forstwirtschaft. „Die Einbeziehung der Senken stellt eine wichtige Anreizwirkung für Kohlenstoffspeicherung in Wälder, Böden, Mooren und Feuchtgebieten dar. Ich bin überzeugt, dass das Klimagesetz in der jetzigen Form, Landwirte und Forstwirte nur noch mehr anspornen wird, mehr zum Humusaufbau und in der nachhaltigen Forstwirtschaft zu tun“, sagt Lins. Jetzt seien die Mitgliedstaaten gefragt, die Leistungen durch einen angemessenen Preis anzuerkennen. Im nächsten Schritt müsse gemeinsam mit der EU-Kommission ein CO2-Markt eingerichtet werden.

Kritik von den Grünen und Lob von COPA-COGECA

Dass das EU-Klimaschutzgesetz vor allem deshalb vereinbart wurde, um beim anstehenden Klimagipfel mit US-Präsident Joe Biden entsprechende Ambitionen vorweisen zu können, vermutet Michael Bloss von der Fraktion der Grünen/EFA. Außerdem reichten die Maßnahmen nicht aus, um die Ziele aus dem Pariser Klimaabkommen einzuhalten und den Green Deal für eine kraftvolle Klimapolitik zu nutzen – der Trilog habe ein „schwaches Klimagesetz durchgedrückt“.

Zustimmung fand das Gesetz unter den EU-Dachorganisationen für Landwirtschaft (Copa-Cogeca). Das Klimagesetz habe für die Zukunft der europäischen Landwirtschaft eine Schlüsselfunktion. Schließlich nehme die Belastung wegen der Folgen des Klimawandels in der Landwirtschaft zu. Insbesondere begrüßen Copa-Cogeca das marktbasierte System für die CO2-Speicherung.

Weiterhin betonten beide Dachorganisationen die wichtige Rolle aktiv bewirtschafteter Wälder bei der Kohlenstoffspeicherung durch Holzprodukte und beim Ersetzen fossiler Energie und Materialien. Allerdings seien Wälder als Kohlenstoffsenken bei der Bekämpfung des Klimawandels mit einem Risiko verbunden. Es müsse der gesamte Waldzyklus mit allen ökologischen und sozioökonomischen Leistungen betrachtet werden.

EU-Taxonomie zunächst ohne Vorgaben für eine nachhaltige Landwirtschaft

NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger

Dagegen ist die EU-Taxonomie als weiteres Instrument für den Klimaschutz umstrittener. Während der NABU kritisiert, dass die Taxonomie weit hinter ihren Zielen zurückbleibe, zeigt sich der Deutsche Raiffeisenverband (DRV) über das Ausklammern der Landwirtschaft erleichtert.

Bei der EU-Taxonomie handelt es sich um ein Maßnahmenpaket für die Förderung von nachhaltigen Technologien und wirtschaftlichen Tätigkeiten. Mit Hilfe von Prüfkriterien soll eingeschätzt werden, ob eine Technologie oder Aktivität „klimaverträglich“ ist. Die Taxonomie soll zu einem nachhaltigen Finanzsystem in der EU beitragen.

Der NABU ist von den Finanzkriterien in der Forst- und Energiewirtschaft enttäuscht. "Auf Druck der nordischen Lobby gelten auch die industrielle Abholzung von CO2-speichernden Wäldern und das klimaschädliche Verbrennen von Holz zur Energiegewinnung als nachhaltig. Umweltsünder können ihre Investitionen somit weiterhin als „grün“ labeln", sagt NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger. Als klimaverträglich würden alle Formen des Holzeinschlags beziehungsweise der Abholzung gelten. Vom EU-Parlament fordert der NABU, den Entwurf zur EU-Taxonomie abzulehnen. 

Als grüne Aktivität zählten laut NABU außerdem alle Arten der Bioenergie. Trotz hoher Netto-Emissionen könne unter grünem Label beispielsweise nach wie vor Holz in Kraftwerken verbrannt werden.

DRV-Präsident Franz-Josef Holzenkamp begrüßte, dass das bestehende Fachrecht für die Land- und Forstwirtschaft weiterhin oberste Priorität habe. Schon jetzt gelten hier nationale und europäische Gesetze für den Umgang mit natürlichen Ressourcen wie in keinem anderem Sektor, so Holzenkamp. "Keinesfalls dürfen die Regelungen dazu führen, dass die Kreditversorgung der Land- und Agrarwirtschaft gefährdet wird", sagt der DRV-Präsident. Sollte sich durch die EU-Taxonomie Anpassungsbedarf ergeben, müsse dieser ausschließlich über das Fachrecht erfolgen.

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