Der drastische Anstieg der Einfuhren von offenbar falsch deklariertem „fortschrittlichem Biokraftstoff“ aus China hat ein politisches Nachspiel. Die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag will von der Bundesregierung wissen, wie sie konkret gegen die Importe von falsch zertifiziertem Biodiesel aus China vorgehen will.
In einer Kleinen Anfrage fordert die Union zudem Klarheit darüber, ob die Bundesregierung eine Überprüfung der aus China stammenden Nachhaltigkeitsnachweise plant. Die europäische Biokraftstoffindustrie beklagt einen unfairen Wettbewerb durch illegale Importe. Zudem sind die Rapspreise durch die hohen Importmengen unter zusätzlichen Druck geraten.
Zertifizierer ISCC sieht Anzeichen für Betrug
Wie aus der Kleinen Anfrage hervorgeht, wurden im Januar und Februar 2023 rund 455.000 t Biodiesel aus China als „fortschrittlicher Biokraftstoff“ in die EU importiert. Das war doppelt so viel wie in den beiden Vorjahresmonaten. Von dieser Menge wurden 395.000 t über die Niederlande auf den Binnenmarkt eingeführt, 33.000 t über Belgien und 16.000 t über Spanien.
Das Kölner Zertifizierungs-Systemhaus ISCC sieht „Anzeichen, die auf einen möglicherweise zweifelhaften oder betrügerischen Ursprung dieser Handelsströme hinweisen“.
China lässt Kontrollaudits vor Ort nicht zu
Hauptabnehmer des vermutlich falsch deklarierten Biokraftstoffs sind europäische Mineralölkonzerne. Sie profitieren davon, dass gemäß der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED II) als „fortschrittlich“ zertifizierte Kraftstoffe doppelt auf die Treibhausgasminderungsquoten für die Industrie angerechnet werden.
Die verdächtigen Biodieselmengen sind aber nach Angaben von Brancheninsidern nicht aus besonders klimafreundlichen Rohstoffen wie zum Beispiel Algen hergestellt, sondern zumindest teilweise aus Rest- und Abfallfetten, die China aus Indonesien nach Malaysia eingeführt hat. Das Problem: China verweigert offenbar Kontrollaudits vor Ort, die Klarheit über den Ursprung der angeblich „fortschrittlichen“ Biokraftstoffe geben könnten.
Union fordert lückenlose Aufklärung und Transparenz

Die umweltpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dr. Anja Weisgerber, kritisierte, es dürfe nicht sein, dass vermutlich falsch deklarierte fortschrittliche Biokraftstoffe aus dem Ausland die seriöse Arbeit der europäischen Produzenten zunichtemachten.
Weisgerber erwartet von den europäischen Institutionen und den deutschen Behörden eine lückenlose Aufklärung. „Anstatt Biokraftstoffe permanent schlecht zu reden, sollte Bundesumweltministerin Lemke ihre Energie dafür verwenden, die Kontrolllücken im bestehenden System zu schließen und größtmögliche Transparenz herzustellen“, forderte die CDU/CSU-Umweltsprecherin.
Die europäischen Nachhaltigkeitskriterien für Biokraftstoffe würden für alle gelten. Wer dagegen verstoße, müsse Konsequenzen zu spüren bekommen.
ISCC zieht zahlreiche Zertifikate zurück
Der Zertifizierer ISCC hat nach eigenen Angaben inzwischen 70 unangekündigte Audits in China und Singapur durchgeführt. Dabei werden unter anderem die Dokumente zur Rückverfolgbarkeit der Biokraftstoffe und Rohstoffe überprüft.
In sechs Fällen wurden die Nachhaltigkeitszertifikate für ungültig erklärt, weil der Hersteller den Ursprungsnachweis nicht innerhalb der Frist von drei Tagen vorlegte. Drei Zertifikatsinhaber werden laut ISCC einem Vor-Ort-Audit in China unterliegen. Durch Rohstoff- und Produktbilanzen will der Zertifizierer zudem unplausible Mengen an fortschrittlichen Biokraftstoffen aufdecken.
Insgesamt entzog das ISCC allein im Mai 18 Unternehmen die Zertifizierung, darunter 7 aus China.
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